In welcher Weise werden Diabetesberaterinnen in der täglichen Berufspraxis mit dem Thema Closed Loop konfrontiert? Wo liegen die Schwierigkeiten bei der Betreuung der Patienten? Antworten darauf finden Sie im dritten Teil unseres Schwerpunktthemas.

Aha, was hast Du da – einen Loop?" fragte ich vor knapp zwei Jahren sehr verwundert einen meiner Patienten, der versuchte, mir sein neues technisches Wunderwerk zu präsentieren. Ich war erstaunt, neugierig, fasziniert und – skeptisch: Das ist doch kein CE-zertifiziertes System! Was ist, wenn etwas passiert? Aber, heißt es nicht immer so schön in der Medizin: Wer heilt, hat Recht?

Mein Interesse und meine Neugierde waren geweckt, gepaart mit meinem beruflichen Ehrgeiz, das zumindest verstehen zu wollen, bevor ich mir anmaße, ein Urteil darüber abzugeben. Also: Was ist ein "DIY AndroidAPS Closed Loop System"? Ich besuchte den gerade in der Gründung befindlichen #LooperInBerlin-Stammtisch und habe an den mir gegenüber sitzenden vier Loopern gesehen: Es funktioniert! – Jedoch nicht ohne erheblichen Aufwand.

Diese Voraussetzungen sollten angehende Looper erfüllen

Zu Beginn sollten die gesamten Grundlagen der Insulinpumpenschulung (also gerne die kompletten 12 Module des INPUT-Schulungsprogrammes nochmals wiederholen) UND der CGM-Therapie (hier ist die Spectrum-Schulung mit Ihren 6 Modulen einzusetzen) nochmals wiederholt und vertieft werden, all diese "Basics" müssen vom potentiellen Looper fehlerfrei verstanden, beherrscht und täglich umgesetzt werden.

Die Punkte in der Checkliste sollten vom Diabetesteam gemeinsam mit dem am Loop interessierten Patienten durchgesprochen und überprüft werden, wenn der Patient explizit danach fragt.

Ein Loop wird nur funktionieren, wenn der Patient die sensorunterstützte Insulinpumpentherapie auch wirklich beherrscht. Dafür kann die Checkliste hilfreich sein, um zu überprüfen, was schon gut läuft und wo noch "nachgebessert" werden muss.

Hier können Sie die Checkliste als PDF-Datei herunterladen.

Ganz wichtiger Punkt ist hier auch das eingesetzte Material, denn ein Loop kann nichts zum Positiven verändern, wenn die gewünschte Insulinmenge nicht an eine entsprechend geeignete Insulinapplikationsstelle gepumpt wird.

Auslotung der Basalrate

Wenn die Basalrate nicht intensivst ausgetestet wurde und immer wieder angepasst wird (auch während des aktiven Loopens ist dies immer wieder erforderlich), kann der Algorithmus keine stabilen CGM-Werte "loopen".

Ganz wichtig hier der Unterschied zwischen Einheiten/BE- und Korrekturfaktor. Wie oft hören wir bei der Besprechung von Glukoseverläufen mit unseren Patienten Sätze wie: "Na ja, wenn der Wert vor dem Essen hoch ist, dann erhöhe ich den Faktor!" Wer als Looper nicht ganz akribisch die Einheiten/BE- und die Korrekturfaktoren differenzieren kann und diese getrennt austestet, der produziert mehr Schwankungen als eine Stabilisierung der Glukosewerte.

Denn die prozentuale Erhöhung und Absenkung der Basalrate bestimmt der Loopalgorithmus entsprechend der individuell eingegebenen Insulinempfindlichkeit, sprich dem entsprechenden Korrekturfaktor abhängig von der Tageszeit. Das muss je nach Aktivität und Lebensumständen auch beim Loopen modifiziert werden, so nutzt z.B. der loopende Ironman-Triathlet Andreas ein spezielles Sportprofil mit einer komplett anderen, drastisch reduzierten Basalrate und deutlich reduzierten Faktoren während eines Wettkampfes.

