Die Einstellung, Anpassung und Überprüfung der Basalrate wird beim Diabetologen sichergestellt. Worauf dabei geachtet werden muss, erfahren Sie von Dr. med. Nicolin Datz.

Die Behandlung des Typ-1-Diabetes mellitus in der Pädiatrie erfolgt mit der intensivierten Insulinspritzentherapie oder der Insulinpumpentherapie. Es gibt in Deutschland ca. 28500 Kinder mit Typ-1-Diabetes mellitus. Nach Angaben des Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2017 wurden im Jahr 2016 53% aller diabetischen Kinder mit einer Insulinpumpe behandelt, der Anteil der unter 5-jährigen liegt sogar bei 91,6%.

Auf den individuellen Bedarf angepasste Insulinsubstitution

Bei der Insulinpumpentherapie wird nur ein Insulin (meistens Analoginsulin, in Ausnahmefällen Normalinsulin) verwendet. Dies wird von der Pumpe über einen Katheter in das subkutane Fettgewebe abgegeben. In der Pädiatrie werden nahezu ausschließlich die schnell wirkenden Insulinanaloga verwendet, es sei denn die Eltern lehnen diese ab. Obwohl nur ein Insulin verwendet wird unterscheidet man auch bei der Pumpentherapie zwischen Basal-, Mahlzeiten- und Korrekturinsulin.

Die Basalrate bildet das von der Spritzentherapie als Basalinsulin bekannte Insulin ab. In stündlichen Schritten erfolgt die Abgabe kleinster Insulinmengen, wodurch die Insulinsubstitution der physiologischen Insulinabgabe nachgeahmt werden soll. Eine minimale Dosierung von bis zu minimal 0,01 IE/h ist bei den neusten Pumpenmodellen inzwischen möglich. Während die Basalrate vorprogrammiert ist erfolgt die Abgabe des Mahlzeiten- und des Korrekturinsulins bedarfsangepasst per Knopfdruck durch den Patienten.

Die Einstellung, Anpassung und Überprüfung der Basalrate erfolgt durch den Diabetologen. Dadurch ist eine auf den individuellen Bedarf angepasste Insulinsubstitution möglich: Jugendliche z.B., deren hormonell bedingter hoher Insulinbedarf in den frühen Morgenstunden (Dawn-Phänomen) mit den verwendeten Basalinsulinen oft nicht ausreichend abzudecken ist, profitieren von dieser Möglichkeit der individuellen Dosiermöglichkeit, Sportler können ihre Basalrate bedarfsorientiert für ihre Sporteinheiten absenken und der sehr niedrige Insulinbedarf der Kleinkinder ist durch die Insulinpumpe so fein zu dosieren, wie es das Alter verlangt, um nur einige Beispiele zu nennen.

Wieviel Insulin sollte als Basalrate programmiert werden?

Die Menge des Basalinsulins, ist, wie bei der Spritzentherapie auch, abhängig vom Körpergewicht, der Diabetesdauer und der jeweiligen Entwicklungsphase (Kleinkind, Schulkind, Pubertät). Der physiologische Insulinbedarf des Kindes beträgt 0,8-1,0; der der Jugendlichen ca.1,0-1,5 Einheiten pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Dabei sollte der Anteil des Basalinsulins zwischen 30 bis maximal 40% liegen.

Die Basalrate wird so programmiert, dass sie die tageszeitlichen Schwankungen des Insulinbedarfs abbildet: Physiologischerweise ist der Insulinbedarf morgens am höchsten und mittags am niedrigsten. Zum Abend hin gibt es noch einmal einen Anstieg bevor der Abfall zur Nacht folgt.

Allerdings gibt es in der Pädiatrie neben der tageszeitlichen Schwankung die zusätzliche Herausforderung des altersabhängigen Insulinbedarfs. Kleinkinder haben in der ersten Nachthälfte zwischen 21 und 24Uhr einen sehr hohen Insulinbedarf während Jugendliche erst in der zweiten Nachthälfte ab ca. 2 Uhr aufgrund des Dawn-Phänomens mehr Insulin benötigen.

Mit Hilfe von Tabellen (auch "Basalratenschieber" genannt; siehe Abb. 1), kann eine entsprechende Basalrate festgelegt werden. Diese beruhen auf einer Auswertung, die man anhand von Insulinpumpendaten an Kindern der unterschiedlichen Altersklassen erhoben hat. Es gibt sie für die Altersklassen 1-5 Jahre, 6-11, 12-17 und über 18 Jahre. (siehe Abbildung). Hier gibt man die anhand des Gewichtes errechnete Insulinmenge ein und kann dann die stündlich zu programmierende Basalrate leicht ablesen.

Nach Eingabe diese Standardbasalrate erfolgt die Feinabstimmung durch Basalratentests oder auch Fastentests genannt.

Was ist ein Basalratentest?

Die Basalrate deckt den Insulinbedarf, denn der Körper zur Abdeckung der von der Nahrungsaufnahme unabhängig von der Leber produzierten Glukose benötigt. In Phasen ohne Aufnahme von Kohlenhydraten (=Fasten) kann also überprüft werden, ob über die Basalrate die richtige Menge an Insulin zur Verfügung gestellt wird.

