Geschlechterunterschiede bei Diabetes ist einer der Themenschwerpunkte, den rund 7.000 TeilnehmerInnen vom 29. Mai bis 1. Juni 2019 auf dem Diabetes Kongress in Berlin diskutieren. Dazu findet auch ein eigenes Symposium statt.

95 Prozent der derzeit rund sieben Millionen Menschen mit Diabetes in Deutschland sind an einem Typ-2-Diabetes erkrankt. Übergewicht erhöht bei beiden Geschlechtern das Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln. Frauen neigen jedoch im Durchschnitt häufiger zu Übergewicht und Fettleibigkeit als Männer. Und obwohl Männer öfter eine bauchbetonte Fettverteilung aufweisen, ist ein hoher Bauchfettanteil für Frauen ein stärkerer Risikofaktor für die Stoffwechselerkrankung.

Frauen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes haben im Vergleich zu betroffenen Männern auch ein höheres Sterblichkeitsrisiko. In Deutschland ist es bei Männern mit Typ-2-Diabetes um das 2,8-fache und bei Frauen sogar um das 4,2-fache höher als bei stoffwechselgesunden Menschen beider Geschlechter. Dabei spielen biologische, soziale und soziopsychologische Faktoren eine Rolle.

Übersterblichkeit von Frauen höher als in vergleichbaren Ländern

„In allen Altersgruppen haben Frauen eine höhere Sterblichkeitsrate durch Diabetes als Männer“, sagt Privatdozentin Dr. med. Julia Szendrödi, Leiterin des Klinischen Studienzentrums am Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) in Düsseldorf. „Der Unterschied ist jedoch in der Altersgruppe der 65- bis 69-Jährigen am größten.“ Zudem ist laut Untersuchungen die Übersterblichkeit von Frauen mit Diabetes in Deutschland trotz vergleichbarer Gesundheitsversorgung höher als in Schweden, Großbritannien oder Kanada.

Frauen mit Diabetes weisen auch eine deutlich höhere Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf. „Selbst bei Berücksichtigung aller anderen Risikofaktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck, Blutfettwerte und Rauchen, haben Frauen mit Diabetes im Vergleich zu betroffenen Männern ein um 27 Prozent höheres Risiko für einen Schlaganfall und ein um 44 Prozent höheres Risiko, eine koronare Herzkrankheit zu erleiden“, erläutert Dr. Szendrödi.

Diese erhöhte Belastung gilt auch für Frauen mit Typ-1-Diabetes. Sind sie bereits in früher Kindheit daran erkrankt, ist ihr Risiko für ein schweres kardiovaskuläres Risiko sogar um bis zu 90-fach höher als bei Frauen ohne Diabetes.

Soziopsychologische Faktoren tragen zum Geschlechterunterschied bei

Für wirksame Strategien zur Vorbeugung und Behandlung müssen geschlechtsspezifische biologische und soziale Faktoren sowie Verhaltensmuster erforscht werden. Dr. Szendrödi erläutert: „Aktuell begleiten und untersuchen wir am Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf im Rahmen der Deutschen Diabetes-Studie Frauen und Männer ab ihrer Diabetesdiagnose. Es zeigt sich, dass trotz optimaler Behandlungsbedingungen viele Frauen die Zielwerte für Glukoseeinstellung, Blutdruck- und Blutfettwerte nicht erreichen.“

Gesteigerte Raten von Begleiterkrankungen und die höhere Sterblichkeitsrate bei Frauen hängen unter anderem mit soziopsychologischen Faktoren wie der eigenen Fürsorge bei der medizinischen Behandlung, der Einhaltung von Diäten oder sportlichen Aktivitäten zusammen. „Frauen haben hier häufiger Defizite als Männer und führen ein Zusammentreffen von Lebensumständen, weitere Erkrankungen und körperliche Grenzen als mögliche Gründe an“, sagt die Leiterin des Klinischen Studienzentrums am DDZ.

Symposium „Geschlechterunterschiede bei Diabetes” am 31. Mai

Die Datenlage zur Lebenserwartung bei Frauen mit Diabetes ist bislang unzureichend, bemängelt Dr. Szendrödi. „Ein Grund dafür könnte sein, dass Frauen im gebärfähigen Alter aus klinischen Studien häufig ausgeschlossen werden – einerseits um zyklusabhängige Effekte zu vermeiden, andererseits, um das Risiko einer ungeplant eintretenden Schwangerschaft unter Studienmedikation zu umgehen.“

Das Symposium „Geschlechterunterschiede bei Diabetes” findet im Rahmen des Diabetes Kongresses am Freitag, den 31. Mai 2019 statt. Alle Informationen zum Diabetes Kongress 2019 sind im Internet unter www.diabeteskongress.de zu finden.



Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)