Einem Forscherteam ist im Tiermodell erstmals die erfolgreiche und sichere Transplantation von Inselzellen eines Schweins mittels einer künstlichen Bauchspeicheldrüse gelungen.

Diabetes mellitus Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung, die zur irreversiblen Zerstörung von insulinproduzierenden Betazellen, auch Inselzellen genannt, führt. In den letzten Jahrzehnten wurden erhebliche Fortschritte bei Betazellersatztherapien erzielt. Der Mangel an geeigneten Spenderorganen und die Notwendigkeit einer dauerhaften Unterdrückung des Immunsystems, um eine Abstoßung zu verhindern, schränken jedoch eine weiter verbreitete Anwendung dieser Strategien kritisch ein.

Bioreaktor erlaubt Transplantation ohne das Immunsystem zu beeinflussen

In einer aktuellen Publikation im Fachblatt "Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ (PNAS) präsentiert eine internationale Forschergruppe aus Diabetes-Spezialisten und Chirurgen um die Dresdner Wissenschaftler Privat-Dozentin Dr. Barbara Ludwig, Dr. Stefan Ludwig und Prof. Stefan R. Bornstein vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus eine experimentelle Studie mit einer künstlichen Bauchspeicheldrüse. Dieser Bio-Reaktor, entwickelt mit der israelischen Firma „Beta-O2 Technologies Ltd.“, erlaubt die Transplantation von artfremden, also xenogenen Inselzellen, ohne das Immunsystem zu beeinflussen. Die Forscher konnten in Kooperation mit dem Deutschen Primatenzentrum in Göttingen bei nicht-menschlichen Primaten eine stabile Transplantatfunktion und eine ausreichende Glukose-regulierte Insulinsekretion ohne die Notwendigkeit einer immunsuppressiven Medikation nachweisen. Diese Strategie eröffnet neue Möglichkeiten für eine breitere und sichere Anwendung verschiedener zellbasierter Therapien.

Spendermangel und Immunsuppression als limitierende Faktoren

Bislang ist die Transplantation von Inselzellen zur Behandlung von Typ-1-Diabetes auf Patienten beschränkt, deren Stoffwechsel infolge der Erkrankung eine kritische Instabilität erreicht hat. Dies ist insbesondere zum einen auf die Notwendigkeit einer permanenten Immunsuppression und zum anderen auf den Mangel an geeigneten Spenderorganen zurückzuführen. Obwohl in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte bei den Betazellersatztherapien erzielt werden konnten, begrenzen diese beiden Faktoren derzeit immer noch erheblich die weitverbreitete Anwendung dieser Therapieoption.

Kapsel schützt artfremde Zellen

Um diese Schwierigkeiten zu überwinden, entwickelten Dr. Ludwig und ihre Kollegen eine Strategie, um Inseln verschiedener Quellen in einer künstlichen, bioartifiziellen Bauchspeicheldrüse einzukapseln, was nach der Transplantation ihr Überleben und ihre Funktion ohne Immunsuppression erlaubt. In der aktuellen PNAS-Veröffentlichung beschreiben sie eine experimentelle Studie, in welcher eine solche bioartifizielle Bauchspeicheldrüse für die Transplantation von xenogenen Inseln in diabetische nicht-menschlichen Primaten implantiert wird, ohne dadurch das Immunsystem zu beeinträchtigen. „Wir konnten eine stabile Transplantatfunktion nachweisen. Die mit der Kapsel implantierten artfremden Inselzellen sorgten für eine ausreichende Glukose-regulierte Abgabe von Insulin in den Körper“, erläutert Dr. Barbara Ludwig, die gemeinsam mit dem Chirurgen Dr. Stefan Ludwig Erstautorin der Studie und mit dem Paul Langerhans Institut Dresden (PLID) sowie dem DFG-Center for Regenerative Therapies Dresden (CRTD), einem Exzellenzcluster der TU Dresden, assoziiert ist. „Eine Gabe von Medikamenten zur Unterdrückung des Immunsystems war durch die Kapsel, die nur das von den artfremden Zellen produzierte Insulin herauslässt, nicht notwendig.“

Neuer Ansatz mit Chancen

Prof. Stefan R. Bornstein, Direktor der Medizinischen Klinik III des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus, Letztautor der Studie und ebenfalls eng mit dem PLID und dem CRTD verbunden, beschreibt die Chancen dieses Ansatzes: „Vor dem Hintergrund des Mangels an geeigneten Pankreas-Spenderorganen eröffnet diese Strategie nun ganz neue Möglichkeiten für eine breitere und sichere Anwendung verschiedener zellbasierter Therapien.“ Das diese bahnbrechende Entwicklung mit Dresdner Beteiligung möglich wurde, ist kein Zufall. Die Diabetesforschung ist ein wesentlicher Schwerpunkt der Hochschulmedizin Dresden, mit dem Paul Langerhans Institut ist hier ein Partnerstandort des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD). Zudem gibt es einen für Europa einmaligen Verbund zwischen der TU Dresden und dem King’s College London – beide gründeten einen gemeinsamen transCampus. In der Insel-, Nieren- sowie Knochenmarktransplantation gehört der transCampus London - Dresden zu den größten Transplantationszentren der Welt.

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Publikation:
Favorable outcome of experimental islet xenotransplantation without immunosuppression in a nonhuman primate model of diabetes Barbara Ludwig, Stefan Ludwig, Stefan R. Bornstein et al.; PNAS, Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.1708420114

Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden