Das ARTORG Center for Biomedical Engineering Research der Universität Bern erhält einen Forschungszuschuss der JDRF, der weltweit führenden Organisation zur Förderung der Typ-1-Diabetesforschung. Damit sollen Algorithmen für automatisierte Insulinabgabe-Systeme (AID-Systeme) weiterentwickelt werden, die Blutzuckerentgleisungen genauer prognostizieren können.

Derzeit wird weltweit intensiv an der Entwicklung von Systemen zur automatisierten Insulin-Abgabe (Automated Insulin Delivery; AID) geforscht. Sie sollen es Menschen mit Diabetes zukünftig ermöglichen, ihre Glukosewerte erfolgreich im Zielbereich zu halten und somit Hypoglykämie (Unterzuckerung) oder Hyperglykämie (Überzuckerung) zu verhindern.

Allerdings weisen die Systeme derzeit noch einige Mängel auf, da ihre Algorithmen nicht ausreichend auf Variablen wie Nahrungsaufnahme oder körperliche Aktivität reagieren, die Blutzuckerschwankungen hervorrufen können.

Berner Forschungserfolg dank hochentwickelten Algorithmen

Das Forscherteam Artificial Intelligence in Health and Nutrition des ARTORG Center for Biomedical Engineering Research der Universität Bern hat sich zum Ziel gesetzt, mithilfe von großen Datenmengen (Big Data), Künstlicher Intelligenz (KI) und Maschinellem Lernen die Prognosegenauigkeit von AID-Algorithmen zu verbessern.

Dabei wird die Künstliche Intelligenz dazu trainiert, gefährlich niedrige oder hohe Blutzuckerwerte in realen Lebenssituationen vorherzusagen. „Wenn wir Blutzuckerwerte voraussehen, können wir frühzeitig warnen und so die Sicherheit von Menschen mit Diabetes verbessern“, erklärt Prof. Dr. Stavroula Mougiakakou, die das Labor leitet.

Das kleine, aber international renommierte Team um Prof. Mougiakakou ist eines von nur acht, die einen prestigeträchtige Förderung erhalten, der im Rahmen einer Antragstellung bei der US-amerikanischen Diabetes-Forschungsstiftung JDRF vergeben wurde. Der Zuschuss von rund 144.000 US-Dollar ermöglicht insbesondere den Zugang zu großen Datenmengen, die diabetesspezifische Patienteninformationen von Tausenden von CGM-Systemen und Insulinpumpen enthalten.

Zugang zu großen diabetesspezifischen Datenmengen

Die anonymisierten Daten wurden von der gemeinnützigen Organisation Tidepool im Rahmen des Tidepool Big Data Donation-Projektes gesammelt und zur Verfügung gestellt. Tidepool setzt sich dafür ein, Diabetes-Daten für Betroffene, klinisch tätige Mediziner und Forscher zugänglicher, verwertbarer und aussagekräftiger zu machen

„Wir sind geehrt und stolz, dass JDRF das Potenzial und unsere Expertise in Applikationen von Künstlicher Intelligenz bei Diabetes anerkennt“, sagt Projektleiterin Prof. Mougiakakou. „Diese [Förderung] gibt uns die einzigartige Möglichkeit, auf große diabetesspezifische Datenmengen zuzugreifen und diese in Kombination mit hochentwickelten KI-Algorithmen zu nutzen, um Muster und Trends aufzudecken, die uns einer präziseren und personalisierten Insulinbehandlung näher bringen.“

Prof. Mougiakakou untersucht seit den späten 90er-Jahren den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Optimierung von Insulinbehandlungen.

Nutzer vor drohenden Entgleisungen rechtzeitig warnen

Die Daten, die JDRF und Tidepool zur Verfügung stellen, wurden anonymisiert und auf aussagekräftige Weise für Klinikerinnen und Kliniker sowie Forschende zusammengefasst. „Diese Daten bedeuten einen großen Entwicklungsschritt für unsere Forschung“, sagt Qingnan Sun (siehe Abbildung oben), Doktorand am ARTORG-Labor, der an dem vom JDRF-finanzierten Projekt arbeitet.

„Der Datenzugriff wird uns helfen, die Algorithmen, die in AID-Systemen eingesetzt werden, so zu verfeinern, dass sie Nutzerinnen und Nutzer mindestens eine halbe Stunde vor einer Hypo- oder Hyperglykämie warnen können“, so Sun.

Ziel: Personalisierung von Blutzuckerprognosen

„Zunächst analysieren die KI-Algorithmen die Glukosedaten, um für jede Person festzustellen, wie Alter, körperliche Fitness, Insulinbehandlung, Anzahl der Jahre mit der Erkrankung sowie tägliche Routinen die Blutzuckerwerte beeinflussen“, erklärt Prof. Mougiakakou das Vorgehen.

„Anschliessend nutzt das Modell diese Ergebnisse, um Hypoglykämie oder Hyperglykämie frühzeitig vorherzusagen, sodass die Betroffenen reagieren und dies verhindern können. Dabei ist wichtig zu erwähnen, dass das Modell während der Anwendung durch die Nutzerinnen und Nutzer mittels ihrer Verhaltensmuster und Gewohnheiten stetig weiterlernt.“


Quelle: Pressemitteilung der Universität Bern | Redaktion