Typ-2-Diabetes und Erkrankungen des Herzkreislaufsystems gehen Veränderungen im Stoffwechsel voraus. Eine aktuelle Studie des DZD und DIfE deutet darauf hin, dass bestimmte Fettmoleküle (Ceramide), die im Stoffwechsel gebildet werden, an der Entstehung von Typ-2-Diabetes und CVD beteiligt sind. Die Studie stellt außerdem einen Zusammenhang zwischen ungesunder Ernährung und nachteiligen Ceramidwerten im Blut her. Das könnte zum Beispiel erklären, warum das Diabetesrisiko durch häufigen Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch erhöht ist. Als potenzielle Biomarker könnten Ceramide präzisere Ernährungsansätze für die Prävention kardiometabolischer Erkrankungen ermöglichen.

Ungesundes Essen kann zur Entstehung von Herzinfarkten, Schlaganfällen und Typ-2-Diabetes (kardiometabolische Erkrankungen) beitragen. Doch welche biochemischen Prozesse hier zugrunde liegen, ist bisher nicht genau bekannt.

Moderne Messverfahren ermöglichen es, gleichzeitig eine große Anzahl von Stoffwechselprodukten im Blut zu messen und liefern dadurch umfassende Stoffwechselprofile in großen Studiengruppen. Dabei zeigt sich, dass bestimmte Fettmoleküle, die Ceramide und Dihydroceramiden, kritische Faktoren für die langfristige kardiometabolische Gesundheit sein könnten. Außerdem beeinflusst die Ernährung die Zusammensetzung der Ceramide und Dihydroceramide.

Umfassende Untersuchungen zum Einfluss der Ernährung auf die Ceramidwerte im Blut und mögliche Auswirkung auf die Entstehung von kardiometabolischen Erkrankungen im Menschen fehlten bislang. Die Forschenden haben daher mehrere Tausend Teilnehmer:innen der EPIC-Potsdam-Studie** über mehrere Jahre beobachtet, um zu prüfen, ob man anhand von bestimmten, durch die Ernährung beeinflusste Ceramiden das Auftreten von kardiometabolischen Erkrankungen vorhersagen kann.

Die Studie wurde unter Leitung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) durchgeführt und vom Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) und dem BMBF-geförderten Projekt „FAME“*** unterstützt. Die Studienergebnisse zeigen, dass Ceramidprofile Einblicke in die Entwicklung von kardiometabolischen Erkrankungen bieten und das Verständnis vom Einfluss der Ernährung auf das Krankheitsrisiko verbessern können.

Erstellen von Ceramid-Profilen

Zu Beginn der Studie gaben alle Teilnehmer:innen Auskunft über ihre Ernährung und stellten Blutproben zur Verfügung. Die Probanden hatten weder Typ-2-Diabetes noch Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In den folgenden Jahren entwickelten etwa 550 Proband:innen Herzkreislauferkrankungen und knapp 800 erkranketen an Typ-2-Diabetes. Mithilfe einer neuartigen analytischen Plattform – s.g. Lipidomics - erstellten die Forschenden Profile der Ceramide und Dihydroceramide im Blut der EPIC-Potsdam-Teilnehmer:innen.

Bestimmte Ceramide vermitteln nachteilige Auswirkung von ungesundem Essen

Die Forschenden untersuchten darüber hinaus, ob krankheitsrelevante Ceramide und Dihydroceramide auch mit dem Verzehr von Lebensmitteln in Verbindung stehen. „Menschen, die viel Fleisch essen, haben ein höheres Diabetesrisiko. Wir konnten jetzt erstmals zeigen, dass ein hoher Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch mit ungünstigen Spiegeln diabetesbezogener Ceramide verbunden war. Unsere Ergebnisse legen nahe, dass der Zusammenhang von Fleischverzehr und Diabetesrisiko durch den Einfluss auf Ceramidspiegel im Blut vermittelt werden könnte“, berichtet Erstautor Clemens Wittenbecher, Mitarbeiter der Abteilung Molekulare Epidemiologie am DIfE und der Harvard T.H. Chan School of Public Health.

Matthias Schulze, Leiter der Abteilung Molekulare Epidemiologie am DIfE und Letztautor der Studie ergänzt: „Detaillierte Stoffwechselprofile in grossen Kohortenstudien helfen uns, den Zusammenhang zwischen Ernährung und Krankheitsrisiko besser zu verstehen. Das trägt letzendlich zu evidenzbasierten und genaueren Ernährungsempfehlungen bei.“

Studie eröffnet neue Präventionsansätze

Kardiometabolische Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Typ-2-Diabetes sind weltweit für mehr als ein Drittel der Todesfälle verantwortlich. Die Ergebnisse der aktuellen Studie identifizierten bestimmte Ceramide als potenzielle Biomarker für den Zusammenhang zwischen Ernährung und Krankheitsrisiko und könnten so präzisere Ernährungsansätze für die Prävention kardiometabolischer Erkrankungen ermöglichen.


Originalpublikation
Wittenbecher, C. … Schulze, M. et al: Dihydroceramide- and ceramide-profiling provides insights into human cardiometabolic disease etiology. Nature Communications (2022) DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-022-28496-1

*Ceramide sind eine Untergruppe der Sphingolipide, die wichtige Bestandteile von Zellmembranen sind und als Signalmolekuele wirken. Sie beeinflussen verschiedene Stoffwechselprozesse, darunter auch die Insulinempfindlichkeit und Entzündungsreaktionen. Ceramide könnten an der Pathogenese von Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen beteiligt sein.

** Die EPIC-Potsdam-Studie ist eine bevölkerungsbasierte prospektive Kohortenstudie und Teil der internationalen EPIC-Studie. Sie umfasst ca. 27.500 Teilnehmende. Zu Beginn der Studie im Jahr 1994 waren die Frauen im Alter von 35 bis 64 Jahren und die Männer im Alter von 40 bis 64 Jahren. Die EPIC-Potsdam-Studie dient mit ihrer umfangreichen Datenbasis als Grundlage für bevölkerungsbasierte epidemiologische Forschung am DIfE. Die Forschungsergebnisse tragen dazu bei, die wissenschaftliche Grundlage für mögliche Präventionsmaßnahmen zu schaffen und die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern.

*** Das Verbundprojekt FAME („Fettsäuremetabolismus als Marker für Ernährung und kardiometabolische Gesundheit“) wurde im Rahmen der europäischen Programminitiative „Eine gesunde Ernährung für ein gesundes Leben“ (JPI HDHL) durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. In dieser Initiative arbeiten EU-Mitgliedsstaaten, assoziierte Staaten sowie Kanada und Neuseeland zusammen, um die Ernährungsforschung über Ländergrenzen hinweg zu bündeln und zu stärken. Ziel der transnationalen Fördermaßnahme „Biomarker für Ernährung und Gesundheit“ der JPI HDHL ist es, neue Biomarker zu identifizieren, die den Ernährungszustand erfassen und damit zur Aufklärung der Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit beitragen können. Neben dem DIfE sind die Universitäten Navarra und Cordoba (Spanien) sowie Reading und East Anglia (Großbritannien) am FAME-Verbund beteiligt.


Quelle: Deutsches Zentrum für Diabetesforschung | Redaktion