Wenn z.B. im Alltag 1 IE Insulin bei Andreas morgens seine Glukose um 40 mg/dl senkt, hat er diese Insulinempfindlichkeit für den Wettkampf morgens auf 1 IE senkt um 100 mg/dl ausgetestet und eingestellt. Denn aktuell kann der Loop noch nicht wissen, wie aktiv der Nutzer gerade ist, allerdings arbeiten die Entwickler des Android APS gerade an einer Version, bei der die zurückgelegten Schritte als Gradmesser der Aktivität und damit als Basis für die Insulinempfindlichkeit mit in den Algorithmus integriert werden sollen.

SuP-Schulung und IT-Kenntnisse

Wer jetzt überlegt, wie lange eine erneute Sensor- und Insulinpumpenschulung und/oder Therapieoptimierung oder Therapieüberprüfung dauert – Saskia Wolf hat ja über Wochen und Monate berichtet, in denen sie für kaum etwas anderes als ihren Diabetes Zeit hatte –, kann durchaus die berechtigte Frage stellen: "Warum dieser Aufwand?"

Dazu muss nochmal zumindest die gleiche Zeit investiert werden, um sich in die IT-Themen einzuarbeiten. Ich persönlich denke, dass sehr viele, die einen solchen Aufwand betreiben, auch ohne ein Loop-System nur mit ihrer sensorunterstützten Insulinpumpentherapie eine gute Diabeteseinstellung erreichen würden.

Motivation zur Therapieoptimierung

Hier kommt jetzt das große "Aber": Warum gelingt es uns bei vielen Patienten nicht, sie zu motivieren, zu schulen, zu begleiten und zu unterstützen, einen solchen Therapieaufwand durchzuführen? Der klassische Satz des Medizin-Nobelpreisträgers Konrad Lorenz "Gesagt heißt nicht gehört, gehört heißt nicht verstanden, verstanden heißt nicht einverstanden, einverstanden heißt nicht durchgeführt und durchgeführt heißt nicht beibehalten" trifft es hier ziemlich gut.

Es ist uns mit vielen Schulungsangeboten manchmal nicht gelungen, den individuellen Menschen mit Diabetes so zu erreichen, dass er selbst die Motivation gefunden hat, eine Therapieoptimierung für sich als großes Ziel zu erkennen. Das ist nun bei Einigen mit dem "Loop" gelungen. Die Looper investieren Tage, Wochen, Monate um ganz akribisch an ihrer Diabetes-Einstellung zu arbeiten, jedes kleinste Detail unter die Lupe zu nehmen und zu optimieren, weil sie es wollen und können!

Der Loop ist ihr Weg, ihr persönliches Ziel zu einer optimalen Einstellung. Mit und durch ihn ist es ihnen gelungen, ihre gute, nahezu perfekte Diabetes-Einstellung zu einem ganz wichtigen Teil Ihres Lebens und Tuns werden zu lassen.

Diabetologische Begleitung

Aber auch hier ist es unerlässlich, eine solche Therapieoptimierung diabetologisch zu begleiten. Einem Looper, der die letzten Jahre, vielleicht Jahrzehnte mit seinen HbA1c – Werten immer im Bereich zwischen 11 bis 13 Prozent lag, war es mit seinem Closed-Loop-System und ganz viel persönlichem Einsatz gelungen, diesen HbA1c innerhalb von nur 8 Monaten auf 7,2 Prozent zu verbessern.

Einen Augenarzt hatte er weder vorher noch während dieser Stoffwechseloptimierung jemals besucht. Ihm war auch die Notwendigkeit der regelmäßigen Augenhintergrund­untersuchungen nicht klar. Von dem Risiko, mit einer so schnellen und drastischen Stoffwechseloptimierung bei einer evtl. schon bestehenden proliferativen Retinopathie diese ggf. dramatisch verschlechtern zu können, hatte er noch nie etwas gehört, oder zumindestens das Gehörte nie verstanden, geschweige denn umgesetzt.

