Englische Wissenschaftler haben eine bahnbrechende Entdeckung bezüglich des Autoimmunprozesses bei der Entstehung des Typ-1-Diabetes gemacht.

Ein Typ-1-Diabetes entsteht durch einen Autoimmunprozess – also durch ein fehlgeleitetes Immunsystem, das sich gegen Substanzen des eigenen Körpers richtet und bestimmte Strukturen der Beta-Zellen angreift und diese insulinproduzierenden Zellen letztlich zerstört. In vorangegangenen Studien konnte anhand des Vorhandenseins von speziellen Antikörpern bei Typ-1-Diabetikern bereits nachgewiesen werden, dass es hierbei fünf molekulare Hauptziele gibt, die vom Immunsystem attackiert werden.

Nach über 20 Jahren Forschung: „Wir haben nun das ganze Bild“

Identifiziert werden konnten bislang aber nur vier dieser Ziele: Insulin, Zink-Transporter 8 (ZnT8), Glutamat-Decarboxylase (GAD) und Tyrosinphosphatase (IA-2). Nach dem fünften und letzten Molekül, welches als Antigen fungiert und so zur Bildung von Antikörpern führt, wird seit rund 20 Jahren fieberhaft geforscht.

Die Suche hat nun ein Ende: Wissenschaftler der Universität Lincoln in Großbritannien haben das Enzym Tetraspanin-7 (TSPAN7) als letztes fehlendes Puzzleteil identifizieren können. Der Leiter der Studie, Dr. Michael Christie, kommentierte diesen Erfolg gegenüber der britischen Rundfunkanstalt BBC wie folgt: "Mit dieser Entdeckung haben wir abschließend klären können, auf was das Immunsystem [beim Autoimmunprozess] abzielt – wir haben nun das ganze Bild." Veröffentlicht wurden diese neuen Erkenntnisse im Fachmagazin Diabetes.

Präventive Behandlungsansatz ist greifbarer geworden

"Wenn das Immunsystem erst einmal entschieden hat, etwas Bestimmtes loszuwerden, ist es sehr schwer, es davon abzuhalten. Deshalb ist ein Typ-1-Diabetes auch eine sehr schwer zu stoppende Erkrankung", so der britische Mediziner und Biochemiker weiter. "Deshalb hoffen wir, durch diese abschließende Identifizierung der fünf Hauptziele nun Wege zu finden, die Entstehung von Typ-1-Diabetes zu verhindern, indem die Immunantwort auf diese fünf Proteine blockiert wird, ohne das generelle Infektionsrisiko der Patienten zu erhöhen."

Diese und weitere neue Erkenntnisse der jüngeren Vergangenheit über den Typ-1-Diabetes stimmen Christie optimistisch. Er sei voller Hoffnung, dass darauf basierend bald eine präventive Behandlungs­möglichkeit gefunden werden könnte: "Ich habe viel mehr Zuversicht als noch vor fünf Jahren."


von Gregor Hess
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