Im Rahmen eines internationalen Netzwerks startet das Helmholtz Zentrum München ab sofort ein bislang einzigartiges Programm zur Vorbeugung von Typ-1-Diabetes bei Kindern in Bayern. Allen Eltern wird mit der Freder1k-Studie eine freiwillige Früherkennungsuntersuchung für ihre Neugeborenen bis zum Alter von drei Monaten angeboten. Ebenfalls teilnehmen können Babys aus ganz Deutschland, deren Eltern oder Geschwister Typ-1-Diabetes haben. Ergibt der Test ein erhöhtes Risiko, an Typ-1-Diabetes zu erkranken, kann das Kind an einer Präventionsstudie teilnehmen. Deren Ziel ist es, den Ausbruch der Erkrankung zu verhindern.

Freiwillige Früherkennungsuntersuchung für Neugeborene bis zum Alter von 3 Monaten

Typ-1-Diabetes ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter, in Deutschland sind zwischen 21.000 und 24.000 Kinder und Jugendliche betroffen. Die Rate der Neuerkrankungen steigt seit einigen Jahren deutlich an, derzeit um jährlich drei bis fünf Prozent. Typ-1-Diabetes entwickelt sich schleichend: Bevor die ersten Symptome auftreten, attackiert das kindliche Immunsystem körpereigene Strukturen. Forschungsergebnisse der letzten Jahre – unter anderem aus dem Institut für Diabetesforschung am Helmholtz Zentrum München – geben Anlass zu der Hoffnung, dass sich diese Autoimmunreaktion und somit die Erkrankung an Typ-1-Diabetes im Baby- und Kleinkindalter verhindern lässt.

Die Freder1k-Studie, die ab sofort in Bayern beginnt, soll die Kinder identifizieren, die davon profitieren könnten. Freder1k bietet Eltern die Möglichkeit, ihr Kind zusammen mit dem regulären Neugeborenen-Screening oder bis zum Alter von drei Monaten beim Kinderarzt auf das Risiko, Typ-1-Diabetes zu entwickeln, untersuchen zu lassen. Für die Teilnahme benötigt der Arzt nur wenige Tropfen Blut. Ergibt sich beim Test ein erhöhtes Risiko, erhält die Familie eine umfassende Betreuung. Ihr Kind kann in eine Studie mit dem Ziel der Prävention von Typ-1-Diabetes aufgenommen werden

Im Kirchheim-Shop:

Freder1k

Freder1k-Studie in Sachsen: Typ-1-Diabetes-Risiko früh erkennen - Ein Ratgeber für Eltern und Kinder
K. Lange; 1. Auflage 2016; 9,50 €
zum Kirchheim-Shop

Insulinpulver über die Mundschleimhaut soll fehlgesteuerte Immunreaktion vermeiden

„Mit dem Start von Freder1k treiben wir die Prävention von Typ-1-Diabetes weiter entscheidend voran. Denn dadurch haben wir erstmals die Möglichkeit, das Immunsystem frühzeitig so zu trainieren, dass die fehlgesteuerte Immunreaktion vermieden werden kann. Das wollen wir mit der Gabe von Insulinpulver über die Mundschleimhaut erreichen und so langfristig womöglich Typ-1-Diabetes verhindern“, sagt Studienleiterin Prof. Dr. Anette-Gabriele Ziegler, Direktorin des Instituts für Diabetesforschung am Helmholtz Zentrum München.

Ein 2016 begonnenes Modellprojekt in Sachsen erhält bei Eltern bereits großen Zuspruch. Unter der Leitung des DFG-Forschungszentrum für regenerative Therapien Dresden (CRTD) werden dort aktuell rund 400 Kinder pro Woche untersucht. Auch in Niedersachsen plant das koordinierende Kinder- und Jugendkrankenhaus Auf der Bult in Hannover, die Untersuchung anzubieten. Deutschland ist mit Freder1k internationaler Vorreiter. In den kommenden Monaten steigen Kliniken und Ärzte in Schweden, Polen, Belgien und Großbritannien ebenfalls mit ein. Es handelt sich um eins der größten von akademischen Institutionen initiierten Studienprogramme in Europa.

„Prävention ist die Medizin der Zukunft“

„Die Früherkennung und mögliche zukünftige Präventionsmaßnahmen vor Diabetes mellitus haben in Zukunft womöglich den gleichen gesundheitserhaltenden Stellenwert, wie das bewährte Konzept der Schutzimpfungen gegen schwere Infektionskrankheiten heute“, ist Dr. Martin Lang, Vorsitzender des bayerischen Berufsverbands für Kinder- und Jugendärzte überzeugt. „Nach der extrem erfolgreichen Fr1da-Studie freuen wir in der ambulanten Pädiatrie in Bayern uns sehr, einen wertvollen und weltweit beachteten Beitrag zur Diabetesforschung und zur Weiterentwicklung der Diabetesprävention leisten zu können.“

„Prävention ist die Medizin der Zukunft. Doch nur bei wenigen chronischen Erkrankungen ist es wie hier beim Typ-1-Diabetes möglich, bereits bei der Geburt ein Risiko zu identifizieren und die Krankheit durch frühzeitiges Eingreifen möglicherweise zu verhindern“, sagt die Präsidentin der Bayerischen Gesellschaft für Geburtshilfe und Frauenheilkunde, Prof. Dr. Marion Kiechle. „Deshalb liegt es mir sehr am Herzen, das Projekt zusammen mit unseren Gynäkologen und Geburtshelfern zu unterstützen.“

Freder1k und die Primärpräventionsstudie sind Teil der Globalen Plattform zur Prävention des Autoimmunen Diabetes (GPPAD), einem internationalen Netzwerk aus Forschung und Medizin, deren Ziel eine Welt ohne Diabetes ist. Die US-amerikanische Stiftung Helmsley Charitable Trust fördert die Initiative als Geldgeber. Die Studie wird vom Helmholtz Zentrum München in Zusammenarbeit mit dem Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München durchgeführt. Der Berufsverband der bayerischen Kinder- und Jugendärzte und die Gesellschaft für Geburtshilfe und Frauenheilkunde unterstützen die Initiative.


Quelle: Pressemitteilung des Helmholtz Zentrum München (HZM)