Mitte des Jahres wird es das rosafarbene Papierrezept langsam ablösen: das elektronische Rezept (E-Rezept). Ab 2022 gehört das rosa Rezept in Papierform dann endgültig der Vergangenheit an. Was bedeutet die Umstellung für Deutschlands Diabetesexperten und Apotheken und letztlich für die Patienten?

Ich brauche dringend wieder Insulin und neue Teststreifen!“ „Herr Doktor, bitte stellen Sie mir ein Rezept für mein Metformin und meine Blutdrucktabletten aus.“ Mal rufen die Patienten für ihre Rezeptwünsche an oder senden eine E-Mail, mal kommen sie direkt in die ärztliche Sprechstunde, mal holen sie ihr Rezept nur an der Empfangstheke ab.

Diese seit Jahrzehnten praktizierten, mehr oder weniger holperigen Praxisabläufe rund um die Verschreibung von Arzneimitteln in Deutschland werden bald ein Ende haben bzw. effizienter gestaltet sein: durch das elektronische Rezept, das zunächst das klassische Arzneimittelrezept ersetzen wird.

Jahrelange Erprobungsphase

Die schrittweise Einführung des E-Rezepts war in den letzten Jahren bereits in über 50 Modellregionen erprobt worden (Baden-Württemberg gilt hier übrigens als Vorreiter mit dem telemedizinischen Projekt „GERDA“ im Rahmen von „Docdirekt“). Nach dem Gesetz zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG)“ für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung, das im Oktober 2020 in Kraft trat, wird das E-Rezept nun offiziell eingeführt.

Neben verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sollen auch alle weiteren Leistungen wie Heil- und Hilfsmittel oder häusliche Krankenpflege schrittweise elektronisch verordnet werden.

Das neue E-Rezept will vor allem eine bessere Übersicht über die verordneten Arzneimittel schaffen. Konkret bedeutet das: Mit der Einführung des E-Rezepts erhalten die Apotheken über die Software-Systeme der Praxen ein zentrales Fach, den sog. gematik-Ordner, in dem alle Verordnungen auf einen Blick gespeichert und nicht wie bisher in verschiedenen Softwaresystemen hinterlegt sind.

Ob der einzelne Patient die verordneten Arzneimittel verträgt oder unerwünschte Neben- und Wechselwirkungen auftreten, lässt sich so früher erkennen. Das E-Rezept biete laut Bundesgesundheitsministerium weitere digitale Anwendungen für Patienten, etwa eine Erinnerungsfunktion zur Medikamenteneinnahme oder ein Medikationsplan, mit dem sich Wechselwirkungen kontrollieren lassen.

Mittelfristig könne das E-Rezept auch teure Mehrfachverordnungen vermeiden, erklärt der Rechtsanwalt und Software-Experte Oliver Ebert. „Für diabetologische Schwerpunktpraxen hat das E-Rezept beispielsweise im Bereich der Dauerverordnung, wie für Insulin, Teststreifen und CGM-Sensoren, einen Vorteil, denn es vereinfacht die Ausstellung schon sehr“, betont er.

Ab Juli parallel zum Papierrezept

Eingeführt wird das E-Rezept ab 1. Juli 2021 für gesetzlich Versicherte – bei den Privatrezepten bleibt es vorläufig beim Papierausdruck – auch nach der Übergangszeit für das E-Rezept, die im Dezember 2021 endet. Das heißt: Für verschreibungspflichtige Medikamente und andere Verordnungen können Arztpraxen – neben dem E-Rezept – auch noch weiterhin Rezepte auf Papier ausstellen. Ab 1. Januar 2022 gibt es dann nur noch das E-Rezept, das die Patienten in der Apotheke vor Ort oder bei Online-Apotheken im Internet einlösen können.

