Die Digitalisierung und Big Data sind in aller Munde. Doch wo liegen die Chancen für Diagnostik, Therapie und Forschung? Und was bringt die Digitalisierung für Versicherte und Patienten? Das waren die Themen des diesjährigen vdek-Zukunftsforums, zu dem der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) am 25. April in Berlin geladen hatte.

Beim diesjährigen Zukunftsforum des Verbands der Ersatzkassen e. V. (vdek) diskutierten Vertreter aus dem Gesundheitswesen, der Medizin, der Industrie und Politik über digitale Projekte in der Forschungs- und Versorgungspraxis, den wissenschaftlichen Wert von Gesundheitsdaten, digitale Hemmnisse und über den Nutzen für die Versicherten und Patienten.

„Schutz der Gesundheitsdaten hat höchste Priorität“

Uwe Klemens, Verbandsvorsitzender des vdek, betonte: "Wir wollen vor allem eine gute Versorgung unserer Versicherten. Dafür brauchen wir u. a. eine funktionierende Telematikinfrastruktur. Wir wollen die digitalen Prozesse und die damit stattfindenden Veränderungen der Beziehungen zwischen Versichertem/Krankenkasse, Patient/Arzt, Krankenkasse/Leistungserbringer aktiv und zum Nutzen unserer Versicherten gestalten. Der Schutz der Gesundheitsdaten unserer Versicherten hat dabei höchste Priorität."

Uwe Klemens, Verbandsvorsitzender des vdek

Karin Maag, gesundheitspolitische Sprecherin der CDU, ging auf die E-Health-Strategie der Bundesregierung ein. Die Digitalisierung sei kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um die Versorgung zu verbessern. Die Datenautobahn, d. h. die Telematikinfrastruktur, die einen digitalen Datenaustausch zwischen den Ärzten, Zahnärzten, Krankenkassen, Krankenhäusern und Apotheken ermögliche, stehe nun bald bereit. Jetzt gehe es um die Anwendungen und Nutzung der Daten.

Karin Maag, gesundheitspolitische Sprecherin der CDU

"Gerade im Gesundheitssystem haben Daten einen hohen Stellenwert. Sie tragen dazu bei, neue Medikamente, Diagnostika und Medizinprodukte erfolgreich zu entwickeln und operative Verfahren zu verbessern. Ein Großteil der Daten kann allerdings aufgrund von Barrieren bei der Datenübermittlung zwischen unterschiedlichen Leistungserbringern nicht genutzt werden." Dies müsse sich ändern. Gute, nutzbringende Innovationen müssten schnell ins Gesundheitswesen kommen, so Maag.

Strukturierter und kontrollierter Umgang mit „Big Data“

Für einen strukturierten und kontrollierten Umgang mit Big Data warb Prof. Dr. Rita Schmutzler, Direktorin des Zentrums für Familiären Brust- und Eierstockkrebs der Uni Köln. Sie stellte zudem das Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs vor, ein Netzwerk von kooperierenden Zentren in Deutschland, welches den schnellen und kompetenten Wissenstransfer von der Forschung in die Versorgung in exemplarischer Weise gewährleistet.

Prof. Dr. Rita Schmutzler, Direktorin des Zentrums für Familiären Brust- und Eierstockkrebs der Uni Köln

"Durch neue genomische Analyseverfahren wissen wir, dass für rund ein Drittel der Brustkrebserkrankungen erbliche Faktoren verantwortlich sind. Doch dieses Wissen reicht für das Angebot präventiver Maßnahmen nicht aus. Es muss geprüft werden, ob und welche Früherkennungsmaßnahmen oder sogar eine prophylaktische Brustdrüsenentfernung auch tatsächlich zu einer Lebensverlängerung führen."

Entsprechende Daten müssten im Rahmen strukturierter Programme und im Sinne einer Wissen generierenden Versorgung erhoben und geprüft werden. Flankiert werden müsse dies durch umfassende Beratungsgespräche und die Entwicklung von Entscheidungshilfen für Patienten, um deren Gesundheitskompetenz zu stärken.

Warnung vor zu viel Euphorie: bessere Auswertung statt mehr Datenerhebung

Prof. Dr. Jürgen Windeler, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), warnte vor zu viel Euphorie in Bezug auf Big Data. Big Data habe bisher kein einziges der abgegebenen Versprechen gehalten. "Viele und schnelle Informationen führen nicht automatisch zu guten Entscheidungen. Es kommt weniger auf die schiere Datenmenge an als auf die Art ihrer Auswertung. An diesen methodischen Standards sollten wir nicht rütteln, wenn es um das Wohl von Patientinnen und Patienten geht." Auch der Schutz der Daten müsse eine hohe Priorität haben.

Prof. Dr. Jürgen Windeler, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Diesbezüglich hob Dr. Pablo Mentzinis, Director Government Relations bei SAP, hervor, dass mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung von 2003 hinsichtlich des Datenschutzes bei der elektronischen Gesundheitskarte und der Telematikinfrastruktur bereits wichtige Regelungen getroffen worden seien. Sie müssten nur umgesetzt werden. "Dennoch kann die elektronische Gesundheitskarte nur eine Übergangslösung sein", so Mentzinis. "Das zentrale Mittel der Zukunft ist das Smartphone."

Dr. Pablo Mentzinis, Director Government Relations bei SAP

Digitalsierung müsse gesteuert und gestaltet werden, resümierte Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek. "Wir müssen den digitalen Wandel vom Patienten her denken und steuern. Nur so bringt er einen Mehrwert für das Gesundheitswesen. Dabei müssen wir uns auch fragen, ob der heutige Prozess des Bewertungsverfahrens im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschleunigt werden kann. Die Ersatzkassen setzen sich darüber hinaus dafür ein, diesen Suchprozess im Rahmen von Modellverfahren und Selektivverträgen zu begleiten."

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek

Der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) ist Interessenvertretung und Dienstleistungsunternehmen aller sechs Ersatzkassen, die zusammen nahezu 28 Millionen Menschen in Deutschland versichern:
  • Techniker Krankenkasse (TK)
  • BARMER
  • DAK-Gesundheit
  • KKH Kaufmännische Krankenkasse
  • hkk - Handelskrankenkasse
  • HEK – Hanseatische Krankenkasse

Quelle: Pressemitteilung des Verbands der Ersatzkassen e. V. (vdek)