Die neuesten Entwicklungen und Forschungsergebnisse zur Diabetestechnologie wurden auf dem diesjährigen ATTD-Kongress vorgestellt. Dieses Jahr waren auch die Experten des Zukunftsboards Digitalisierung (zd) vor Ort. Mit Unterstützung der Berlin-Chemie AG und in Kooperation mit dem Kirchheim-Verlag fassten die zd-Mitglieder in abendlichen Talks den Kongresstag zusammen, außerdem gab es zahlreiche Experteninterviews. Dabei zeigte sich vor allem eines: Mit der Entwicklung neuer Technologien allein ist es nicht getan – die Anwender müssen auch wissen, wie sie damit umzugehen haben.
Neue Technologien fassen immer mehr Fuß in der alltäglichen Diabetestherapie. In Deutschland beispielsweise ist pro Praxis der Anteil an Patienten mit kontinuierlicher Glukosemessung (CGM) in nur einem Jahr um 66 Prozent, der mit Flash-Glukosemessung um 49 Prozent gestiegen [1]. Auch Studiendaten aus den USA konnten zeigen, dass die Zahl der Nutzer der kontinuierlichen Glukosemessung von 2011 auf 2018 um mehr als 30 Prozent gestiegen ist [2].
Den „Human Factor“ berücksichtigen, Patienten besser schulen!
Doch so sehr sich CGM-Systeme auch etablieren und die Zahlen der Anwender und Anbieter steigen – die HbA1c-Werte erreichen nicht die Ziele der Amerikanischen Diabetes Gesellschaft (American Diabetes Association, ADA) [2]. Doch woran liegt das?
„Dr. Laurel Messer aus den USA kam zu dem Schluss, dass Patienten besser geschult werden sollten, um diese Ziele zu erreichen“, erklärte Dr. Jens Kröger, Zentrum für Diabetologie Hamburg-Bergedorf. „Sie zitierte die Daten zu den deutschen Schulungsprogrammen INPUT und Flash, bei denen sich die HbA1c-Werte der Teilnehmer verbesserten,“ so Kröger weiter [3,4]. „Das zeigt, dass das Device allein nicht ausreicht“, ergänzte Dr. Andreas Lueg, Diabeteszentrum L1 Hameln.
Damit Patienten von der technologischen Entwicklung noch mehr profitieren können, müsse man den „Human Factor“ berücksichtigen und ein Bewusstsein für die Vielschichtigkeit der Erkrankung schaffen. „Und da gehört die Schulung definitiv dazu!“ [5]
Closed-Loop-Systeme: kein Plug-and-Play
Bei den Closed-Loop-Systemen geht der Trend von „Do it yourself“ hin zu Geräten professioneller Anbieter. Aktuell gibt es zwei Hybrid-Closed-Loop-Systeme auf dem Markt, weitere sollen 2020/2021 folgen. Die Datenlage spricht dafür: Auf dem Kongress wurde aus zahlreichen Studien zitiert, die zeigen konnten, dass sich die Anwendung bei Patienten mit Typ-1-Diabetes in allen Altersgruppen positiv auf die glykämische Kontrolle auswirkt [6,7].
Doch Daten einer Real-World-Studie bei Heranwachsenden mit einem Hybrid-Closed-Loop-System zeigten auch: Bei den Patienten mit einem hohen HbA1c-Ausgangswert ist es viel wahrscheinlicher, dass diese die Nutzung aufgrund von Schwierigkeiten bei der Kalibrierung oder zu häufigen Alarmen abbrechen [8].
„Closed Loop ist kein Plug-and-Play-System“, äußerte sich dazu Dr. Charlotte Boughton, Cambridge University. [5]. Die Wissenschaftlerin beschäftigt sich intensiv mit der Anwendung von Closed-Loop-Systemen und weiß: Patienten müssen vorab genau darüber aufgeklärt werden, was auf sie zukommt. Denn ein Hybrid-Closed-Loop-System übernehme nicht plötzlich die gesamte Diabetestherapie.
So müssten beispielsweise die Mahlzeitenboli immer noch selbst eingegeben werden und auch das Zählen von Kohlenhydraten bleibe essenziell. Auch sei das richtige Timing des Mahlzeitenbolus sogar noch wichtiger als bei der herkömmlichen Insulinpumpentherapie. Das mache zusätzliche Schulungen erforderlich.
Quelle: Presseinformation der http://Berlin-ChemieAG