Die Nationale Aufklärungsinitiative "Diabetes! Hören Sie auf Ihre Füße?" stellte anlässlich des Diabetes Kongresses 2017 der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) die neuesten Daten der PROTECT-2-Studie vor.

Die diabetische Neuropathie ist eine weit verbreitete Folgeerkrankung des Diabetes. Nach der aktuellen Auswertung der PROTECT-Studie [1] war etwa jeder zweite der von 2013 bis 2016 Untersuchten von der schmerzhaften oder schmerzlosen Form dieser Nervenschädigung, der distalen sensorischen Polyneuropathie (DSPN), betroffen. Sie wussten davon oftmals aber nichts, denn bei 70 Prozent der Betroffenen war die Erkrankung nicht diagnostiziert.

Der wissenschaftliche Beirat der Aufklärungsinitiative plädiert deshalb dafür, Prävention, Diagnose und Therapie möglichst früh zu beginnen und die Aufklärung der Patienten nachhaltig zu verbessern, um sowohl den Diabetes als auch die Neuropathie rechtzeitig zu entdecken und zu behandeln.

Frühzeitig handeln, um schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden

"Empfindungsstörungen in den Füßen wie Kribbeln, Brennen, Taubheit, Schmerzen oder eine nachlassende Sensibilität sind ernstzunehmende Warnsignale, denen Betroffene und Ärzte gleichermaßen mehr und früher Beachtung schenken sollten", sagte Prof. Dr. med. Dan Ziegler, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Aufklärungsinitiative "Diabetes! Hören Sie auf Ihre Füße?", stellv. Direktor am Institut für Klinische Diabetologie des Deutschen Diabetes-Zentrums der Heinrich Heine-Universität Düsseldorf und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft "Diabetes und Nervensystem" der DDG.

"Denn wer frühzeitig handelt und behandelt, kann dem Voranschreiten der Nervenschädigung entgegenwirken und schwerwiegende Komplikationen, wie das diabetische Fußsyndrom, auf das jährlich bis zu 50.000 Amputationen [2] zurückzuführen sind, vermeiden."

Jeder zweite Untersuchte zeigte eine in den meisten Fällen nicht diagnostizierte DSPN

Prof. Ziegler stellte die aktuellen Daten der fortlaufenden PROTECT-Studie zur diabetischen Neuropathie in Deutschland vor. Die Daten wurden im Rahmen der Nationalen Aufklärungsinitiative "Diabetes! Hören Sie auf Ihre Füße?" erhoben, die von WÖRWAG Pharma in Zusammenarbeit mit der Deutschen Diabetes Stiftung (DDS) und einem wissenschaftlichen Beirat führender Diabetologen und Neurologen getragen wird.

"Das primäre Ziel dieser Studie ist die Ermittlung der Prävalenz und der Risikofaktoren bei diagnostizierter und nichtdiagnostizierter, schmerzhafter und schmerzloser distal sensorischer Polyneuropathie (DSPN). Die schmerzhafte DSPN wurde als Vorhandensein von DSPN mit Schmerz und/oder Brennen in den Füßen im Ruhezustand und die schmerzlose DSPN als Vorhandensein von DSPN mit Parästhesien, Taubheitsgefühl oder fehlenden Symptomen definiert."

Die aktuellen Ergebnisse der PROTECT-Studie sind alarmierend:

  • Bei etwa der Hälfte der 1.850 Untersuchten mit und ohne Diabetes zeigte sich eine DSPN, die in circa 60 Prozent der Fälle schmerzhaft war.
  • Viele Betroffene wussten trotz Schmerzen nichts von ihrer Neuropathie: So wurde bei fast 70 Prozent der Teilnehmer mit bekanntem Typ-2-Diabetes und schmerzhafter DSPN diese zuvor nicht diagnostiziert.
  • Bei den Untersuchten ohne vorbekannten Diabetes könnte ein bisher unerkannter (Prä-) Diabetes in vielen Fällen die Ursache für die Neuropathien sein. Denn etwa jeder dritte Untersuchte ohne vorbekannten Diabetes hatte einen auffälligen HbA1c-Wert im Prädiabetes- bzw. Diabetesbereich.