Alle Ärzte mit Kassenzulassung, also auch Deutschlands niedergelassene Diabetologen, brauchen dazu für ihre Praxissoftware ein Update, damit sie E-Rezepte erstellen können. Die Verschreibung funktioniert wie gewohnt im Praxisverwaltungssystem. Mit einem einfachen Klick kann die elektronische Signatur für das E-Rezept ausgelöst werden, das dann direkt in der Telematikinfrastruktur verschlüsselt gespeichert wird.

Das E-Rezept – 2021 parallel noch Papierrezepte möglich


Schon 2018 haben wir im Diabetes-Forum über erste Modellversuche berichtet, ab Juli ist es Realität: das E-Rezept. Alle Ärzt:innen, die über die Praxissoftware (PVS) medatixx, Medisoftware und J-Med verfügen, können die E-Rezepte innerhalb der PVS ausstellen. Praxen, die andere Arztsoftwaresysteme nutzen, sind über eine Browserschnittstelle dazu berechtigt. Die Patient:in kann dann über den entsprechenden QR-Code in der Apotheke das Rezept einlösen.

Weitere Infos gibt es bei der zuständigen Ärztekammer oder auf www.gematik.de

Der Patient erhält im Anschluss seine Rezeptdaten über einen QR-Code, der in der Apotheke abgerufen werden kann. Dieser Code ist in der E-Rezept-App der gematik zu finden und wird zum Rezepteinlösen immer benötigt. Die Apotheke liest den QR-Code entweder über das Smartphone des Patienten aus oder scannt das Rezept mit dem Code in Papierform ein. Dann werden die entsprechenden Medikamente ausgehändigt. „Bislang war das Papierrezept die eigentliche Verordnung, jetzt bietet das E-Rezept den Zugriff auf die Verordnung“, sagt Oliver Ebert.

Das neue Rezept besteht also aus zwei Teilen – dem QR-Code und der digitalen Verordnung. In einer weiteren Ausbaustufe können später auch die Verordnungen direkt in der E-Rezept-App angezeigt werden. So bleibt für die Patienten nicht mehr nur der kryptische Code als Rezeptinformation.

Der Patient kann das E-Rezept auch von der Arztpraxis digital direkt an seine Apotheke senden lassen und muss dafür nicht mehr extra in die Arztpraxis kommen – sofern dies von ärztlicher Seite so angezeigt ist. Dies gilt auch für die Folgerezepte. Eine weitere Option ist, noch beim Praxisbesuch und auf Wunsch des Patienten den QR-Code auf elektronischem Weg in die Apotheke ihrer Wahl zu schicken.

Drei Viertel aller Apotheken schon angeschlossen

Die ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) berichtete Mitte März in einer Presseinfo, dass die Mehrheit der Apotheken in Deutschland an die sog. Telematik-Infrastruktur in Deutschland angeschlossen sei. Zum 1. Juli 2021 „dürften alle Betriebe ausgestattet und in der Lage sein, elektronische Verordnungen zu verarbeiten“, erklärt der Verband. Nach einer aktuellen Auswertung des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) seien bislang 75 Prozent aller Apotheken mit etwa 14.000 sog. E-Health-Konnektoren ans Gesundheitsnetz angebunden.

Wie sicher sind die Daten?

Bleibt noch die Frage nach dem Datenschutz: Nach Angaben der gematik erfolgt der Datenaustausch via gesicherter Datenübertragung. Die Verordnungsdaten sind alle verschlüsselt und liegen getrennt vom QR-Code auf deutschen Servern. Der Code wiederum kann nur von den beteiligten Apotheken ausgelesen werden.

Sollte beim Arzt der Provider mal ausfallen bzw. die Verbindung zur Telematikinfrastruktur nicht funktionieren – bei Hausbesuchen und fehlender Internetverbindung ist das z. B. gut möglich – gilt das rosa Rezept (Muster 16) weiterhin, nur eben als Ersatz.


Autorin:
Angela Monecke
Redaktionsbüro Angela Monecke
Kopenhagener Str. 74, 10437 Berlin


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2021; 33 (5) Seite 6-7