Aber dürfen sie das denn? Rechtliche Aspekte

Diese Frage beschäftigt aktuell viele Juristen und das Ergebnis ihrer Einschätzung wird wenig positiv für die Looper ausfallen, denn ein Loop ist ein nicht CE-zertifiziertes medizinisches Hilfsmittel (s.o.). Wollen wir als Diabetesteams nicht die individuell optimalste Therapie für unsere Patienten, mit denen es ihnen gelingt, auch mit einem Typ-1-Diabetes ihr bestmögliches Leben zu führen? Glauben wir denn als Diabetesteams, wir wären intelligentere Menschen?

Bevor wir Medizin studiert oder die Ausbildung zur Diabetesberaterin absolviert haben, wussten wir auch nichts über all diese diabetologischen Detailinformationen. Wir haben uns diese erarbeitet, weil wir darin geschult und unterrichtet wurden. Warum also sollte es dann Menschen mit einem Diabetes nicht möglich sein, sich diese Informationen auch anzueignen, wenn wir als Diabetesteams sie entsprechend schulen und unterrichten?

Ich persönlich erinnere mich noch, ich hatte die große Ehre und das große Glück, mein diabetologisches Handwerk in der Abteilung von Professor Dr. med. Michael Berger lernen zu dürfen, wie die Situation vor ca. 30 Jahren war. Damals versuchte Michael Berger, Schulungs- und Behandlungsprogramme für Diabetiker zu etablieren.

Welch ein Aufschrei ging durch die Ärzteschaft, ich habe das damals live erleben dürfen: Prof. Berger wurde von Kollegen wüst beschimpft, wie er auf die völlig skurrile und absurde Idee kommen könnte, die Diagnostik (das Blutzuckermessen) und die Therapie (eigenständige Insulindosisanpassung) in die Hände von medizinischen Laien legen zu wollen. Das wäre ja grotesk, die hätten nicht Medizin studiert, das wäre fahrlässig, was da alles passieren könnte...

Aber Professor Berger glaubte an und handelte nach dem Grundsatz, dass jeder Diabetiker so gut geschult werden sollte, dass er, wie von Elliot Proctor Joslin proklamiert, sein eigener, bester Diabetologe ist!
Jetzt, fast 40 Jahre später, haben wir einen ähnlichen Konflikt – wollen wir es medizinischen Laien erlauben, sich ihre eigene künstliche Bauchspeichel­drüse zu programmieren, die hat ja keine CE-Zertifizierung. Das wäre ja grotesk, was da alles passieren könnte...

Hat das DDG-Gutachten Licht ins Dunkel gebracht?

Es sollte Klarheit schaffen für die Diabetologen und ihr Praxisteam, die feststellen müssen, dass immer mehr Patienten loopen oder loopen möchten – ist das dem DDG-Gutachten gelungen? Aus meiner persönlichen Wahrnehmung: Jein.

Vorweg: Ein Gutachten ist eine Einschätzung. Will man Klarheit, muss man Gerichtsurteile abwarten. In diesem Fall hieße das wohl, dass sich etwas Negatives durch ein Loopsystem ereignen müsste. Als Juristin käme mir das entgegen, als Looper und sozial intakter Mensch wünsche ich mir das natürlich auf keinen Fall. Ich halte dies zudem für nicht besonders wahrscheinlich, müsste in dem Fall doch das involvierte CGM-System versagen und keinen Alarm schlagen oder die Pumpe müsste eine Fehlfunktion haben.

