Eine nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) geht häufig mit einer Regulationsstörung von in der Leber gebildeten Proteinen einher. Die Wechselwirkungen zwischen diesen Hepatokinen und Organen waren Gegenstand einer Untersuchung, die kürzlich in Cell Metabolism veröffentlicht wurde. Die Bestimmung der wichtigsten Hepatokine und Adipokine (Proteine aus Gewebefett) könnte laut den Studienautoren künftig zur Identifizierung von NAFLD-Subtypen verwendet werden, womit sich die Präzisionsmedizin in der klinischen Praxis besser umsetzen ließe.

Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) ist ein wichtiger Risikofaktor für Typ-2-Diabetes und für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In einem Beitrag in Cell Metabolism beleuchten Norbert Stefan von der Universität Tübingen, Helmholtz Muich und vom Deutschen Zentrum für Diabetesforschung, Morris F. White von der Harvard Medical School und Kollegen zunächst die Dysregulation von Hepatokinen bei Menschen mit NAFLD. Hepatokine sind Proteine, welche die Leber freisetzt.

Anschließend erörtern sie Pathomechanismen von Typ-2-Diabetes und von kardiovaskulären Erkrankungen, die speziell mit NAFLD zusammenhängen, und fokussieren sich auf Wechselwirkungen zwischen Hepatokinen und Organen. Die Autoren schlagen vor, dass die Bestimmung der wichtigsten Hepatokine und Adipokine (Proteine aus Gewebefett) zur Identifizierung von NAFLD-Subtypen verwendet werden könnte, um die Präzisionsmedizin in der klinischen Praxis besser umzusetzen.

NAFLD - Hauptursache für chronische Lebererkrankungen und Leberkrebs

Weltweit leiden mehr als 25 % aller Erwachsenen und 3 bis 10 % aller Kinder an einer NAFLD. Der Prozentsatz ist wesentlich höher, wenn bei Erwachsenen (⁓60 %) und bei Kindern (⁓40 %) Übergewicht und/oder Diabetes vorliegen. Diese Zahlen sind alarmierend, da die NAFLD, insbesondere die nicht-alkoholische Steatohepatitis, die Hauptursache für chronische Lebererkrankungen und für Leberkrebs ist.

Darüber hinaus zeigen Ergebnisse großer Studien, dass NAFLD mit einem ⁓2,5-fach erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes und einem ⁓1,5-fach erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse assoziiert ist. Doch über welche Mechanismen beeinflusst eine Fettleber die Entstehung von Typ-2-Diabetes und von Herz-Kreislauf-Erkrankungen? Und wie lässt sich die Auswirkung der Fettleber von der Auswirkung der zunehmend auftretenden abdominalen Adipositas, die häufig bei Menschen mit Fettleber zu finden ist, auf diese Krankheiten abgrenzen?

Mit diesen Fragen beschäftigen sich Forscher aus Tübingen und aus Boston seit vielen Jahren und haben dazu internationale Kooperationen aufgebaut, so ist Norbert Stefan als Visiting Professor an der Harvard Medical School. Sie haben wichtige Hepatokine identifiziert, die bei NAFLD dysreguliert sind, und ihre Rolle im Stoffwechsel beschrieben.

Hepatokine: Fetuin-A und Follistatin sind mit dem Auftreten von Typ-2-Diabetes assoziiert

„Wir fanden heraus, dass das Hepatokin Fetuin-A vermehrt von der Fettleber produziert wird und dass es das Auftreten von Typ-2-Diabetes und von kardiovaskulären Ereignissen klar prognostiziert. Wir haben auch Mechanismen der zellulären Wirkung von Fetuin-A zur Förderung der Insulinresistenz, der subklinischen Entzündungen und der Beeinträchtigung der Insulinsekretion identifiziert“, betont Professor Norbert Stefan.

Und Professor Morris White fügt hinzu: „Wir haben ein weiteres wichtiges Hepatokin nachgewiesen, das zunehmend von der Fettleber produziert wird – Follistatin. Außerdem haben wir Mechanismen gefunden, welche die Produktion von Follistatin in der Leber hochregulieren beziehungsweise durch die Follistatin den Glukosespiegel und die Insulinresistenz erhöht. In großen Humankohorten haben wir gesehen, dass Follistatin mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden ist.“ In ihrem aktuellen Artikel beschreiben die Forscher Wirkmechanismen dieser Hepatokine und fassen das Wissen über andere Hepatokine zusammen, die momentan untersucht werden.

Hinweise auf unterschiedliche Pathomechanismen der Insulinresistenz

Die Forschenden nutzten zudem das Instrument der Clusteranalyse, um die enge Beziehung zwischen Fettleber und abdominaler Adipositas zu entschlüsseln und um Subtypen von Menschen mit Fettleber zu identifizieren. Bei Clusteranalysen werden Datensätze hinsichtlich ihrer Ähnlichkeit in Gruppen eingeteilt.

Indem sie Parameter wie den Fettgehalt der Leber, die viszerale Fettmasse, das Hepatokin Fetuin-A und das Adipokin Adiponektin zu Clustern zusammengefasst haben, gelang es ihnen, drei Cluster zu identifizieren. Die Cluster 1 und 3 wiesen eine ähnliche Insulinresistenz und einen erhöhten Leberfettgehalt auf, unterschieden sich jedoch weitgehend in den Plasmaspiegeln von Fetuin-A und Adiponektin.

Daraus schlussfolgern die Wissenschaftler, dass sie Subtypen von Menschen mit einer Fettleber gefunden haben, die unterschiedliche Pathomechanismen der Insulinresistenz aufweisen. Sie vermuten, dass die Erforschung der Hepatokine hilfreich sein könnte, um in Zukunft weitere Subtypen der Fettleber zu identifizieren.


Originalpublikation
Stefan N, Schick F, Birkenfeld AL, Häring HU, White MF. The role of hepatokines in NAFLD. Cell Metabolism (2023), https://doi.org/10.1016/j.cmet.2023.01.006

Quelle: Deutsches Zentrum für Diabetesforschung | Redaktion