Code of Conduct Die Digitalisierung wirkt sich auf das Verhältnis zwischen Arzt und Patient stark aus. Mit ihrem Rahmenpapier für einen "Code of Conduct Digital Health" vom September 2017 hat die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) eine Basis im Umgang mit dem digitalen Wandel geschaffen.

Eines ist klar: Die Digitalisierung birgt Chancen und Risiken – das zeigt schon allein die Vielzahl der Anwendungen. Neben den "offiziellen" Netzen des deutschen Gesundheitswesens werden derzeit auch Mail- und Cloud-Dienste oder selbsterstellte Netzwerklösungen zur Kommunikation und Verarbeitung von Patientendaten genutzt, erklärt die DDG. Als große medizinische Fachgesellschaft hat sie für diesen digitalen Transformationsprozess das Rahmenpapier für einen "Code of Conduct Digital Health" entwickelt.

Handlungsfelder und Perspektiven

Dieses Papier gliedert sich in 3 Teile:

  • "Handlungsfelder" (Datenschutz und Informationssicherheit, "Datenspende", Forschung, Klinische Versorgung). Definierte Handlungsfelder werden aus Sicht der DDG beschrieben, bewertet und jeweils durch die aktuellen Positionen der Diabetes Gesellschaft kommentiert.
  • "Handlungsrahmen" (Big Data, Einsatz kontrollierter Algorithmen). Hier geht es um die Ebenen und Akteure der digitalen Transformation. Die dargestellten Handlungsfelder zeigen, dass durch die Digitalisierung neue diagnostische Methoden und therapeutische Optionen entstanden sind, die den Patienten nutzen. Sie können das Leben mit dem Diabetes einfacher machen, indem z.B. das blutige und schmerzhafte Fingerstechen zur Blutzuckermessung entfällt, unmittelbar Therapiehinweise vermittelt werden und insgesamt das Selbstmanagement des Patienten weniger aufwändig ist.
  • "Perspektiven digitaler Transformation". Die DDG hat konkrete Punkte definiert, die sie im Rahmen des digitalen Wandels vorrangig thematisieren will. Dazu gehören z.B. Datenschutz, Interoperabilität, Forschung, digitale Behandlungsstandards (Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität, Anforderungsprofil für die elektronische Gesundheitskarte), Schulung, Aus-und Weiterbildung, Sprechende Medizin und Prävention.

Digitaler Wandel und medizinische Standards
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) will für den digitalen Transformationsprozess im Diabetesbereich konkrete medizinische Standards und einen ethisch-basierten Handlungsrahmen durchsetzen.

Das Rahmenpapier für den sog. "Code of Conduct Digital Health", in dem sie Handlungsfelder und Positionen definiert, schafft hierfür eine wichtige Basis, die auch zur Diskussion anregen soll.

Eckpfeiler des Code of Conduct Digital Health

Der Code of Conduct soll vor allem Patienten, Leistungserbringern, Kostenträgern, der Industrie und Politik zeigen, zu welchen medizinisch basierten Ansprüchen die DDG sich bekennt und welche Erwartungshaltungen sowie Forderungen sich hieraus für alle beteiligte Akteure ergeben:

