Die Nephropathie gehört zu den Diabetes-Folgeerkrankungen, die immer wieder im Fokus einer individuellen Ernährungstherapie steht. Insbesondere seit der Beliebtheit proteinreicher Diäten, stellt sich die Frage nach einer möglichen Gefährdung der Niere bei Menschen mit Diabetes.

Die diabetische Nephropathie ist gekennzeichnet durch eine Proteinurie, einer Abnahme der glomerulären Filtrationsrate sowie dem Anstieg des Blutdrucks. Etwa 20-35 Prozent aller Menschen mit Diabetes entwickeln im Lauf ihrer Diabetes-Karriere eine diabetische Nephropathie. Etwa ein bis zwei Prozent erreichen dabei im Lauf ihres Lebens das Stadium der terminalen Niereninsuffizienz.

Verlauf einer diabetischen Nephropathie

Initiale Hyperfiltration
→ Nachfolgende Normalisierung, später
→ Reduktion der glomerulären Filtrationsrate (GFR)

Nierendiäten gestern und heute

Eine proteinreiche Ernährung stand in der Vergangenheit in einer sehr engen Verbindung zu Nierenerkrankungen. Viele Generationen der Diätassistenz haben spezielle Nierendiäten gelernt. Beispielsweise die Schweden-Diät oder die besondere Aufwertung durch eine biologische Wertigkeit dank der Kartoffel-Ei-Diät, um Nierenkranke optimal mit Eiweiß zu versorgen. Der Fokus galt dabei, die Niere nicht unnötig zu belasten. In aktuellen Recherchen zur Leitlinie "Proteinzufuhr bei Diabetes" fiel auf, dass wenig greifbare Evidenz in den Studien zu finden war. Dies führte dazu, dass die S3-Leitlinie am Ende vor allem mit Statements gefüllt wurde. Des Weiteren fällt auf, dass man sich in allen Empfehlungen immer wieder auf die Zufuhr von 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Normalgewicht bezieht. Diese Empfehlung stammt aus einer Berechnung der Stickstoffbilanz. Eine andere Datengrundlage ist nicht vorhanden und macht daher evidenzbasierte Empfehlungen so schwierig. Erwiesen ist, das kurzfristige Eiweißerhöhungen wohl keinen Schaden anrichten – langfristige Daten dazu fehlen. Ein weiteres Manko unterschiedlicher Studien ist, dass nicht zwischen pflanzlichen und tierischen Proteinen unterschieden wird. Auch die Wechselwirkung mit Ballaststoffen - ein nicht unbedeutender Cofounder – findet dabei keine Berücksichtigung.

Eiweißbewusst essen bei fortschreitender Nierenerkrankung

Die Empfehlungen ändern sich im Verlauf der Erkrankung je nach Stadium. So stehen am Anfang vor allem eine gesunde ausgewogene Ernährung, eine Gewichtsregulation, sowie weitere Lifestyle-Empfehlungen. Dazu zählen Stressprävention und Bewegung. Bei weiterem Fortschreiten verändern sich die Empfehlungen zur Ernährung und zum Gewicht je nach Laborwertsituation. Ein generelles Gebot nicht zu rauchen, besteht immer. Beim ersten Auftreten einer Mikroalbuminurie (bestätigt bei dreifacher Wiederholung), sollte auf eine eiweißreiche Ernährung verzichtet werden. Gerade rotes Fleisch und Wurstwaren stehen im Verdacht eher ungünstig auf die Progression der Nephropathie zu wirken. Im Zusammenhang mit einer Nephropathie steigt das kardiovaskuläre Risiko. Pflanzliches Eiweiß und Fisch, wie es auch in der traditionellen mediterranen Ernährung empfohlen wird, wirken sich hier protektiv aus. Ein weiterer wichtiger Faktor ist auf die Kochsalzmenge zu achten. Solange die Niere noch ausreichend ausscheiden kann, braucht die Trinkmenge nicht angepasst werden.

Empfehlungen bei Mikro- und Makroprotein-Urie (Stadium 1-2)

Empfohlen wird eine ausgewogene Ernährung mit vielen pflanzlichen Lebensmitteln. Frisches Obst und Gemüse mit hohem Ballaststoffgehalt und bevorzugt Vollkornprodukten. Der Fleisch- und Wurstkonsum sollte möglichst auf 300 Gramm pro Woche reduziert werden. Ergänzend dazu können ein bis zwei Fisch- oder Eier-Speisen in der Woche gegessen werden. Die Empfehlungen zum Proteinbedarf erfolgen jedoch unter Berücksichtigung der körperlichen Bewegung der Erkrankten. Wird vegetarisch gegessen, ist auf eine ausreichende Menge an Eisen und Protein zu achten. Eine salzarme Ernährung mit täglich fünf Gramm Kochsalz, wird in allen Stadien der Nierenerkrankung empfohlen und trägt zur Verbesserung der Hypertonieeinstellung bei.

