In der heutigen Zeit, in der viel über die kontinuierliche Messung und die sogenannten AID-Systeme (Automatic Insulin Delivery) diskutiert wird, stellt sich folgende Frage: Welche Zielgruppe soll blutig messen, und welche Vorteile könnte diese Messung aufzeigen.

Die Glucoseselbstmessung gehört für die meisten Menschen mit Diabetes zum Alltag – denn nur so ist es möglich, den Blutzucker unter Kontrolle zu bekommen. Viele Menschen mit Typ 1-Diabetes, aber auch einige mit einem Typ 2-Diabetes mit Insulintherapie messen heute mit den kontinuierlichen Glucosemesssystemen. In den letzten Jahren sind diese von verschiedenen Herstellern auf den Markt gebracht worden und erfreuen sich zunehmender Beliebtheit.

Marktsituation heute

Die Vorteile dieser Sensormessung liegt bei vielen Patienten auf der Hand. Durch eine kontinuierliche Verlaufsbeobachtung kann vor allem auch nachts der Glucosewert gut beobachtet und analysiert werden und Therapien entsprechend angepasst werden. Durch die Alarme bei zu niedrigen und zu hohen Werten, kann der Patient entsprechend reagieren und bekommt damit eine höhere Sicherheit. Und letztendlich durch die Trendberechnungen ist eine Therapieentscheidung vereinfacht. Aber auch gerade in der Pumpentherapie spielen Systeme, die mittels Algorithmen die Glucoseeinstellung zunehmend automatisieren, eine wichtige Rolle. Weiterhin wird heute aber auch diskutiert, ob Menschen mit einem neu entdeckten Typ 2-Diabetes mittels Glucose-Tracking ihr Verhalten nachhaltiger umstellen könnten.

Blutzuckermessung heute

Die Vielfalt der handelsüblichen Blutzuckermessgeräte ist nach wie vor groß. Patienten mit kontinuierlicher Glucosemessung wird empfohlen bei zweifelhaften Ergebnissen blutig zu kontrollieren. Aber auch nicht alle Patienten profitieren von einer kontinuierlichen Messung. Aktuell übernehmen beispielsweise die Kassen keine Finanzierung der Sensoren bei Menschen ohne Insulin. Aber auch unter Insulintherapie gibt es Patientengruppen, die lieber blutig messen oder aber tatsächlich eher ungeeignet für eine Sensormessung sind.

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Die technischen Möglichkeiten der BZ-Glucosemessungen haben sich stark weiterentwickelt.

Was ist gleich geblieben?

Bevor der Patient sich für ein Messgerät entscheidet, sollte er über die verschiedenen Eigenschaften, Vor- und Nachteile der einzelnen Geräte in einer Schulung informiert werden. Für welches Gerät sich der Patient letztendlich entscheidet, ist Geschmackssache und hängt von seinen individuellen Bedürfnissen ab. Vom Grundprinzip her sind die Geräte der gängigen Hersteller sowohl in Bezug auf die einfache Handhabung als auch hinsichtlich der Messgenauigkeit vergleichbar. Die üblichen Messgeräte erfassen den therapeutisch relevanten Blutglucosebereich zwischen 10 und 600 mg/ dl (0,6 -33,3 mmol/l). Als Abweichung zur Labormethode sind von der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) +/- 10 bis 15 % zugelassen. Zur Kontrolle der Messgenauigkeit wird empfohlen, regelmäßig eine Kontrolllösung zu verwenden. In den handelsüblichen Sets sind so genannte Stechhilfen enthalten, die zur möglichst einfachen und relativ schmerzlosen Blutgewinnung dienen. Die Stechtiefe kann bei allen neuen Geräten reguliert werden. Eine Händedesinfektion ist nicht notwendig, eine Reinigung der Hände mit Seife schließt jedoch mögliche Fehler aus.

Welche Patienten profitieren von einer blutigen Messung

Einige Patienten lehnen eine Sensormessung ab, weil sie durch Sichtbarkeit des Sensors eine Stigmatisierung fürchten. Auch viele Jugendliche oder Menschen mit einer Akzeptanzstörung äußern sich so, dass sie doch kein "Cyborg" sein wollen. Andere fürchten hier eine zu starke Transparenz in ihrem Verhalten, da die kontinuierliche Messung hier sehr viel zur Analyse freigibt.

Aber auch Patienten mit beispielsweise einer Angst- oder Zwangsstörung, die durch die kontinuierliche Konfrontation mit ihren Glucosewerten überfordert sind, sind nicht für eine Sensormessung geeignet. Das gilt auch für Patienten, die zwanghaft dann auf jeden Wert reagieren und damit ständig überreagieren. Manche Patienten fühlen sich aber auch durch die ständige "Be"-wertung ihrer Glucosewerte gestresst und verfallen in ein Diabetes-Burn-out. Diese Faktoren müssen dringend bei der Entscheidung pro – contra mit einfließen.

