Die vom Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eingesetzte Regierungskommission hat jüngst grundlegende Vorschläge zur Neuordnung der deutschen Krankenhauslandschaft vorgelegt. Der Bundesverband klinischer Diabeteseinrichtungen - DIE Diabetes-Kliniken e.V. (BVKD) hat als Antwort auf diese Reformvorschläge die folgende Stellungnahme verfasst.

Der Bundesverband klinischer Diabeteseinrichtungen - DIE Diabetes-Kliniken e.V. (BVKD) begrüßt einerseits eine längst überfällige Reform und sieht die eigenen Forderungen nach separater Finanzierung von Vorhaltekosten bestätigt, zeigt sich jedoch gleichzeitig entsetzt über die Implikationen für Fachkliniken, die eine 1:1-Umsetzung des Konzepts nach sich ziehen würde und die eine bedarfsgerechte, qualitätsorientierte Versorgung von Menschen mit Diabetes massiv gefährden. Diabetologische Fachkliniken sind im Vorschlag der Regierungskommission aktuell nicht vorgesehen!

Im vergangenen Jahr hat der BVKD bereits eine eigenes Konzept zur Reformierung der stationären Versorgung der Diabetologie vorgelegt, das ebenfalls eine starke Zentralisierung der Krankenhausversorgung von an Diabetes erkrankten Menschen fordert, jedoch gerade Fachkliniken und Kliniken, die bereits heute einen diabetologischen Schwerpunkt haben fördert, und zwar unabhängig davon, wie viele Fachabteilungen in Summe am jeweiligen Standort vorgehalten werden.

Patienten mit Diabetes im stationären Kontext

Bereits über die letzten Jahre ist eine wirklich spezialisierte Behandlung von Diabetikern in Krankenhäusern stark rückläufig. Vielmehr werden die Patientinnen und Patienten, die wegen ihres Diabetes im Krankenhaus behandelt werden müssen, vielerorts in allgemein internistischen Abteilungen mitbehandelt, die der zunehmenden Komplexität der Erkrankten und den umfangreicheren Therapiemöglichkeiten nicht gerecht werden können und auch wirtschaftlich nicht in der Lage sind, Diabetes-spezifische Infrastrukturen (Diabetologen, Ernährungsberater, Psychologen etc.) vorzuhalten.

In mehr als 85% der knapp 1.500 Krankenhäuser, die Patienten wegen Diabetes behandeln, werden weniger als 250 Fälle pro Jahr versorgt. An diesen in Bezug auf Diabetesversorgung kleinen Häuser wurden jedoch mehr als 50% der stationären Fallzahlen mit Hauptdiagnose Diabetes behandelt. Umgekehrt betreuen nur gut 1% der Kliniken mehr als 750 Fälle. Ein Großteil der mit Hauptdiagnose Diabetes mellitus stationär Behandelten wird somit in Einrichtungen betreut, die nur über rudimentäre oder keine diabetologischen Strukturen verfügen. (Werner T et al. 2022).

Im Sinne einer qualitätsmaximierten Versorgung spricht sich der BVKD deutlich für eine Zentralisierung der stationären diabetologischen Versorgung aus. Eine durch VEBETO im Auftrag des BVKD durchgeführte Simulation, die die deutschlandweiten stationären Fälle mit der Hauptdiagnose Diabetes so verteilt, dass die Krankenhäuser künftig mindestens 750 Fälle für ICD E10–E14 versorgen, ermittelt eine regional ausgeglichene Versorgungsstruktur. Von den aktuell 1.466 Standorten blieben fiktiv deutschlandweit 174 Kliniken, die dann eine spezialisierte diabetologische Infrastruktur vorhalten müssen (Werner T et al. 2022). Für diese verbliebenen Einrichtungen fordert der BVKD eine sichere Finanzierung. Die im Vorschlag der Regierungskommission vorgesehene Grundlogik von Zentralisierung und Vorhaltepauschalen ist damit hervorragend in Einklang zu bringen.

Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) legt Finger in die Wunde

Eine von der DKG in Auftrag gegebene Auswirkungsanalyse durch hcb in Kooperation mit VEBETO kommt zum Schluss, dass von den heute rund 1.700 Standorten ca. 630 entweder dem neuen Level 1i mit integrierter ambulant/stationärer Grundversorgung zugehörig wären oder keine Zuordnung zu einem Level bekämen. Darunter fallen viele potentielle Fachkliniken. Die Regierungskommission verfolgt damit das Konzept, Fachkliniken zwangsweise in Allgemeinkrankenhäuser zu integrieren und deren Leistungserbringung dort aufgehen zu lassen.

Unter den 10 größten Spezialversorgern für stationäre Diabetologie befinden sich aktuell fünf reine Fachkliniken und weitere fünf Versorger mit einem ebenfalls auf wenige Fachdisziplinen reduzierten Leistungsspektrum, die allesamt die Spezialversorgung von Diabetikern einstellen müssten.

Vollkommen zu Recht konstatiert die DKG, dass eine 1:1-Umsetzung des Reformkonzepts regionale Besonderheiten, die planerisch zu berücksichtigen bislang Länderhoheit war, ignoriert werden. Damit würde die Krankenhauslandschaft umgestaltet in eine stark zweigeteilte Landschaft aus Häusern entweder mit sehr vielen Fachabteilungen oder aber zu solchen, die nur eine Grundversorgung gewährleisten. Dazwischen bleibt nichts.

Der BVKD schließt sich dem Wortlaut des als Reaktion auf das Papier der Regierungskommission entstandenen Reformvorschlag der DKG zu den Themen Krankenhausstrukturen und Finanzierungsreform ausdrücklich an:

„Strukturvorgaben müssen in einem zwischen den Bundesländern geeinten, transparenten Prozess entwickelt und festgelegt werden. Fachkliniken werden in der Regel nicht in Standorte der allgemeinen Versorgung integriert. Entscheidend ist deren Perspektive zur Sicherstellung und Verbesserung der Patientenversorgung. Fachkliniken leisten in vielen Regionen eine qualitativ hervorragende Versorgung, die von den Patientinnen und Patienten hochgeschätzt wird. Für diese Fachkliniken muss aber eine, wie auch für die anderen Krankenhaustypen, angemessene Vorhaltefinanzierung gefunden werden, die beispielsweise auch berücksichtigt, dass Fachkliniken […] andere Vorhaltekosten jenseits der konkreten Leistungsmenge haben, als dies bei anderen Krankenhaustypen der Fall ist.“

Der BVKD ist für Marktbereinigung zur qualitativen Verbesserung der Versorgung. Für die entsprechend hochqualifizierte Infrastruktur müssen heute im DRG-System nicht abgebildete Vorhaltekosten finanziert werden. Somit wird stationäre diabetologische Versorgung in speziellen Fachkliniken und anderen Schwerpunktversorgern zukunftsfähig ausgerichtet und in die Lage versetzt, Standorte ohne spezielle diabetologische Expertise z.B. telemedizinisch zu unterstützen.


Quelle: Bundesverband klinischer Diabeteseinrichtungen - DIE Diabetes-Kliniken e.V. (BVKD) | Autoren: K. Overlack, C. Graf, B. Liesenfeld, W. Motz, M. Weck, K. Wilde, T. Werner