Hormonelle Veränderungen bei Frauen in den Wechseljahren wirken sich auf den gesamten weiblichen Körper aus. Nichts wird ausgespart. Professor Reinhard Zick sagt Ihnen, worauf Sie als Therapeut achten sollten.

Der Zeitabschnitt, in dem die Ovarialfunktion bei der Frau erlischt, wird als Klimakterium bezeichnet. In der Umgangssprache sind für diese Lebensphase auch die Begriffe Wechsel- oder auch Stufenjahre geläufig. Der Wechsel betrifft vor allem hormonelle Veränderungen deren Folgen kein Organ des weiblichen Körpers und auch nicht die Psyche aussparen.

Die einzelnen Zeitabschnitte des Klimakteriums lassen sich an Hand der STRAW-Nomenklatur sehr übersichtlich beschreiben (Abbildung 1). Dabei steht STRAW für Stage of reproductive Aging Workshop. Diese Nomenklatur wurde zuerst 2001 publiziert und 2011 überarbeitet.

Menopause: Meist zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr

Mit der Menopause wird der Zeitpunkt der letzten funktionellen Blutung bezeichnet. Das mittlere Alter der Frauen zum Zeitpunkt der Menopause beträgt 51 Jahre und 95 % haben ihre Menopause zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr.

Die Perimenopause bezeichnet die Phase vor und nach der Menopause. Als Menopausale Transition wird die Zeit der Perimenopause bis zur letzten spontanen Menstruation benannt. Das Jahr danach gehört defintionsgemäß noch zur Perimenopause da die Postmenopause erst ein Jahr nach der letzten Blutung beginnt. Ihr Beginn kann demnach wie der Zeitpunkt der Menopause nur retrospektiv bestimmt werden. Ab dem 65. Lebensjahr beginnt das Senium.

In der Menopausalen Transition verliert der monatliche Zyklus seine Regelmäßigkeit. Die Zykluslänge kann zunächst nur um mehr als 7 Tage variieren um im weiteren Verlauf in längere amenorrhoische Pausen (>60 Tage) überzuleiten. Mit dem Eintritt in die Postmenopause und dem Ausbleiben des Zyklus endet der reproduktive Lebensabschnitt der Frau.

Veränderungen im Hormonverlauf während der Perimenopause

Während der Perimenopause nehmen die ovariellen Follikel von 1 bis 2 Millionen auf zuletzt ca. 1 000 Follikel ab. Als Folge davon kommt es zu einer verminderten Produktion von Inhibin B, das in den Granulosazellen der Ovarien gebildet wird und bekanntermaßen die FSH-Freisetzung aus der Hypophyse bremst. Diese Verbindung erklärt den Anstieg von FSH und später auch von LH in der Peri- und Postmenopause. Beide Gonatropine fallen erst in der späten Postmenopause und im Senium wieder ab.

Das Anti-Müller-Hormon (AMH) wird in den Granulosazellen heranwachsender Follikel im Eierstock gebildet. Zwischen dem AMH-Spiegel und der Anzahl reifungsfähiger Eizellen besteht ein direkter Zusammenhang. Deshalb ist es nicht verwunderlich dass die AMH Spiegel bereits in der späten reproduktiven Phase mit dem Rückgang der Follikelzahl abfallen und vor dem Anstieg von FSH auf den baldigen Beginn der Perimenopause hinwiesen.

In der Perimenopause nimmt die Zahl der anovulatorischen Zyklen stark zu. Es kommt durch die erhöhten FSH-Spiegel zu einer endogenen Überstimulation mit stark schwankenden und zum Teil auch überhöhten Östradiolspiegeln.

Mit Ausbleiben des Eisprunges wird in der zweiten Zyklushälfte weniger Progesteron durch Fehlen der Umwandlung zum Gelbkörper gebildet. Durch die niedrige oder fehlende Progesteronwirkung bleibt die sekretorische Umwandlung und Differenzierung des Endometriums aus. Die allein wirksame und häufig gesteigerte proliferative Östradiolwirkung führt zu einer Hyperplasie des Endometriums und damit verbundenen verstärkten und schmerzhaften Regelblutungen. Das Ausbleiben des Corpus luteum oder die Lutealinsuffizienz kann sich auch in Form von Schmierblutungen im zweiten Teil des Zyklus bemerkbar machen.

