Eine spezielle Gruppe weißer Blutkörperchen, die „regulatorischen T-Zellen“, halten das Immunsystem im Gleichgewicht und bremsen dessen Aktivität, um den Körper vor Autoimmunerkrankungen zu schützen. Wissenschaftler am DZNE in Bonn und an der Universität Bonn haben nun einen neuen Mechanismus entdeckt, mit dem regulatorische T-Zellen speziell im Fettgewebe Entzündungen hemmen. Der Mechanismus spielt eine wichtige Rolle bei der Verhinderung von Typ-2-Diabetes, denn ein überaktives Immunsystem im Fettgewebe kann eine Insulinresistenz befördern und damit zu der Stoffwechselerkrankung beitragen. Die Studie ist nun in der Zeitschrift „Immunity“ veröffentlicht.
Das Immunsystem schützt den Körper vor Infektionskrankheiten. Wird es aber zu aktiv, kann sich das negativ auswirken. Nicht nur Autoimmunerkrankungen können die Folge sein – Entzündungsreaktionen können indirekt auch zu neurodegenerativen Erkrankungen oder zu Typ-2-Diabetes beitragen.
Regulatorische T-Zellen halten das Immunsystem unter Kontrolle. Sie zirkulieren in der Blutbahn oder residieren in bestimmten Geweben, um dort lokalen Entzündungen entgegenzuwirken. „Die Rolle von regulatorischen T-Zellen im Fettgewebe ist gut untersucht“, sagt Marc Beyer, Wissenschaftler am DZNE, der in seiner Zeit als Gruppenleiter an der Universität Bonn die Studie gemeinsam mit Joachim Schultze initiiert hat. „Sie halten das Gewebe gesund und wirken so der Entwicklung von Typ-2 Diabetes entgegen“. Aber wie sie diese Aufgabe erfüllen, wurde bisher nicht untersucht. Nun zeigten Beyer, Schultze und ihre Teams, dass ein Protein namens 15-Hydroxyprostaglandin-Dehydrogenase – kurz HPGD – für die Funktion dieser Zellen eine Schlüsselrolle spielt.
Ein neuer Mechanismus für regulatorische T-Zellen
Sowohl bei Menschen als auch bei Mäusen, so stellten die Forscher fest, ist HPGD in regulatorischen T-Zellen besonders angereichert. Es baut ein Gewebshormon namens Prostaglandin E2 ab, das gerade im Fettgewebe in hoher Konzentration vorhanden ist. Das Abbauprodukt selbst aktiviert dann wiederum andere Faktoren, die das Immunsystem dämpfen können. „HPGD hat im Körper eine ganze Reihe von Funktionen, aber über seine Rolle im Immunsystem war bisher noch nichts bekannt“, sagt Schultze, Arbeitsgruppenleiter am DZNE und am LIMES-Institut der Universität Bonn.
Die Funktion von HPGD untersuchten die Forscher dann genauer, indem sie Mäuse züchteten, denen dieses Protein speziell in regulatorischen T-Zellen fehlte. Die Abwesenheit von HPGD machte sich vor allem bei älteren Mäusen bemerkbar – hier häuften sich Immunzellen im Fettgewebe an. „Wir vermuten, dass Entzündungsprozesse mit der Zeit langsam voranschreiten. Wenn den regulatorischen T-Zellen HPGD fehlt, können sie dem nichts mehr entgegensetzen und der entzündliche Prozess nimmt überhand“, sagt Schultze.
HPGD und Typ-2-Diabetes
Darüber hinaus führte bei Mäusen, denen HPGD in den regulatorischen T-Zellen fehlte, eine fetthaltige Nahrung leicht zu einer Insulinresistenz. Bei Menschen, so zeigten die Bonner Wissenschaftler schließlich, besteht ebenfalls ein Zusammenhang zwischen HPGD und Typ-2-Diabetes: Bei Diabetes-Patienten war HPGD in regulatorischen T-Zellen reduziert.
HPGD in regulatorischen T-Zellen, so schlossen die Bonner Wissenschaftler, schützt also vor Entzündungen im Fettgewebe und vor Typ-2-Diabetes. „Vermutlich geht die Bedeutung von HPGD zumindest bei Menschen aber noch darüber hinaus“, meint Beyer. „HPGD ist bei Menschen auch in regulatorischen T-Zellen im Blut angereichert, es hat also vermutlich eine generelle Funktion. Somit könnte der Mechanismus auch bei neurodegenerativen Erkrankungen eine Rolle spielen.“
Quelle: Mitteilung Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)