Trotz vorhandener Langzeitdaten und durchschlagendem Erfolg in der Versorgung von Typ-2-Diabetikern in Deutschland: Die Selbstverwaltung blockiert eine faire Preisbildung für innovative Medikamente. Der deutsche Sonderweg wirft Fragen zum Umgang mit dem Regulierungsinstrument ‚Frühe Nutzenbewertung‘ auf.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat heute seine abschließende Entscheidung zur Nutzenbewertung von Xigduo® (Fixkombination Dapagliflozin und Metformin) bekanntgegeben. Der G-BA erkennt für das orale Antidiabetikum keinen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie an.

Fakt ist: Die zu diesem Zeitpunkt für ein orales Diabetesmedikament außergewöhnlich umfangreiche Studienlage mit einer Studiendauer von bis zu vier Jahren zeigt den Zusatznutzen von Xigduo® für Patienten mit Typ 2 Diabetes. Mit dem Präparat kann der Blutzucker effektiv gesenkt werden, wobei z.B. gegenüber der Vergleichstherapie Sulfonylharnstoffe weniger patientenrelevante Nebenwirkungen wie Hypoglykämien auftreten und als Zusatzeffekt sogar das Gewicht* nachhaltig reduziert wird.¹,²

Damit erfüllt das Produktprofil von Xigduo® die in den nationalen und internationalen Therapieleitlinien erwünschten Anforderungen an ein zeitgemäßes Diabetesmedikament.³,⁴ AstraZeneca wird sich trotz des G-BA-Beschlusses dem weiteren AMNOG-Verfahren stellen und alles daran setzen, dass Patienten in Deutschland auch künftig Zugang zu dieser Therapieoption haben. Xigduo® bleibt weiterhin voll verordnungs- und erstattungsfähig.

AstraZeneca übernimmt Verantwortung

„Wir bedauern, dass der G-BA patientenrelevante Argumente außer Acht lässt“, sagt Dirk Greshake, Geschäftsführer von AstraZeneca Deutschland. „Es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass der G-BA eine faire Preisbildung für diesen innovativen Vertreter der neuen Wirkstoffklasse der SGLT-2-Inhibitoren blockiert.“

„Es geht inzwischen aber um weit mehr“, so Greshake weiter. „Es geht um die Entkoppelung Deutschlands vom medizinischen Fortschritt bei Diabetes Typ 2.“ Bereits im Falle der Monosubstanz Forxiga® (Dapagliflozin) hatte sich AstraZeneca mit Blick auf das Wohl der Patienten für einen Verbleib im Markt entschieden.** „Langfristig muss für ein forschendes Pharmaunternehmen der Erstattungspreis für innovative Arzneimittel jedoch finanziell tragbar sein, so dass Investitionen in Forschung und Entwicklung refinanziert werden können“, erklärt Greshake.

AstraZeneca selbst engagiert sich intensiv im Indikationsgebiet Diabetes: Aktuell läuft die weltweite kardiovaskuläre Sicherheitsstudie DECLARE zu Dapagliflozin, an der auch Deutschland teilnimmt.⁵ Des Weiteren beliefert der deutsche Verpackungsstandort von AstraZeneca ab 2015 insgesamt 15 europäische Länder mit Diabetesmedikamenten. Hierfür werden 30 zusätzliche Stellen zu den bisherigen 170 im Verpackungs- und Logistikbereich geschaffen.

Negative Beurteilung gefährdet therapeutische Vielfalt trotz hohen medizinischen Bedarfs

Derzeit sind über sechs Millionen Menschen in Deutschland an Diabetes erkrankt, davon 95 Prozent an Typ 2 Diabetes. Schätzungen zufolge steigt die Zahl von Typ 2 Diabetikern pro Jahr um etwa 270.000 an.⁶ Derzeit erreichen jedoch weniger als 50 Prozent aller Menschen mit Typ 2 Diabetes den gewünschten Blutzucker-Zielwert.⁷ Daher ist der Bedarf an innovativen Medikamenten nach wie vor sehr hoch. Zudem sind auch die Folgekrankheiten von Diabetes bislang unterschätzt: So gehen jedes Jahr etwa 40.000 Amputationen sowie 2.000 Erblindungen auf das Konto der Stoffwechselkrankheit.⁸

Diese Zahlen werfen Fragen auf: Welche Strategie verfolgt die Selbstverwaltung angesichts über sechs Millionen Diabetes-Patienten in Deutschland? Ist das unbedingte Festhalten an Therapieoptionen wie Sulfonylharnstoffen mit ungünstigem Nebenwirkungsprofil der richtige Weg? „Es braucht eine Vielfalt an medikamentösen Therapien, um der erdrückenden Krankheitslast zu begegnen und Patienten individuell zu behandeln“, so Greshake.