  • Einhaltung des gesetzlichen Rahmens des Datenschutzes und der Datensicherheit.
  • Selbstbestimmung des Patienten über seine Daten.
  • Datenschutz mit Zukunftsfenster, d.h. Regelungen schaffen, die bereits absehbare Entwicklungen antizipieren.
  • Möglichkeiten der Datenspende.
  • Transparente und konsequente staatliche Sanktionen bei Missbrauch im Umgang mit Daten.
  • Flächendeckender Netzaufbau und Stärkung der IT-Kompetenz aller Bevölkerungsgruppen.
  • Komplette technische und inhaltliche Konnektivität von allen patientenbezogenen Informationssystemen (KIS, PVS etc.) sowie patientennaher technischer Produkte.
  • Entwicklung von Prüfverfahren und Überprüfung eines möglichen Zusatznutzens (oder Nachteils) bei der technologischen Entwicklung von Medizinprodukten durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) unter prozedural festgelegter Einbeziehung der wissenschaftlichen Fachgesellschaft.
  • Beschleunigung des Prüf- und Zulassungsverfahrens von Medizinprodukten, z.B. durch Verkürzung von gesetzlichen Fristen für die Höchstdauer der Prüfverfahren digitaler Produkte und die Verpflichtung der Softwarehersteller, bereits bei Einleitung der Verfahren unabhängige Gutachten und gegebenenfalls Studien über die Wirksamkeit und den Nutzen ihrer Produkte vorzulegen.
  • Apps und Algorithmen, die in eine medizinische Behandlung eingreifen, müssen durch ein staatlich kontrolliertes Verfahren (z.B. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, kurz: BfArM, G-BA etc.) überprüft und "zugelassen" werden (ähnlich wie bei der Arzneimittelsicherheit). Auch hier ist auf eine Beschleunigung der Verfahren hinzuwirken.
  • Bewertung von Apps im Gesundheitsmonitoring und Beratungsbereich unter Einbeziehung der Expertise von Fachgesellschaften.
  • Transparenz sowie Prüfung und Kontrolle der Qualität verwendeter Algorithmen.
  • Verwendung digitaler Produkte und Instrumente, inklusive der Künstlichen Intelligenzen, Robotik und Health-IoT zur informationellen Verbesserung der Sicherheit, Effizienz und Qualität der Versorgung von Betroffenen, zur Stärkung der Sprechenden Medizin und zum präventiven Einsatz in Regionen und bei Bevölkerungsgruppen, die bisher unterversorgt oder schwer zugänglich sind.
  • Die Chancen der Digitalisierung sind im Sinne der Patienten zu gestalten; der Einsatz von Technologien darf keinen Selbstzweck erfüllen und nicht im Sinne verdrängender Effizienz-Steigerung genutzt werden.
  • Technologisch muss es zu einer Homogenisierung und nutzerorientierten Weiterentwicklung kommen (z.B. Vergleich mit dem Thema Smart-Phones, wo sich auch 2 Standards/Plattformen – Android und iOS – durchgesetzt haben).
  • Interoperabilität zwischen den Systemen muss Vorrang haben. Abgrenzung oder "Einzigartigkeit" (Wettbewerbsvorteil) von Produkten am Markt durch technikbasierte Separierung, so dass hierdurch nur eine selektive Gruppe von Nutzern möglich ist, lehnt die DDG ab.
  • Die DDG erwartet bei allen Entwicklungsprozessen, eine systematische Berücksichtigung der Patientenrelevanz.
  • Die DDG erwartet von allen Beteiligten im Gesundheitswesen eine aktive Unterstützung, Stärkung und Berücksichtigung der Patientenstimme!
  • Auch bei der digitalen Transformation muss das Maß aller Dinge der Nutzen für den Patienten sein!
  • Der Code of Conduct ist ein "lebendes System" und wird regelmäßig von der Fachgesellschaft aktualisiert und damit neuen Entwicklungen angepasst. Der Bewertungsanker hierbei ist neben dem medizinischen Standard insbesondere der unmittelbare Nutzen für den von Diabetes betroffenen Menschen. Hierbei ist sich die DDG ihrer Verantwortung in der derzeitigen Umbruchphase sehr bewusst. Eine "menschliche" patientenzentrierte digitale Transformation ist zwingend an einen verantwortungsbewussten Umgang mit Technologie gekoppelt.

Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)



Autorin: Angela Monecke
Redaktion Diabetes-Forum, Kirchheim-Verlag
Kaiserstraße 41, 55116 Mainz
Tel.: 06131/96070-0, Fax: 06131/9607090

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2018; 30 (3) Seite 12-13