Es gibt eine dritte Möglichkeit: Der Anwender müsste etwas falsch bedient haben. Der Mensch ist wohl immer die größte Fehlerquelle, auch in der Beziehung Mensch und Technik. Das wissen die Hersteller der kommerziellen Closed Loops, aber genauso wissen das die Entwickler der Open-Source-Systeme. Daher gibt es viele verschiedene Sicherheitsvorkehrungen, auch und gerade bei den DIY-Systemen.

Permanenter Fehlerbereinigungsprozess durch die Community

Ist es Ihnen aufgefallen? Ich habe den Loop selbst als Fehlerquelle nicht angeführt. Warum nicht? Weil ich 2 Jahre lang mit OpenAPS und ein Dreivierteljahr mit AndroidAPS keinerlei auch nur ansatzweise gravierende Fehlfunktion erlebt habe – zu viele Softwareentwickler, Programmierer und Ingenieure haben die Systeme immer wieder auf Fehler abgeklopft und laufend verbessert, bevor sie es mir und anderen zur Verfügung gestellt haben.

Und es gibt einen permanenten Fehlerbereinigungsprozess durch die Inputs der Community – das ist ein gravierender Unterschied zu kommerziellen Systemen (trotzdem ist es natürlich nicht auszuschließen, dass der Loop nicht richtig funktioniert). Die Systeme werden, einmal auf den Markt gebracht, kaum oder nur noch selten verändert. Der Open-Source-Loop hat eine erhebliche Testtiefe für neue Releases (überarbeitete Versionen), die im kommerziellen Umfeld nur schwer vorzustellen sind. Die 10.100.000+ "real world loop hours" mit Open-Source-Loop-Systemen sprechen ihre eigene Sprache.

Problematisch wird es meiner Meinung nach tatsächlich erst dann, wenn ich, der Mensch, gravierende Fehler mache, z.B. eine Mahlzeit falsch einschätze. Das aber ist derzeit bei jeder Therapieform problematisch, ob Pen oder (auch kommerzieller) Closed Loop: Ist das Insulin erst einmal im Körper, wirkt es auch.

Eine Diabetestherapie ist stets ein Risiko

Dafür sind eine gute Hypowahrnehmung und/oder verlässliche CGM-Systeme nützlich. Diabetestherapie ist also stets ein Risiko und liegt in meiner persönlichen Verantwortung. Und je technischer es wird, desto mehr muss ich lernen. Es gibt mit dem Loop tatsächlich Fehlerquellen, die ich kennen muss: Ich muss bestimmte Einstellungen z.B. für Sport ändern, mit dem Loop kommunizieren und ihm Hypo, BEs oder separat mit Pen zugeführtes Insulin mitteilen, damit die Rechengrundlage stimmt.

Diese Dinge muss ein Neu-Looper lernen und umsetzen. Dafür gibt es die Dokumentationen, Online-Gruppen und Loopertreffen für den wichtigen persönlichen Erfahrungsaustausch. Eins sollte jedem bewusst sein: Letztlich ist der Loop auch nur ein weiteres Hilfsmittel, dafür aber eins, das ich gerne mein persönliches Sahnehäubchen nenne. Aber zurück zur Ausgangsfrage: Hat das Gutachten Klarheit geschaffen?

Einerseits erfahren dadurch nun die Diabetologen, die sich schon vorher mit dem Thema befasst hatten, dass sie besser nicht den Patienten, die sie dafür geeignet halten, ein DIY-System empfehlen sollten – nicht mal dann, wenn sie sehen, wie phänomenal der Diabetes bei den Loopern unter ihren Patienten plötzlich eingestellt ist. Ich persönlich finde das sehr schade, schwebt mir doch als Idealbild eher eine dichte Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient vor.

