Askø Andersen J, Rasmussen A, Engberg S, Bencke J, Frimodt-Møller M, Kirketerp-Møller K, Rossing P; Kopenhagen, Dänemark; Diabetes Care 2022; 45 (11): 2492 – 2500.

Fragestellung: Ziel der Studie war es, die Effekte einer Nadel-Tendotomie-Therapie von Beugesehnen bei diabetischer Hammerzehen-Deformität zu untersuchen.

Forschungsdesign und Methoden: Eine multizentrische, randomisierte, kontrollierte Studie von Individuen mit Diabetes und Ulzera oder drohenden Ulzera in Assoziation zu Hammerzehen wurde zwischen dem 1. November 2019 und dem 31. März 2021 durchgeführt. Teilnehmer wurden stratifiziert gemäß Ulzera oder drohenden Ulzera. Teilnehmer wurden randomisiert der Tendotomie und der standardisierten nicht chirurgischen Therapie oder allein der standardisierten nicht chirurgischen Therapie zugeteilt. Primäre Endpunkte waren die Zeit bis zur Ulkusheilung und das Voranschreiten vom drohenden zum aktiven Ulkus.

Resultate: Von den 224 gescreenten Teilnehmern mit Dia­betes wurden 95 (59 % Männer) eingeschlossen. Die mittlere Beobachtungszeit betrug 291 ± 70 Tage, 28 (29,5 %) litten an Typ-1-Diabetes, die mittlere Diabetesdauer (präsentiert als 25- bis 75-%-Quartile) betrug 20 (13 – 26) Jahre, das mittlere Alter war 67,7 ± 9,8 Jahre. Von den eingeschlossenen Teilnehmern hatten 16 ein Ulkus, 8 von ihnen waren der Intervention zugeteilt. Von den 79 mit drohenden Ulzera waren 39 der Intervention zugeteilt. Für Teilnehmer mit Ulzera förderte die Tendotomie die Heilungsrate (100 % vs. 37,5 %, p = 0,026) und die Zeit bis zum Abheilen des Ulkus (p = 0,004). Für diejenigen mit drohendem Ulkus war die Inzidenz der Progression zum aktiven Ulkus niedriger (1 vs. 7, p = 0,028) und die Anzahl der Ulkus-freien Tage höher (p = 0,043) in der Tendotomie-Gruppe. Es wurden keine schweren Nebenwirkungen berichtet.

Schlussfolgerung: Diese randomisierte Studie zeigte, dass die einfache Prozedur der Nadel-Tendotomie von Beugesehnen effektiv und sicher ist zur Therapie und Prävention von Ulzera bei diabetischer Hammerzehen-Deformität.

Kommentar: Das Diabetische Fußsyndrom ist eine der schwerwiegendsten Komplikationen der Stoffwechselerkrankung, nicht nur für die Lebensqualität der Betroffenen, sondern auch für das quo ad vitam mit einer 5-Jahres-Mortalität von ca. 50 % und aus sozioökonomischen sowie gesundheitsökonomischen Gründen. Eine Prädilektionsstelle für diabetische Fußulzera sind Hammerzehen, die durch die sensomotorische Polyneuropathie entstehen, die auch die kleine Fußmuskulatur betrifft und zur Dysbalance zwischen Beuge- und Strecksehnenstärke führt. Der permanente Druck, dem die Hammerzehen in inadäquatem Schuhwerk ausgesetzt sind, und das eingeschränkte Schmerzempfinden der Füße fördert die Ulkusentstehung an einer Stelle, die bei nur wenig darüberliegendem Gewebe im Fall einer Infektion schnell mit einer Osteomyelitis verbunden ist und nicht selten eine Amputation nach sich zieht. Die Heilung dieser peripheren Ulzera wird zudem behindert durch die oft gleichzeitige AVK der kleinsten peripheren Gefäße und damit Ischämie im Gebiet der letzten Wiese. Der kleine, minimalinvasive Eingriff der Nadel-Tendotomie beseitigt die Hammerzehen-Deformität und so elegant die Ulkusprädilektionsstelle. Leider wird die Nadel-Tendotomie der Beugesehnen bei Hammerzehen nicht grundsätzlich vorgenommen. Sie sollte zur Routinetherapie des diabetischen Fußes gehören wie Podologie und Diabetesschutzschuhe.



Autorin:
Priv.-Doz. Dr. med. Kornelia Konz

Erschienen in: Diabetes-Congress-Report, 2022; 22 (6) Seite 48-49