Eine Regierungskommission hat unlängst Vorschläge zur Reform der Krankenhausfinanzierung gemacht. Die Qualität der Medizin soll wieder in den Vordergrund rücken. Therapieentscheidungen seien bisher zu oft ökonomischen Erwägungen gefolgt, kritisierte Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach sinngemäß. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) begrüßt die Reformvorschläge zwar grundsätzlich. Sie sieht allerdings Nachbesserungsbedarf.

Die DDG erhebe schon lange die Forderung, dass in den Krankenhäusern Qualität vor Wirtschaftlichkeit stehen muss, heißt es in einer Pressemitteilung. Allerdings bleibe bei dem bisherigen Reformpapier unklar, wie das gelingen soll, ohne dass den Krankenhäusern künftig mehr Geld zur Verfügung stehen wird. Bei einem politischen Empfang wies die DDG darauf hin, dass die Verortung der Diabetologie in den drei stationären Versorgungsstufen klar definiert und die Versorgung besonders vulnerabler Gruppen wie Kinder und multimorbider, älterer Patienten besser berücksichtigt werden müsse.

Jeder fünfte Patient im Krankenhaus hat Diabetes. „Die Stoffwechselkrankheit ist eine der häufigsten Diagnosen bei stationär behandelten Patienten und muss professionell behandelt werden“, schreibt die Fachgesellschaft. Das geht laut DDG nur, wenn sich das auch auf allen drei Versorgungsstufen widerspiegelt, die das Reformpapier jetzt vorsieht: Krankenhäuser der Grund- bzw. Basisversorgung, der Regel- und Schwerpunktversorgung sowie Maximalversorger wie Universitätskliniken. „Alle Krankenhäuser in Deutschland müssen eine versorgungsstufenadaptierte qualifizierte Diabetesexpertise vorhalten“, fordert Professor Dr. Andreas Fritsche, Vizepräsident der DDG.

Fachpersonal an allen Kliniken

Im Rahmen eines parlamentarischen Abends mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik führte der Experte die Vorschläge weiter aus: In Kliniken der Basisversorgung sollte mindestens ein stationär beschäftigter oder ein kooperierender niedergelassener Diabetologe verfügbar sein. In der Regelversorgung muss die Klinik mit einem angestellten Diabetologen in Führungsverantwortung sowie entsprechendem Diabetesfachpersonal ausgestattet sein. In der Maximalversorgung sind eigenständige diabetologische Fachabteilungen rund um die Uhr vorzuhalten. „Einrichtungen mit diabetologischen Strukturen sollten finanzielle Zuschläge, Einrichtungen ohne diese Strukturen finanzielle Abschläge erhalten“, fordert Fritsche.

Allerdings müssen für die Umsetzung dieses Vorhabens auch personelle Kapazitäten aufgebaut werden, ergänzte der DDG-Vizepräsident. Das werde jedoch schwierig werden, weil nach den bisherigen Plänen kein zusätzliches Geld ins System fließen wird – außerdem fehle gerade in der Diabetologie der Nachwuchs. „Wir befürchten, dass mit den bisherigen Vorschlägen die stationäre Diabetologie weiterhin ausblutet und damit die ohnehin bedrohte Versorgung der vielen Menschen mit Diabetes prekär wird“, warnt Fritsche.

Leidtragende werden insbesondere vulnerable Gruppen sein – Kinder und Jugendliche mit Diabetes sowie ältere Patienten, die häufig an mehreren chronischen Krankheiten leiden, fürchtet die DDG. „Diese beiden Patientengruppen benötigen im Krankenhaus eine besondere medizinische Versorgung, die auch genug Raum für das Gespräch lässt – mit den Patienten, aber auch mit den Angehörigen“, betont Past-Präsidentin Professor Dr. Monika Kellerer. Die sprechende Medizin wird jedoch auch in dem jetzigen Reform-Vorhaben weder erwähnt noch gestärkt. „Wir müssen aufpassen, dass nicht wieder neue finanzielle Anreize entstehen, die zum wiederholten Male nicht das Patientenwohl in den Mittelpunkt rücken“, so Kellerer.

Ambulante Versorgung nicht überlasten

Ein weiteres Anliegen der Reform ist es, die Sektorengrenzen zwischen ambulant und stationär zu überwinden. „Ein Vorhaben, das wir schon lange fordern und grundsätzlich begrüßen“, betont die Past-Präsidentin. Doch schon heute findet ein Großteil der diabetologischen Versorgung im ambulanten Sektor statt. Wenn nach dem Reformvorhaben künftig noch mehr Patienten in der hausärztlichen bzw. fachärztlich-ambulanten Versorgung betreut werden sollen, würde das den bereits heute spürbaren Fachkräfte-Mangel verschärfen, warnt die DDG: Während die Zahl der Menschen mit Diabetes kontinuierlich steigt, sinkt die Zahl der Diabetologen. Die Expertin: „Der ambulante Sektor wird den großen Versorgungsbedarf nicht auffangen können – noch dazu, wenn aus den Kliniken noch mehr Fälle dort zu behandeln sind. Die Versorgung in der Diabetologie kann nur sichergestellt werden, wenn die stationäre Diabetologie gestärkt wird.“

Eine Reformierung der Krankenhausversorgung ist laut DDG dringend notwendig. Es sei jedoch noch viel Detailarbeit notwendig. Die Vorhaben des Reformpapiers können aus Sicht der Fachgesellschaft nur erfolgreich sein, wenn systematisch in Strukturen und Personal, vor allem in eine breite Präsenz der Diabetologie in den Kliniken investiert wird. „Wir wollen seitens der Diabetologie die Konvergenzphase nutzen, um unsere Empfehlungen einzubringen, so dass die Reform wirklich zu einer Revolution im Sinne der Patientinnen wird – und zwar aller“, so Monika Kellerer.


Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) | Redaktion