Aber andererseits stelle ich bei Vorträgen über die Open-Source-Loop-Systeme vor medizinischem Fachpersonal und vor allem in der Kommunikation mit anderen Loopern oder mit am Loop interessierten Personen fest, dass das Gutachten die Diabetologen verschreckt hat, für die diese Entwicklungen neu sind. Unbekanntes macht jedem immer ein bisschen Angst. Das ist ein natürlicher und nützlicher Instinkt. Ich führe die Verunsicherung daher darauf zurück, dass Informationen über die Systeme fehlen oder – wie im Gutachten – eine ungeschickte Wortwahl falsche Vorstellungen erweckt.

Kein Umbau von Medizinprodukten

Wenn im Gutachten von "Umbau der Medizinprodukte" die Rede ist, so trifft das nicht für den Open Source Loop zu: Die Pumpe sowie die CGM-Systeme werden nicht verändert und machen nichts, was sie nicht ohnehin beherrschen. Ich könnte das Ergebnis der Berechnungen des Loops selbst als temporäre Basalrate in der Pumpe eingeben. Oder ich lasse diese über eine Art Fernbedienung, nichts anderes ist die Loop-App, automatisch setzen.

Das ist typischerweise der Fall, wenn ich mein System auf mich angepasst, es beobachtet und nach einiger Zeit Zutrauen gefasst habe. Das kann ganz hervorragend funktionieren und vielleicht würde es für viele auch oder noch besser funktionieren, wenn die rechtliche Situation es zuließe, dass mir mein Diabetesteam beratend zur Seite steht. Spätestens beim kommerziellen Closed Loop wird das möglich sein, aber was ist bis dahin?

Unwissenheit und Verunsicherung erfordern Aufklärung. Also werden wir nicht müde werden, über unsere Systeme zu informieren, und hoffentlich immer mehr Ärzte und Diabetesteams werden die Chance wahrnehmen, jetzt schon von uns zu lernen, denn DAS dürfen sie auf jeden Fall!

Diabetologische Betreuung der Looper

Das Phänomen "DIY Looper" konfrontiert Ärzte und Diabetesberaterinnen in vielerlei Hinsicht mit einer neuen und ungewöhnlichen Situation: Patienten bzw. Eltern von Kindern mit Diabetes entscheiden über die Grundsätze und die genutzten Hilfsmittel der Therapie selbst und auf eigene Verantwortung, dabei werden nicht zugelassene Medizinprodukte genutzt und miteinander kombiniert.

Ein DIYAPS lässt sich nicht rezeptieren und auch die Frage, in welcher Weise man PatientInnen mit DIY-System weiter betreuen und bezüglich ihrer Therapie beraten darf, bereitet vielen TherapeutInnen Kopfzerbrechen. Das Gutachten der DDG gilt als Anhaltspunkt, lässt jedoch eine Vielzahl an Szenarien ungeklärt. In Diskussionen zwischen FachkollegInnen besinnt man sich hier auf die ethischen Grundsätze ärztlichen Denkens und Handelns: Man darf Patienten niemals schaden und soll sie dabei unterstützen, die für sie beste Therapie zu finden und anzuwenden.

Vor 40 Jahren hat es ein sehr mutiges Diabetesteam aus Düsseldorf gebraucht, um den Weg zu ebnen, für Diabetesschulungen, die es den Menschen mit einem Diabetes ermöglichen, ein möglichst wenig eingeschränktes oder belastetes, glückliches und eigenverantwortliches Leben mit Ihrem Diabetes zu führen. Sie mussten sich damals heftigster Kritik erwehren, haben unglaublich viel, teils wüste Beschimpfungen eingesteckt, aber sie sind dem Motto treu geblieben: "Nichts entbindet so viele Kräfte, wie das glaubhaft erwiesene Vertrauen" im offenen Dialog MIT ihren Patienten.

So haben sie das Ziel erreicht, die Behandlungsprogramme wurden evaluiert und zertifiziert und dienen bis heute als Grundlage der modernen Diabetesschulung. Wenn jetzt Menschen mit einem Diabetes im "Loopen" Ihren Weg zu dem Ziel einer guten Diabeteseinstellung gefunden haben, braucht es dann heute, wie damals Prof. Berger, nicht wieder "mutige Diabetesteams", die sie auf diesem Weg begleiten?

