Ein spannendes Vortragsprogramm und hochkarätige Referent:innen bescherten der diesjährigen Jahrestagung des VDBD einen Teilnahmerekord. Rund 330 Diabetesfachkräfte investierten am 21. September ihren freien Samstag, um sich zu aktuellen Themen fortzubilden.
Das breite Themenspektrum der Online-Fortbildung reichte von "Abnehmspritze statt Diabetesberatung?" mit Prof. Dr. med. Julia Szendrödi und der "Rolle der Diabetesberatung auf der Intensivstation" mit Dr. med. Michael Fiedler über "Ein Schulungsprogramm für das Disesase-Management-Programm Adipositas", erläutert von Prof. Dr. Bernhard Kulzer bis hin zu einem kritischen Blick auf nicht-invasive Glukosemessung von Dr. Manuel Eichenlaub und einem praktischen Ausflug in die Tabuthemen der Diabetesberatung mit Diabetesberaterin Gülcan Celen.
Dass eine virtuelle Tagung keine Einbahnstraße sein muss, zeigten die vielen Fragen und Rückmeldungen der Zuhörerinnen und Zuhörer, die über die Chatfunktion eingingen. Moderiert und begleitet wurde die diesjährige Tagung von der Geschäftsführerin der VDBD AKADEMIE Dr. Gottlobe Fabisch und den VDBD-Vorstandsmitgliedern Dr. Lars Hecht und Theresia Schoppe.
Das Moderatoren-Trio.
Abnehmspritze statt Diabetesberatung?
GLP-1-Rezeptor-Agonisten, in den Medien als Life-Style-Wundermittel zur Gewichtsreduktion gehypt, bieten erhebliche Chancen für die Behandlung von Diabetes. Der Frage, ob die GLP-1-RA eine professionelle Diabetesberatung überflüssig machen, erteilte Prof. Julia Szendrödi jedoch eine klare Absage. Eine erfolgreiche Diabetesbehandlung setzt weit mehr als die reine Einnahme von Medikamenten voraus, erläuterte die DDG-Vizepräsidentin und ärztliche Direktorin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Stoffwechselkrankheiten und Klinische Chemie an der Universitätsklinik Heidelberg. GLP-1-RA unterstützen den Körper dabei, den Blutzuckerspiegel zu regulieren und gleichzeitig den Appetit zu zügeln – eine bedeutsame Wirkungskombination für Menschen mit Diabetes Typ 2. Dennoch hat diese medikamentöse Therapie ihre Grenzen. Ohne eine Lebensstilanpassung, die Ernährungsweise und Bewegung einbezieht, kann das volle Potenzial der Medikamente nicht ausgeschöpft werden, erläuterte die Diabetologin.
Diabetesberatung ein Erfolgsfaktor
Nicht zu unterschätzen ist laut Prof. Szendrödi, dass viele Menschen die medikamentöse Behandlung mit GLP-1-RA nach wenigen Monaten abbrechen. "Die Gründe dafür sind vielfältig – vermutlich spielen überhöhte Erwartungen an die Effekte eine Rolle, insbesondere was den Gewichtsverlust betrifft. Oder es treten unerwartete Nebenwirkungen auf", so Szendrödi. Therapietreue ist entscheidend: Die besten Medikamente nützen nichts, wenn die Patientinnen und Patienten sie nicht konsequent einnehmen. "Deshalb ist es so wichtig, sie engmaschig zu begleiten, ihre Erwartungen realistisch zu gestalten und ihnen zu helfen, mögliche Nebenwirkungen besser zu verstehen", betonte die Diabetologin.
Untersuchungen zeigen, dass Patientinnen und Patienten, die zusätzlich zur medikamentösen Therapie eine intensive Schulung und Beratung durch Diabetesberater:innen und Diabetesassistent:innen erhalten, langfristig bessere Behandlungserfolge erzielen. Diabetes ist nicht nur eine komplexe physische Erkrankung, auch auf psychosoziale Faktoren, wie Stress oder Zugang zu gesunden Lebensmitteln, muss in der Behandlung und Beratung eingegangen werden.
Die GLP-1-Rezeptor-Agonisten sind ohne Frage ein Fortschritt, der jedoch nicht die individuelle Beratung ersetzt. "Wir müssen den Menschen helfen, ihre Krankheit zu verstehen und ihnen zeigen, wie sie mit Diabetes gut leben können – nur so lässt sich die Therapie langfristig erfolgreich gestalten." Dabei unterstützen Diabetesberater:innen und Diabetesassistent:innen mit strukturierten Schulungen und Beratungen, die auch eine gemeinsame Entscheidungsfindung und das Umfeld der Patientinnen und Patienten berücksichtigen, so das Fazit von Professorin Szendrödi.
Text: VDBD
Erschienen in: Diabetes-Forum, 2024; 36 (11) Seite 48-49