Die aktuelle Auswertung der Daten für die Jahre 2013 bis 2016 der fortlaufenden PROTECT-Studie verdeutlicht, dass viele Menschen mit und ohne vorbekannten Diabetes unzureichend über ihre Neuropathie informiert sind, selbst wenn diese mit Schmerzen einhergeht. "Da 40 Prozent der Teilnehmer der PROTECT-Studie ohne bekannten Diabetes ein erhöhtes Diabetesrisiko aufweisen und die Rate der neu entdeckten schmerzhaften Neuropathien überraschenderweise so hoch ist, muss man von einer hohen Dunkelziffer und einer erheblichen Unterversorgung der DSPN in Deutschland ausgehen", sagte Prof. Ziegler und forderte: "Die Patienten müssen besser über Diabetes und die diabetische Neuropathie aufgeklärt werden. Effektive Strategien sollten implementiert werden, um rechtzeitig sowohl den Diabetes als auch die Neuropathie aufzudecken."

Mit der Therapie nach dem 3-Säulen-Schema frühzeitig beginnen

Bei der Therapie der diabetischen Neuropathie hat sich das sogenannte "Drei-Säulen-Schema" bewährt: Die erste Säule der Therapie steht für eine an den Patienten individuell angepasste, optimale Diabeteseinstellung, bei der das Alter, die persönlichen Lebensumstände und -bedürfnisse sowie Begleiterkrankungen berücksichtigt werden. Des Weiteren sollten Risikofaktoren wie Alkoholkonsum, Rauchen und Bluthochdruck reduziert werden. Die zweite therapeutische Säule hat zum Ziel, krankmachende Stoffwechselwege auszuschalten, die in der Folge Nerven und Gefäße schädigen können. Hierfür steht beispielsweise die hoch bioverfügbare Vitamin B1-Vorstufe Benfotiamin zur Verfügung. Das Provitamin gleicht einen nervenschädigenden Vitamin B1-Mangel effektiv aus und aktiviert das Enzym Transketolase.

So kann es die Bildung der aggressiven Zuckerabbauprodukte (AGEs, Advanced Glycation Endproducts), die durch die Hyperglykämie vermehrt entstehen, hemmen. Dadurch kann Benfotiamin bei regelmäßiger Einnahme Nerven und Blutgefäße vor Schädigungen schützen und die Symptome der diabetischen Neuropathie wie Kribbeln, Brennen, Schmerzen oder Taubheit in den Füßen lindern. Zwei randomisierte und kontrollierte Studien, die BEDIP- und die BENDIP-Studie, zeigen eine signifikante Verbesserung schmerzhafter und sensorischer Symptome der diabetischen Neuropathie unter Benfotiamin [3, 4]. Als dritte Säule der Therapie gilt die rein symptomatische Therapie, die neuropathische Schmerzen medikamentös behandelt und so die Lebensqualität der Betroffenen verbessern kann, die aber auch potenzielle Nebenwirkungen hat.

Vitamin B1 spielt bei diabetischen Komplikationen und degenerativen ZNS-Erkrankungen eine wichtige Rolle

Prof. Dr. med. Karlheinz Reiners, Oberarzt und Leiter der Neuromuskulären Spezialambulanz an der Neurologischen Klinik des Hermann-Josef-Krankenhauses Erkelenz, betonte, dass "neue Forschungsergebnisse das Vitamin B1 (= Thiamin) wieder in den Blickpunkt des medizinischen Interesses der Neurologie, Psychiatrie, Geriatrie und der Inneren Medizin/Diabetologie gerückt haben." Die neuen Erkenntnisse betreffen, so Prof. Reiners "einerseits die Bioverfügbarkeit der therapeutisch verwendeten Verbindungen, andererseits durch neue Therapieverfahren entstehende schwerwiegende Mangelzustände und die Rolle des Vitamin B1 bei diabetischen Komplikationen und degenerativen ZNS-Erkrankungen."

Nach Prof. Reiners bestehe auch in Deutschland bei vielen Diabetikern ein eklatanter Vitamin B1-Mangel [5], so dass eine klare Indikation zur Substitution bestehe. Denn ein Mangel fördert Neuropathien und pathogene Prozesse im diabetischen Stoffwechsel, die Gefäßschäden verursachen und dadurch diabetische Komplikationen vorantreiben. Die Vitamin-B1-Vorstufe Benfotiamin ist nach Reiners Worten gerade in der Kompensation dieser pathogenen Abläufe besonders effektiv. Zudem wirke sie bei der diabetischen Neuropathie zusätzlich antinozizeptiv. Benfotiamin ist als fettlösliche Verbindung sehr gut resorbierbar: Neue Messungen belegen, dass Thiamin-Diphosphat, die biologisch aktive Form des Vitamins, unter einer äquimolaren Benfotiamin-dosierung im Blut, besonders aber auch intrazellulär eine höhere Bioverfügbarkeit erzielt, als dies mit wasserlöslichen Verbindungen möglich ist. [6]

Mit Lebensstil-Modifikation gegen Folgeschäden aktiv werden

Dr. med. Matthias Riedl, Ärztlicher Leiter und Geschäftsführer der medicum Hamburg MVZ GmbH, betonte, dass "Bestandteil der ursächlichen Behandlung und Prävention der diabetischen Neuropathie nach aktuellem Wissensstand neben den schon allgemein akzeptierten Maßnahmen wie Rauchstopp, der optimierten Blutdruck- und Blutzuckereinstellung auch eine Diabetes-Remissionsbehandlung mit optimiertem Eiweiß/Fett/Kohlenhydratverhältnis sein sollte."