Änderungen bei terminaler Niereninsuffizienz

Bei einigen wenigen Betroffenen verschlechtert sich die Nierenfunktion bis hin zu einer Glomerulären Filtrationsrate kleiner 15 ml/min, mit der Folge einer Dialysepflicht.

Keine Cola zero, Schmelzkäse und Kakao

Die Zufuhr an Energie sollte bedarfsdeckend sein. Des Weiteren steigt der Proteinbedarf. Eine Reduktion der Phosphatzufuhr wird dabei gleichzeitig empfohlen. Das stellt für einige Patienten eine Herausforderung dar, da proteinreiche Lebensmittel vor allem auch reich an Phosphat sind. Daher sollte auf stark phosphathaltige Lebensmittel, wie Schmelzkäse und Scheibletten, Kakaoprodukte, alkoholische Getränke oder Cola mit und ohne Zucker (zero/light) verzichtet werden. Oftmals werden spezielle Phosphatbinder empfohlen. Zudem muss mit der Flüssigkeitszufuhr gehaushaltet werden. Der Umgang mit dem Durst stellt eine Herausforderung dar. Daher sind hier auch ganz praktische Tipps wichtig, wie beispielsweise das Lutschen von verdünnten Fruchtsaft- oder Eis-Würfeln. Aber auch ein Verzicht von gesüßten und stark gewürzten Speisen ist empfehlenswert. Ein weiterer wichtiger Laborwert, der regelmäßig kontrolliert wird, ist Kalium. Besonders reich an Kalium sind gelbe Früchte, Trockenobst, Bananen, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte und Nüsse. Das Gewicht und die Laborwerte werden bei den Dialysezeiten kontrolliert. Darauf basierend werden Empfehlungen individuell angepasst. Ein geeigneter Patientenratgeber mit umfangreichen Rezepten ist: "Köstlich essen bei Nierenerkrankungen", Trias Verlag, 2. Auflage 2014, von Barbara Börsteken und Irmgard Landthale.

Welche Auswirkungen hat dies auf die Blutzuckerwerte?

Da viele kaliumärmere Lebensmittel gleichzeitig ballaststoffarm sind, kann es zu stärkeren Blutzuckerspitzen nach dem Essen kommen. Deshalb empfiehlt sich zu den Mahlzeiten etwas Pflanzenöl wie Oliven-, Raps- oder Nussöl zu essen. Grundsätzlich gilt, dass in allen Stadien der Nierenerkrankung eine professionelle Ernährungsberatung für die Betroffenen eine hilfreiche Unterstützung bietet. Die Ernährungsberatung ist begleitend und sollte fortlaufend den aktuellen Stadien der Erkrankung und bei Veränderungen der Laborwerte angepasst werden.

Ein guter Ernährungszustand von Menschen mit Nierenerkrankungen hat entscheidenden Einfluss auf den weiteren Krankheitsverlauf. Bei Ernährungsempfehlungen für niereninsuffiziente Menschen muss auf eine ernährungsphysiologisch vollwertige Ernährung geachtet werden, da die Gefahr einer Mangelernährung sehr hoch ist. Ein empfehlenswertes individualisiertes HbA1c-Ziel für nicht-dialyseabhängige Nierenkranke ist ein Bereich von kleiner 6,5 Prozent bis kleiner < 8 Prozent. Eine diabetische Nierenerkrankung wird durch die Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) und der Albuminurie diagnostiziert. Die frühe Diagnosestellung zieht therapeutische Konsequenzen für Progressionsverzögerung nach sich. Menschen mit Diabetes und einer diabetischen Nephropathie sollten eine individuelle Beratung von einer zertifizierten Ernährungsfachkraft erhalten. Zudem en profitieren sie von einer moderaten körperlichen Aktivität.

Stadium 4 (eGFR 15 bis 29 m/min)
  • Die Nierenfunktion ist stark eingeschränkt
  • Die Bildung von Erythrozyten kann eingeschränkt sein.
  • Der Knochenstoffwechsel verändert sich, es kann zum Abfall der pH-Wertes im Blut und zum Anstieg der Kaliumwerte kommen
  • Veränderungen des Wasser- und Elektrolythaushalts
  • Verlust dialysefähiger Nährstoffe durch die Nierenersatztherapie


Autorin:
© herzwiese.de
Dr. Astrid Tombek
Dipl. oec. troph. / Diabetesberaterin DDG
Diabetes-Klinik Bad Mergentheim
Bereichsleitung Diabetes- und Ernährungsberatung
Theodor-Klotzbücher-Str. 12, 97980 Bad Mergenthei


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2024; 36 (3) Seite 12-13