Widersprüchliche Bewertungen: EMA und FDA akzeptieren Langzeitdaten, G-BA nicht

AstraZeneca hat für die Nutzenbewertung von Xigduo® ein umfassendes Nutzendossier eingereicht, das mit einem Erfahrungsfundus von 6.000 Patientenjahren und Langzeitdaten von bis zu vier Jahren eine vergleichsweise breite Datenbasis für ein orales Diabetes-Medikament in der frühen Nutzenbewertung darstellt.⁹ Die Vier-Jahresdaten im Anwendungsgebiet „Add-On zu Metformin“ zeigen, dass die Kombination Dapagliflozin und Metformin den Blutzucker klinisch relevant und lang anhaltend senkt, wobei Unterzuckerungen gegenüber der Kombination Sulfonylharnstoff und Metformin deutlich seltener auftreten und zudem eine relevante Gewichtsabnahme* festzustellen ist.¹,² Dies belegen auch Zusatzauswertungen und Sensitivitätsanalysen, die von AstraZeneca in der schriftlichen Stellungnahme und der mündliche Anhörung beim G-BA vorgestellt wurden.¹⁰ Der G-BA hat die Vier-Jahresdaten jedoch aus formalen – nicht aus medizinischen – Gründen abgelehnt. Diese Bewertung steht aus Sicht von AstraZeneca im Gegensatz zur Entscheidung der europäischen Zulassungsbehörde EMA, die u.a. auf Basis jener Studie die Zulassung von Xigduo® erteilt hat.¹¹ Auch die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA bezog die Vier-Jahresdaten in ihre Entscheidung über die Zulassung von Dapagliflozin im Januar 2014 ein.⁹

„Mit dem G-BA-Beschluss zu Xigduo® wird somit die Grundsatzfrage aufgeworfen, ob die Auslegung des AMNOG durch den G-BA strikter erfolgt, als der Gesetzgeber dies vorgesehen hat“, so Greshake. „Schließlich ist darin explizit geregelt, dass in der Nutzenbewertung zulassungsrelevante Studien berücksichtigt werden sollen.“

Auch die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) sprach sich in einer Stellungnahme zum vorläufigen Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zur Nutzenbewertung von Xigduo® bereits deutlich für einen Zusatznutzen des Wirkstoffs Dapagliflozin für Patienten mit Typ 2 Diabetes aus.¹²

Ein Blick über die Grenzen zeigt zudem, dass andere europäische Gesundheitsbehörden – wie z.B. das NICE in Großbritannien – die freie Kombination Dapagliflozin und Metformin aufgrund derselben Studiendaten positiv bewertet haben.13 Aktuell werden in Deutschland etwa 80.000 Patienten mit Typ 2 Diabetes mit Dapagliflozin behandelt.¹⁴


Literatur:
*Dapagliflozin ist nicht indiziert zur Gewichtsabnahme oder zur Behandlung von Fettleibigkeit oder hohem Blutdruck. Dies waren lediglich sekundäre Endpunkte in den klinischen Studien.
** Der G-BA hatte am 6. Juni 2013 bekannt gegeben, dass er im Rahmen der frühen Nutzenbewertung keinen Zusatznutzen für Forxiga® sieht. In den darauffolgenden Preisverhandlungen konnte AstraZeneca eine Einigung mit dem GKV-Spitzenverband hinsichtlich des Erstattungsbetrages für Forxiga® erreichen, die eine Preissenkung von 40% beinhaltete.
# Es wurden keine therapeutischen klinischen Studien mit Xigduo®-Tabletten durchgeführt, jedoch wurde die Bioäquivalenz von Xigduo® mit gleichzeitig angewendetem Dapagliflozin und Metformin gezeigt.15
1 Langkilde A, et al. Diabetologia; 56:[Suppl1]:S374
2 Dossier zur Nutzenbewertung . Modul 4A, verfügbar
3 Nationale Versorgungsleitlinie Therapie des Typ-2-Diabetes, Version 3, September 2013
4 Inzucchi SE et al., Diabetes Care 2012, 35 (Suppl. 6):1364.1379
5 http://www.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT01730534?term=Dapagliflozin&rank=36
6 Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2014. Hrsg.: diabetesDE . Deutsche Diabetes-Hilfe.
7 Gallwitz B et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2012;7(6): 434.441.
8 Pressemeldung der Deutschen Diabetes Gesellschaft, 09.07.2014; online verfügbar
9 FDA-Briefing Document NDA 202293 Dapagliflozin, Advisory Committee Meeting 12. Dezember 2013, verfügbar
10 Data on file
11 Fachinformation XigduoR, Stand April 2014
12 DDG]Stellungnahme zum IQWiG-Bericht zur Nutzenbewertung der Fixdosiskombination von Dapagliflozin mit Metformin; 02. Juni 2014;
13 NICE Final Appraisal Determination: Dapagliflozin in combination therapy for treating type 2 diabetes. Mai 2013
14 IMS LRxR 07/2014 (Hochrechnung)


Quelle: AstraZeneca