Beim Fachpresse-Workshop „Diabetes to Go – Basal- und Mahlzeiteninsuline: Aktuelles, Studien und Trends" hat Prof. Robert Ritzel (München) über den besonderen Wert von Beobachtungsstudien referiert. Der Workshop fand Anfang November in Eppstein-Bremthal statt, ausgerichtet vom Unternehmen Sanofi.

Laut Prof. Robert Ritzel (München) gibt es eine allgemeine neue Diskussion darüber, „ob man die Informationen, die aus randomisierten kontrollierten Studien kommen, einfach so übertragen kann“ – und ob man die Ergebnisse derselben auch in der Behandlung einer breiten Patienten-Population in den Praxen, den Kliniken erwarten darf? Diese Frage werde derzeit mit Nachdruck gestellt, nicht nur in der Diabetologie, sondern auch in der Onkologie etc.

Randomisierte kontrollierte Studien: nicht die ganze Realität abgebildet

Im Bereich Diabetes, so Ritzel, könne man z. B. nicht sagen, dass die randomisierten kontrollierten Studien (RCTs), also jene Studien mit der besten Evidenz, die gesamte Patienten-Population repräsentieren; aufgrund sehr gut definierter Einschluss-/Ausschluss-Kriterien hätten 70 bis 80 Prozent der Patienten, „die in der Realität da sind“, überhaupt nicht an den großen Interventionsstudien des Typ-2-Diabetes teilnehmen können: nicht an ACCORD, nicht an ADVANCE, nicht an VADT.

Ritzel: „Für die von uns behandelten Patienten liefern RCTs also nicht immer geeignete Daten. Evidenz aus dem therapeutischen Alltag ist daher relevant für Behandler, aber auch für Kostenträger und andere Organisationen.“

Hier kommen die „Real-World-Studien“ ins Spiel: Diese Beobachtungsstudien ergänzen die RCTs insofern, dass „man Patienten im Prinzip ganz normal in ihrer Standardtherapie-Situation bei ihrem normalen Arzt beobachtet“. Diese deskriptiven Ergebnisse einer breiteren Population haben „den Vorteil, dass man wahrscheinlich eine größere Aussagekraft hat“.

Beispiel: „Real-World-Studien bereichern die in randomisierten kontrollierten Studien gewonnene breite Evidenz zu Wirksamkeit und Sicherheit von Insulin glargin 300 Einheiten/ml (Toujeo)“, erklärte er: „So bestätigen die Ergebnisse von DELIVER 2 an einem breit gefächerten Patientenkollektiv mit Typ-2-Diabetes die effektive HbA1c-Senkung von Insulin glargin 300 E/ml und das geringere Hypoglykämie-Risiko im Vergleich zu anderen Basalinsulinen.“

Real-World-Studien: statistische Methoden optimieren Datengenerierung

Der Münchner Experte weiter: „Um bei Real-World-Studien den Bias zu minimieren und robustere Daten zu generieren, kommen statistische Methoden wie das Propensity-Score-Matching zum Einsatz.“ Im Gegensatz zur rein deskriptiven Analyse traditioneller Beobachtungsstudien werden dabei Kohorten auf der Basis demographischer Baseline-Daten und klinischer Charakteristika gematcht und miteinander verglichen.

In DELIVER 2 wurden zwei gematchte Kohorten von jeweils 1.827 Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes unter einer Basalinsulin-Therapie verglichen (Datenbasis: die US-amerikanische Predictive Health Intelligence Environment-Datenbank; PHIE). Die Patienten wurden entweder auf Insulin glargin 300 E/ml oder auf ein anderes Basalinsulin (Insulin glargin 100 E/ml, Insulin detemir oder Insulin degludec) umgestellt.

Nach 6 Monaten waren bei Patienten, die auf Insulin glargin 300 E/ml umgestellt wurden, 25 Prozent weniger hypoglykämische Ereignisse aufgetreten als bei den Patienten mit Umstellung auf andere Basalinsuline. Hypoglykämische Ereignisse, die zu einer stationären Behandlung oder zur Aufnahme in eine Notfallambulanz führten, waren unter Insulin glargin 300 E/ml im Vergleich zu anderen Basalinsulinen um 48 Prozent reduziert (Ereignisrate bezogen auf 100 Patientenmonate 1,97 vs. 3,82; p < 0,01). Diese Reduktion ging mit einer potenziellen Kosteneinsparung von bis zu 2000 US-Dollar pro Patient und Jahr einher.

SENIOR: RCT mit 1.000 Probanden über 75 Jahren

Neben Real-World-Untersuchungen werden auch neue RCTs mit Insulin glargin 300 E/ml in speziellen Patientengruppen durchgeführt – so wie die aktuelle prospektive, randomisierte, kontrollierte Parallelgruppen-Studie SENIOR: Sie schloss über 1.000 Menschen mit Typ-2-Diabetes im Alter von mindestens 65 Jahren ein, ein Viertel der Teilnehmer war mindestens 75 Jahre alt.

Beim Vergleich von Insulin glargin 300 E/ml und Insulin glargin 100 E/ml in diesem Kollektiv zeigte sich nach 26 Wochen eine vergleichbar effektive Senkung des HbA1c-Wertes bei einem gleichzeitig geringeren Risiko für dokumentierte, symptomatische Hypoglykämien.


Quelle: Sanofi | gn