Sie habe das größte Potenzial, Folgeschäden zu verzögern oder ganz zu verhindern - unterstützt von sportlichen Aktivitäten. "Der Prävention und Verlangsamung des Progresses kommt eine besondere Bedeutung zu. Dazu kann die Lebensstilmodifikation wertvolle Beiträge leisten", erklärte Dr. Riedl.

"Der Sport spielt dabei eine wichtige Rolle: Er hilft nicht nur, wertvolle motorische und sensomotorische Kompetenzen zu verbessern, die bei späterer Verschlechterung der Polyneuropathie helfen, Ausfälle wie Gangunsicherheit zu kompensieren, sondern er wirkt direkt blutzuckersenkend und durch den Energieverbrauch auch antiadipogen. Somit stellt Sport einen Ansatz insbesondere bei der Prävention der diabetischen Neuropathie dar." Auch dem vielfach in seiner hohen Prävalenz unterschätzten Thiaminmangel komme, so Dr. Riedl, "eine besondere Bedeutung zu. Eine ergänzende Therapie mit Benfotiamin sollte daher bei jedem Patienten mit diabetischer Neuropathie zum Standard gehören."

Über die Nationale Aufklärungsinitiative "Diabetes! Hören Sie auf Ihre Füße?"

Die Nationale Aufklärungsinitiative "Diabetes! Hören Sie auf Ihre Füße?" von WÖRWAG Pharma informiert seit 2013 in Zusammenarbeit mit der Deutschen Diabetes Stiftung (DDS) und renommierten Experten der Diabetologie und Neurologie bundesweit über die diabetische Neuropathie, um Früherkennung und eine rechtzeitige adäquate Therapie zu fördern und Komplikationen, wie das Diabetische Fußsyndrom, zu verhindern. Bislang hat die Aufklärungsinitiative bundesweit an 70 Aktionstagen in 47 Städten über 25.000 Interessierte und Betroffene über das Thema Diabetes und diabetische Neuropathie informiert und aufgeklärt.


Quellen
[1] Ziegler D, Strom A, Landgraf R, Lobmann R, Reiners KH, Rett K, Schnell O. Der Neuropathie auf der Spur: Neueste Erkenntnisse der PROTECT-Studie. Präsentation der aktuellen Daten anlässlich des Diabetes Kongresses 2017 der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) im Rahmen einer Pressekonferenz am 24. Mai 2017 und des Symposiums der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Nervensystem (AGDN) der DDG am 25. Mai 2017 in Hamburg. Berücksichtigt wurden die Untersuchungsergebnisse von 1.850 Studienteilnehmern aus den Jahren 2013 bis 2016. Die Untersuchungen beinhalteten die Überprüfung von Temperatur-, Druck- und Vibrationswahrnehmung sowie die Palpation der Fußpulse. Zusätzlich wurden der Langzeitblutzucker (HbA1c-Wert) und der BMI erfasst und ausgewertet.
[2] Zu viele Fußamputationen in Deutschland. Pressemitteilung der Jahrespressekonferenz der DDG, 16.2.2016.
[3] Haupt E et al. Benfotiamine in the treatment of diabetic polyneuropathy - a three-week randomized, controlled pilot study (BEDIP Study). Int J Clin Pharmacol Ther 2005; 43: 71-77
[4] Stracke H et al. Benfotiamine in diabetic polyneuropathy (BENDIP): Results of a randomised, double blind, placebo-controlled clinical study. Exp Clin Endocrinol Diab 2008; 116: 600-605
[5] Nix WA et al. Vitamin B status in patients with type 2 diabetes mellitus with and without incipient nephropathy. Diabetes Res Clin Pract. 2015 Jan;107(1):157-65
[6] Xie F et al. Pharmacokinetic Study of Benfotiamine and the Bioavailability Assessment Compared to Thiamine Hydrochlorid. J Clin Pharmacol. 2014 Jun; 54(6):688-95


Quelle: Pressemitteilung Aufklärungsinitiative „Diabetes! Hören Sie auf Ihre Füße?“