Weltweit steigt die Zahl der Menschen, die an Adipositas erkranken. Parallel nimmt auch der Anteil von Fettlebererkrankungen zu. Insulinresistenz und Fettleibigkeit erhöhen das Risiko für metabolische Dysfunktion-assoziierte steatotische Lebererkrankung (MASLD) und Diabetes mellitus Typ 2.

MASLD und Diabetes mellitus Typ 2 stehen in wechselseitiger Beziehung, sie verstärken sich gegenseitig. Wird der Fettüberschuss in der Leber nicht abgebaut, kann Leberentzündung (metabolische Dysfunktion-assoziierte Steatohepatitis, MASH) resultieren. Nach und nach entwickelt sich daraus eine Fibrose, bei der Lebergewebe durch Bindegewebe ersetzt wird. Letztlich steigt das Risiko für Leberzirrhose und hepatozelluläres Karzinom. Zudem erhöhen MASLD, MASH und Leberfibrose die Anfälligkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Nierenleiden und extrahepatische Krebsarten.

Drei metabolische Subtypen gefunden

Ein Team internationaler Wissenschaftler hat vor kurzem Belege für ein heterogenes Spektrum von Ursachen in der Entstehung der MASLD gefunden. Durch Untersuchung von Serum-Metabolom bei 1154 Personen mit per Biopsie nachgewiesener MASLD und anhand eines hierarchischen Clustering-Algorithmus konnten drei metabolische Subtypen (A: 47 %; B: 27 %; C: 26 %) identifiziert werden, bei denen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen variiert. Einfach formuliert gibt es drei Hauptpathomechanismen, die sich unterscheiden:

  • A: MASLD mit Dominanz einer hepatischen genetischen Komponente
  • B: MASLD mit Dominanz einer metabolischen Komponente im Zusammenhang mit hepatischer De-novo-Lipogenese (Neuentstehung von Lipiden)
  • C: MASLD mit Dominanz einer metabolischen Komponente im Zusammenhang mit Dysfunktion des Fettgewebes

Kardiometabolisches Risiko variiert

"Das Wissen zur Heterogenität in der Pathogenese von MASLD ist ein wichtiger Schritt in Richtung Präzisionsmedizin", sagt Prof. Dr. Norbert Stefan aus Tübingen, Erstautor der Studie. Für die künftige Risikovorhersage und Behandlung, insbesondere im Kontext kardiometabolischer Ursachen und Folgen der MASLD, können die Erkenntnisse von großem Nutzen sein, betont der Endokrinologe mit Forschung am Helmholtz Munich und Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD). Bei Patienten mit Subtyp A sei das 10-Jahres-Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen -geschätzt mit dem Framingham-Risiko-Score- am geringsten. "Auch Serum-Triglyceride, Cholesterin, VLDL (very low density lipoprotein), small dense LDL und Rest-Lipoprotein-Cholesterin waren beim Subtyp A niedriger als bei den Subtypen B und C.

© Norbert Stefan
Wichtigste metabolische Behandlungsansätze für Menschen mit Fettleibigkeit und Normalgewicht und MASLD.

Keine Unterschiede hingegen gab es bei der Insulinresistenz und dem HbA1c-Wert", ergänzt Prof. Stefan, der zum Stiftungsteam DHG gehört. Nicht jeder Patient habe also die gleiche Anfälligkeit für kardiometabolische Erkrankungen. Es gebe unterschiedliche Risikofaktoren in allen drei Patientengruppen: bei MASLD mit einer dominanten Komponente metabolischer Faktoren, bei MASLD mit dominanter Komponente von hepatischen genetischen Faktoren und erwartungsgemäß - da sich eins vom anderen nicht ausschließt - bei MASLD mit Merkmalen beider Faktoren.

Potenzial für bessere Risikovorhersage und Therapie

Inwiefern Patientinnen und Patienten auf neue MASLD-Therapeutika ansprechen, müsse noch weiter untersucht werden, so der Experte. Aktuell werde z.B. der Nutzen von GLP-1-Rezeptoragonisten und Inkretin-Co-Agonisten bei MASH und Fibrose Grad 2/3 geprüft. Der Schilddrüsenhormon-ß-Rezeptoragonist Resmetirom ist in den USA bereits zugelassen. Das Präparat Lanifibranor ist ebenfalls effektiv zur Therapie der MASH und Fibrose Grad 2/3. Dies könnten Optionen sein, um die Progression von Lebererkrankungen aufzuhalten. "Die Charakterisierung von Patienten anhand der ihnen zugrundeliegenden Mechanismen bietet die Chance, dass Therapien erleichtert werden, die genau auf diese Mechanismen ausgerichtet sind."

Erhöhtes Krebsrisiko schon bei präklinischer Adipositas
Eine aktuelle von der Universität Regensburg durchgeführte epidemiologische Studie zeigt, dass Adipositas das Krebsrisiko schon erhöht, bevor klinische Störungen der Stoffwechsel- und Organfunktion wie Insulinresistenz oder Fettleber auftreten. Für die Auswertung wurden Daten von über 450 000 Erwachsenen aus der UK Biobank erfasst. Nach einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von etwa 12 Jahren konnten 47 060 Krebsfälle registriert werden. Die Forschenden stellten fest, dass schon die "präklinische Adipositas" (Fettleibigkeit ohne Nachweis metabolischer oder organfunktioneller Störungen) mit einem signifikant erhöhten Krebsrisiko verbunden ist. Menschen mit "klinischer Adipositas" (Fettleibigkeit in Kombination mit Störungen der Organfunktion) hatten ein noch höheres Krebsrisiko. Die präklinische Adipositas war für schätzungsweise 5,5 %, die klinische Adipositas für 4,3 % der mit Adipositas assoziierten Krebsfälle verantwortlich. Die Studie der Universität Regensburg knüpft an die neuen Empfehlungen der Lancet Diabetes & Endocrinology Commission an, in der eine differenziertere Adipositas-Klassifikation auf Basis des metabolischen Gesundheitszustands (nicht nur auf Body-Mass-Index, BMI) vorgeschlagen wird. Einschätzungen zum Krebsrisiko, die ausschließlich auf BMI-Werten beruhen, erlauben keine Aussage über Organfunktionen.

Leitzmann MF, Stein MJ, Baurecht H, Freisling H. Excess adiposity and cancer: evaluating a preclinical-clinical obesity framework for risk stratification. eClinicalMedicine. May 2025. https://doi.org/10.1016/j.eclinm.2025.103247

Das Wissen zur Heterogenität der MASLD könnte eine bessere Risikovorhersage und individualisierte Behandlung ermöglichen. Nicht zeitnah, aber künftig werden Forscher zudem in der Lage sein, Programme zur Lebensstiländerung und Medikamente für die jeweiligen Subtypen auf der Grundlage der verschiedenen Aspekte dieser Krankheit zu entwickeln.


Literatur
Stefan N, Yki-Järvinen H, Neuschwander-Tetri BA. Metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease: heterogeneous pathomechanisms and effectiveness of metabolism-based treatment. The Lancet Diabetes & Endocrinology, Published Online Dec 13, 2024, https://doi.org/10.1016/S2213-8587(24)00318-8

Autorin:
© privat
Katrin Hertrampf
Pressestelle Stiftung DHG (Diabetes | Herz | Gefäße)


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2025; 37 (3) Seite 14-15