Anforderungen an moderne Blutzuckergeräte

Ein wichtiger Faktor für die Entscheidungsfindung ist die Bedienung und Benutzerführung des Messgerätes. Ältere Anwender bevorzugen in der Regel Geräte mit einem großen Display, eventuell mit zusätzlicher Lichtausstattung und einfacher Handhabung, die sich auf das ausschließliche Messen des Blutzuckers beschränkt. Jüngere Betroffene wünschen sich häufig eine Vielzahl an Zusatzfunktionen. Hierzu zählen Eingabemöglichkeiten für weitere Informationen, wie z. B. Kohlenhydrate, Insulinprofile, sportliche Aktivitäten sowie sonstige Ereignisse. Darüber hinaus wollen immer mehr Anwender im Messgerät gespeicherte Informationen mit Hilfe von Computersoftware auslesen. Um eine entsprechende Darstellung von Durchschnittswerten, Tagesprofilen sowie Animationen bestimmter Zusammenhänge zu ermöglichen, muss das Blutzuckermessgerät eine Speicherkapazität für mindestens 100 Messergebnisse haben. Die meisten Blutzuckermessgeräte verfügen heute über entsprechende Schnittstellen. Den meisten Anwendern ist zudem wichtig zu wissen, wie viel Blut benötigt wird und wie lange die Messung dauert. Die Geräte arbeiten zum Teil mit unterschiedlichen Verfahren. Bei der ersten Gerätegeneration wurde der Blutzuckerwert mittels enzymatischer Reaktion ermittelt. Aus heutiger Sicht bietet diese Messmethode der ersten Generation einige Nachteile, weil sie in der Regel deutlich größere Blutmengen (ca. 10-15 µl) erfordert, häufig eine längere Messdauer benötigt und eine höhere Anfälligkeit gegenüber Handhabungsfehlern, wie zum Beispiel zu geringe Blutmenge und Störfaktoren wie Temperatur- und Feuchtigkeit, aufweist. Die neueren Geräte bestimmen den Blutzucker mit Hilfe elektrochemischer (amperometrischer bzw. coulometrischer) Messverfahren. Die gemessene Stromstärke kann so in die entsprechende Blutzuckerhöhe übersetzt werden. Diese Mess-Systeme der zweiten Generation bieten einige Vorteile: In der Regel benötigen sie deutlich weniger Blut (1 und 5 µl/Messung) und sind weniger störanfällig. Derzeit liegt die Zeitspanne, die pro Messung benötigt wird, je nach Gerät zwischen 5 und 30 Sekunden, die erforderliche Blutmenge zwischen 0,3 und 3,0 µl. Da viele Patienten Probleme mit der Blutgewinnung an den Fingerspitzen haben, ist die benötigte Blutmenge ein entscheidendes Kriterium. Bei vielen Geräten ist es aufgrund der geringen Blutmenge (0,3- 1,0 µl) auch möglich, an alternativen Mess-Stellen wie zum Beispiel Unterarm oder Handballen zu messen. Allerdings sind erhebliche Differenzen zwischen Blutzuckerwerten am Unterarm und Finger festzustellen, wenn sich der Blutzucker besonders schnell ändert (Veränderung um mehr als 100 mg/dl pro Stunde), z.B. nach dem Essen oder während sportlicher Aktivitäten. Bei diesen schnellen Blutzuckerveränderungen hinkt der kapillare Blutzucker am Unterarm um durchschnittlich eine halbe Stunde hinterher.

Teststreifenanforderungen

Die Vielzahl der Teststreifen ist genauso mannigfaltig wie die dazugehörigen Geräte. Manche Streifen sind größer und liegen damit vor allem älteren Menschen oder Menschen mit motorischen Störungen gut in der Hand. Auf der anderen Seite erfordern größere Teststreifen auch größere Aufbewahrungsboxen. Manche Hersteller haben jeden einzelnen Teststreifen einzeln verpackt, um ihn vor Luftfeuchtigkeit zu schützen. Diese können dann auch einzeln transportiert werden. Andere bevorzugen wiederum Geräte mit integrierten Messstreifen.


Autorin:
Dr. oec. troph. Astrid Tombek
Leiterin Diabetes- und Ernährungsberatung
Diabetes Zentrum Mergentheim
Theodor-Klotzbücher-Straße 12, 97980 Bad Mergentheim


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2022; 34 (6) Seite 33-34