DIY-Closed-Loop-Systeme: Wie geht es weiter?

Bereits kurze Zeit nach den ersten "Erfolgsgeschichten" der ersten DIY-Looper folgten wissenschaftliche Publikationen, basierend auf selbst berichteten Daten aus der Community. 
Wir wissen aktuell, dass es im März 2019 weltweit mindestens (n = 1) * 1.161+ Looper mit verschiedenen Arten von DIY-Closed-Loop-Systemen gibt (eventuell auch mehr). Diese Zahl wächst stetig, ebenso wie die verschiedenen Varianten von DIY-Closed-Loop-Systemen!

Schätzungsweise hat die DIY-Community kollektiv mindestens 10.100.000 Stunden Erfahrung mit Closed-Loop im "real world use" gesammelt. Diese grobe Kalkulation basiert auf ungefähr 8 pro 24 Stunden für diejenigen, die das System über Nacht verwenden, und 20 pro 24 Stunden für diejenigen, die das System rund um die Uhr nutzen, mit Berücksichtigung einer möglichen Ausfallzeit.

Die ersten wissenschaftlichen Auswertungen zeigen kontinuierlich, dass DIY-Looper weniger Überzuckerungen, weniger starke Unterzuckerungen und mehr Zeit in Reichweite ("Time in Range") haben – zusätzlich zu signifikanten Verbesserungen des HbA1c – nicht zu vergessen die Verbesserung der Lebensqualität, durch ein System, das Basalraten über Nacht während des Schlafs automatisch anpassen kann. DIY-Looper berichten über ungestörten Schlaf mit weniger Unter- und Überzuckerungen oder Alarme.

Die ersten Studien dazu wurden sowohl von der Community als auch von traditionellen Wissenschaftlern aus verschiedenen Teilen der Welt (z.B. USA, Italien, Korea) durchgeführt. Eine Zusammenfassung dieser Ergebnisse wurden von Dana Lewis (siehe folgenden Kasten) auf ihrer Homepage veröffentlicht: Eine Senkung des HbA1c, eine Zunahme der "Time in Range" und gleichzeitig der Abnahme von Hypo- und Hyperglykämien wurde in allen der genannten Studien nachgewiesen (siehe auch Kasten).

Dana Lewis und Scott Leibrand haben das erste der Open-Source-Projekte ins Leben gerufen. Zuletzt gab es das Projekt von Milos Kozak und Adrian Tappe.

v.l.: Dana Lewis, Scott Leibrand, Milos Kozak und Adrian Tappe.


Eine Zusammenfassung der ersten Studien wurde von Dana Lewis auf ihrer Homepage veröffentlicht. Folgende Grafiken stammen aus dieser Publikation:

„Time in Range“ vor und nach der Nutzung von OpenAPS.

HbA1c-Reduktion durch die Nutzung von OpenAPS.

Reduktion der hyper- und hypoglykämischen Ereignisse durch die Nutzung von OpenAPS.

Während "DIY" zu Beginn des Phänomens noch eine untergeordnete Rolle auf wissenschaftlichen Kongressen spielte und von der Industrie kritisch beäugt wurde, ist das Thema heute in aller Munde und trifft auf breites Interesse in der Medizinprodukteindustrie, Klinik und Wissenschaft. Die DIY-Community teilt dabei bereitwillig ihr erworbenes Wissen und ist offen für Kooperationen.

Auch in der Wissenschaft findet sich der Paradigmenwechsel wieder: Im von der Europäischen Union geförderten Projekt "OPEN" arbeiten DIYAPS-Entwickler und Wissenschaftler aus Diabetologie, Psychologie, Soziologie, Informatik und Politik Hand in Hand, um das Phänomen "Looper" aus sämtlichen Blickwinkeln zu analysieren und Strategien für die Zukunft zu entwickeln.

