Welche Diagnostik ist in der Geriatrie erforderlich, um Schilddrüsenerkrankungen rechtzeitig zu erkennen. Und: Welche Therapien sind angesagt. Professor Reinhard Zick versorgt Sie hier mit Basiswissen.

Das basale Thyreotropin im Blut ist nicht umsonst der am häufigsten bestimmte Schilddrüsenhormonparameter. Bekanntermaßen schließt ein normaler TSH-Basalwert eine Unter- bzw. Überfunktion der Schilddrüse aus und macht deshalb eine zusätzliche Bestimmung von Trijodthyronin (T3) und Tetrajodthyronin (T4) überflüssig.

Das basale Thyreotropin

Der basale TSH-Wert unterliegt einer zirkadianen Rhythmik mit einem Maximum während der Nacht und niedrigsten Werten am Nachmittag. Bei schweren Allgemeinerkrankungen kann der TSH-Wert abfallen und in der Rekonvaleszenz vorübergehend ansteigen. Bei anorektischen Patienten kommt es zu einem Abfall der TSH-Werte. Umgekehrt sind BMI und das Thyreotripin positiv miteinander korreliert.

Unter der Behandlung mit Kortikosteroiden und Heparin sinkt der TSH- Wert ab, während er bei der Einnahme von Dopaminantagonisten und Carbamazepin ansteigt. Bei Kindern und Jugendlichen sind die basalen TSH-Werte im Vergleich zu Erwachsenen deutliche höher. Deshalb gelten für beide Kollektive unterschiedliche Normalwerte. Im Alter steigt der basale TSH-Wert zunehmend an.

Als Ursache der altersbedingten Veränderungen von TSH wird einerseits eine verminderte TSH-Sekretion, zum anderen ein verändertes Ansprechen der Hypophyse auf niedrige fT4-Werte diskutiert. Surks MI et al. (JCME 2007) konnten diese Veränderungen entsprechend den unterschiedlichen Altersklassen bei gesunden Probanden quantifizieren (Abb 1).

Diese Befunde machen verständlich warum TSH Werte zwischen 4 – 10 mU/l bei älteren Menschen eine ganz andere Bedeutung haben als bei jungen Menschen, insbesondere bei schwangeren Frauen, bei denen es gilt einen TSH- Spiegel von 1 mU/l anzustreben.

Tetrajodthyronin (T4) / Trijodthyronin (T3)

T4 entstammt der Schilddrüsen Sekretion T3 nur zu 20 Prozent der Rest wird durch die Dejodierung im peripheren Gewebe aus T4 gebildet. Im Blut wird inzwischen fast ausnahmslos der freie Anteil beider Hormone (fT4/fT3) gemessen da damit der "Störfaktor" der Bindungsproteine umgangen wird, deren Bildung und Höhe starken Schwankungen unterliegt .

So führt die Einnahme der meisten oralen Antikonzeptiva zu einem Anstieg der Bindungsproteine von T3/T4 und damit zu einer Erhöhung von Gesamt-T4/T3 obwohl der eigentliche biologisch aktive oder "freie" Anteil beider Hormone unverändert geblieben ist. Das Umgekehrte beobachtet man bei der Einnahme von Kortikosteroiden.

Die wichtigsten Schilddrüsenantikörper

Im Alter bleibt der fT4 Wert nahezu unverändert während der fT3 Wert abfällt. Die derzeitig gängige Erklärung ist dass der biologische Abbau von fT4 vermindert ist und parallel dazu die Konversion von fT4 zu fT3 sich abschwächt.

Die wichtigsten Antikörper für die Praxis sind die TPO (Schilddrüsenperoxidase-) und die TG-(Thyreoglobulin-) Antikörper. Thyreoglobulin ist ein Protein der Schilddrüse, an dem die Schilddrüsenhormonsynthese von Thyroxin und Trijodthyronin stattfindet. Bei diesem Vorgang werden die Jod-Atome an die Tyrosinanteile des Thyreoglobulins gebunden. Diese Jodierung übernimmt die Thyreoperoxidase die auf der apikalen Oberfläche der Follikelzellen lokalisiert ist.

Bei autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen sind die TPO-Antikörper häufiger positiv als die TG-Antikörper. In Ausnahmefällen sind aber auch bei einer Autoimmunthyreoiditis nur die TG-Antikörper positiv. Ein exakter Cut-off für die Separation von gesunden Antikörperträgern und Patienten mit autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen ist schwierig. TPO-Antikörper-Titer von über 100 sind hoch verdächtig für eine Autoimmunthyreoiditis, insbesondere wenn die sonographische Untersuchung der Schilddrüse typische Veränderungen aufweist.

Im Alter wird die Separation noch schwieriger da der Anteil von gesunden Patienten mit erhöhten TPO-Antikörpern-Titern deutlich zunimmt und damit die Aussagekraft von TPO-Antikörpern als Marker für eine Autoimmunthyreoiditis deutlich eingeschränkt ist.

Hypothyreose bei Alten symptomärmer als bei Jungen

Die Hypothyreose im Alter ist signifikant symptomärmer und im Vergleich zu der Hypothyreose bei jungen Menschen steht signifikant häufiger die allgemeine körperliche Schwäche im Vordergrund des klinischen Bildes (Doucet J et al. JAmGeriatrSoc. 1994 / Tab. 1).

Die Hyperthyreose junger Menschen ist signifikant symptomreicher als die Überfunktion der Schilddrüse bei älteren Mitbürgern. Gewichtsverlust und Vorhofflimmern werden bei älteren Patienten signifikant häufiger bei einer Hyperthyreose beobachtet (Trivalle C et al. JAmGeratrSoc. 1996). Die gleichen Autoren konnten interessanter Weise zeigen, dass die Wärmeintoleranz bei hyperthyreoten älteren Menschen im Vergleich zum jungen hyperthyreoten Kollektiv so gut wie keine Rolle (Unterschied p < 0.001) spielt (Tab. 2).

Schwerpunkt Geriatrie / Schliddrüse


Autor: Prof. Dr. Reinhard Zick
Kardinal-von-Galen-Straße 49
49809 Lingen

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2015; 27 (11) Seite 10-14