Praktisch sieht dies so aus: An drei unterschiedlichen Tagen werden jeweils eine Hauptmahlzeit und die folgende Zwischenmahlzeit ausgelassen ("gefastet"), bzw. durch kohlenhydratfreie Lebensmittel (Gemüse, Suppe) ersetzt und die Blutzucker stündlich über 4-6 Stunden gemessen. Konkret bedeutet dies:

  • Überprüfung der Basalrate morgens:
    • Bis ca.12 Uhr keine Aufnahme von Kohlenhydraten (Kein 1. und kein 2. Frühstück)
    • Stündliche Messungen der BZ-Werte von 7 bis 12 Uhr.
  • Überprüfung der Basalrate mittags:
    • Letzte Mahlzeit ist das zweite Frühstück (maximal 2KE) gegen 10 Uhr
    • Bis 18 Uhr keine Aufnahme von Kohlenhydraten (kein Mittagessen und kein Nachmittagssnack)
    • Stündliche Messungen der BZ-Werte von 12Uhr-18Uhr
  • Überprüfung der Basalrate abends:
    • Letzte Mahlzeit ist ein Nachmittagssnack (maximal 2KE) um 15 Uhr
    • Bis 22 Uhr keine Aufnahme von Kohlenhydraten
    • Stündliche Messungen der BZ-Werte von 17 bis 22 Uhr.
  • Überprüfung der Basalrate nachts:
    • 2 stündliche nächtliche Messungen zwischen 22 Uhr bis 6 Uhr morgens

Vor dem Test ist folgendes zu beachten:

  • Beginn 2 Stunden nach der letzten Mahlzeit
  • Letzte Mahlzeit kohlenhydratbetont, aber maximal 2 KE
  • Vor und während des Tests kein Sport
  • Start-Blutzucker <180 mg/dl (<10 mmol/l)
  • Stündliche BZ-Messungen, nachts 2-stündliche Messungen
  • Eine Insulinkorrektur darf nicht erfolgen
  • Bei leichter Unterzuckerung (BZ < 70 mg/dl;< 3,9 mmol/l) Traubenzuckereinnahme
  • Abbruch des Testes, wenn eine Unterzuckerung länger als 30 Minuten andauert

Nach dem Test ist zu beachten:

Sollte es gegen Ende des Testes zu hohen Blutzuckerwerten kommen ist dringend eine Ketonmessung im Blut erforderlich.

Wie sind die BZ-Messungen während des Testes zu interpretieren?

Der Verlauf des Blutzuckers bestimmt das weitere Prozedere.

  1. Der Blutzucker ist während des Testes stabil, d.h. die Glukosewerte zeigen keinen eindeutigen Abfall und keinen Anstieg. → Die Basalrate muss nicht verändert werden.
  2. Der Blutzucker steigt kontinuierlich und signifikant an (z.B.um mehr als 30 mg/dl): → Die Basalrate sollte erhöht werden.
  3. Der Blutzucker fällt kontinuierlich und signifkant ab (z.B: um mehr als 30 mg/dl): → Die Basalrate sollte reduziert werden.

WICHTIG: Die Entscheidung über die Veränderung der Basalrate sollte immer zusammen mit einem Arzt getroffen werden.

Warum und wie oft muss ein Basalratentest durchgeführt werden?

Insbesondere in der Phase der Umstellung von der Spritzentherapie auf eine Insulinpumpentherapie dient die Durchführung eines Basalratentestes der Ermittlung des individuellen und korrekten Basalinsulinbedarfs. In dieser Phase werden also Basalratentests dringend empfohlen und durchgeführt. Im weiteren Verlauf gibt es keine konkreten Empfehlungen.

Folgende Situationen können möglicherweise durch eine nicht optimale Basalrateneinstellung bedingt sein und sollten in Absprache mit dem Arzt bezüglich erneuter Basalratentests besprochen werden:
  • Regelmäßig und gehäuft auftretende Hypoglykämien/Hyperglykämien
  • Beginn/Ende der Pubertät
  • Starke Gewichtszu-/-abnahme
  • Ende der Remissionsphase nach Diabetesmanifestation
  • Neuer Tagesablauf mit längeren Schultagen mehr oder weniger starker körperlicher Aktivität
  • Krankheit
  • Schwangerschaft
  • Anteil des Basalinsulinanteils > 30 – 40 %

Die Ergebnisse des Fastentests sollten dann mit dem Diabetologen diskutiert und die Änderungen gemeinsam vorgenommen werden.

Fazit

  • Die Basalrate sollte bei Kindern und Jugendlichen 30-40% der Tagesgesamtmenge betragen.
  • Die Basalrate bei Kindern und Jugendlichen ist nicht nur gewichtsabhängig sondern unterliegt auch einer altersabhänigen Tagesrhythmik.
  • Basalratentests dienen der Überprüfung der Basalrate.
  • Eine Anpassung der Basalrate sollte in Absprache mit dem zuständigen Diabetologen erfolgen.



Autorin: Dr. med. Nicolin Datz
Kinder- und Jugendkrankenhaus
"AUF DER BULT",
Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover,
E-Mail: datz@hka.de

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2018; 30 (9) Seite 18-21