Weiterhin gibt es in den USA Bestrebungen, eine offizielle Zulassung für Loop über das Non-for-Profit-Unternehmen Tidepool zu erwerben - die JDRF unterstützt dieses Vorhaben finanziell und politisch. Auch für AndroidAPS sind weltweite Sicherheitsstudien geplant. Generell sehen sich die Open-Source-Entwickler und ihre Supporter in keiner Weise als Konkurrenz zur Forschung und Industrie.

Erklärtes Ziel der Gemeinschaft ist: Closed-Loop-Technologie für jeden Typ-1er weltweit zugänglich machen.

Schwerpunkt Closed Loop


Autorinnen: Ulrike Thurm, Dr. Katarina Braune und Saskia Wolf
Dr. Katarina Braune ist Ärztin und Research Fellow an der Charité - Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Pädiatrie m.S. Endokrinologie und Diabetologie, Global Advocate und Diabetes Spokesperson, Beiratsmitglied der Arbeitsgemeinschaft für Diabetes und Technologie (AGDT) der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) sowie Co-Chair der Non-for-Profit-Organisation Hacking Health Berlin.

Seit ihrer Kindheit lebt sie selbst mit Typ-1-Diabetes und nutzt seit 2017 "Do-it-yourself"-Closed-Loop-Systeme im Selbstexperiment. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in der Diabetesforschung liegt auf Digital Health mit besonderem Fokus auf digitale Transformierung in der Diabetologie.

Sie ist Teil des interdisziplinären, internationalen Konsortiums "OPEN" welches sich aus wissenschaftlicher Sicht mit der Bewegung der Open Source "Do-it-Yourself"-Artificial Pancreas Systeme beschäftigt und als Horizon 2020-Projekt von der Europäischen Union (EU) gefördert wird. Als Junior Clinician Scientist-Stipendiatin des Berlin Institute of Health (BIH) widmet sie sich weiterhin der Entwicklung einer digitalen Diabetesambulanz für Kinder und Jugendliche.
Ulrike Thurm ist Diabetesberaterin der Deutschen Diabetes Gesellschaft und Systemischer Personal Coach ECA. Sie ist gemeinsam mit Dr. med. Bernhard Gehr Autorin der "CGM- und Insulinpumpenfibel" (ISBN 978–3–87409–509–9), die 2012 mit dem Heinrich-Sauer-Preis ausgezeichnet wurde. Ebenso hat sie gemeinsam mit Dr. med. Bernhard Gehr die "Diabetes- und Sportfibel" (ISBN 3-87409-338-7) geschrieben.

Als Beiratsmitglied der AGDT (Arbeitsgemeinschaft für Diabetes und Technologie) ist sie an der Erstellung des CGM-Schulungsprogramms "Spectrum" beteiligt (Publikation im Dezember 2015), sowie am standardisierten CGM-Antrag der AGDT.
Saskia Wolf hat Typ-1-Diabetes und nutzt seit Mai 2016 als eine der ersten AnwenderInnen in Deutschland ein Open Source Loop System. Für die Information Interessierter und den gegenseitigen Erfahrungsaustausch gründete sie im Herbst 2017 den #LooperInBerlin-Stammtisch. Aufgrund der starken Resonanz hat sie deutschlandweit weitere Stammtische gegründet und initiiert, um Anwendern dieser Systeme (Loopern) den persönlichen Dialog zu ermöglichen.

Die Juristin reist quer durch Deutschland, um Vorträge zum Thema zu halten - vor Fachpublikum (DiaTec, Jahreskongress der ADBW, Fortbildungsveranstaltungen in verschiedenen Kliniken) und vor medizinischen Laien (EMC² bei Roche Diabetes Care, Loopertreffen).

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2019; 31 (4) Seite 18-24