Während die Perimenopause noch von stark schwankenden und teilweise überhöhten Östradiolspiegeln gekennzeichnet ist dominiert in der Postmenopause und im Senium der Östrogenmangel mit seinen Folgen an den unterschiedlichsten Organen.

Häufige Symptome im Rahmen der Peri- und Postmenopause

Die bei 50 bis 80 % aller Frauen im Rahmen der Peri- und Postmenopause auftretenden klimakterischen Beschwerden werden von den betroffenen unterschiedlich wahrgenommen: etwa 20 % empfinden sie als schwach, 40 % als mäßig stark und bei 10 % sind sie so ausgeprägt dass ihre Arbeitsfähigkeit stark eingeschränkt oder auch nicht mehr vorhanden ist. Nur 10 % der Frauen sind in der Peri- und Postmenopause beschwerdefrei.

Als konsistente Symptome gelten Hitzewallungen, Schweißausbrüche und vaginale Trockenheit. Als weniger konsistent werden Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Harnbeschwerden und sexuelle Probleme angesehen.

Vasomotorische Symptome

Die Hitzewallungen und Schweißausbrüche sind auf die stark schwankenden und sinkenden Östrogenspiegel zurückzuführen.

Das Hitzegefühl beginnt meist im Brustbereich und breitet sich über Oberarme Hals und Gesicht aus. Es tritt gemeinsam mit einer Hautrötung auf in Verbindung mit mehr oder weniger ausgeprägten Schweißausbrüchen. Die Beschwerden dauern meist nur wenige Minuten. Die Häufigkeit dieser vasomatorischen Beschwerden ist sehr variabel. Einige Frauen beobachten nur wenige dieser Episoden, während sie bei anderen bis zu 30 Mal innerhalb von 24 Stunden auftreten können.

Die Hitzewallungen und Schweißausbrüche beginnen häufig prämenopausal und dauern bei etwa 80 % länger als 1 Jahr. Neuere Daten belegen aber auch dass viele Frauen bis zu 10 Jahren unter diesen Beschwerden leiden können.

Vaginale Trockenheit

Durch den zunehmenden Östrogenmangel kommt es in der Postmenopause zu der urogenitalen Atrophie. Zwei Artikel dieser Ausgabe befassen sich schwerpunktmäßig mit der Diagnostik und Therapie der Vulvovaginalen Atrophie die im Gegensatz zur erektilen Dysfunktion des Mannes im ambulanten Alltag kaum eine Rolle spielt obwohl 10 bis 40 % aller postmenopausalen Frauen unter den Folgen der Vulvovaginalen Atrophie leiden.

Die charakteristischen Veränderungen im Genitalbereich führen zu Beschwerden die das Sexualleben zunehmend einschränken wenn nicht sogar zum Erliegen bringen.

Organveränderungen

Durch den zunehmenden Östrogenmangel in der Postmenopause und im Senium kommt es nicht nur am Urogenitaltrakt zu typischen Veränderungen sondern es sind viele weitere Organe betroffen von denen stellvertretend der Knochen und die Haut erwähnt werden sollen. Auf die sehr differenzierte und weiterhin nicht unumstrittene Therapie des Östrogenmangels im Klimakterium und im Senium wird in diesem Schwerpunkt nur im Zusammenhang der Vulvovaginalen Atrophie eingegangen.

Knochenmassenverlust

Im Knochen besteht ein fein reguliertes Verhältnis zwischen Knochenauf- und abbau oder zwischen den Osteoblasten und Osteoklasten. Durch den Östrogenmangel kommt es bei der Frau in der Postmenopause und im Senium zu einer verstärkten Aktivität der Osteoklasten.

Parallel dazu wird durch eine Verminderung der Parathormonproduktion durch eine erniedrigte Aktivität des Enzyms a-Hydroxylase in der Niere weniger aktives Vitamin D3 gebildet, so dass auch weniger Kalzium über den Dünndarm aufgenommen wird. Diese Veränderungen machen verständlich warum zwischen der Östradiolkonzentration und dem Knochenmassenverlust eine inverse Korrelation besteht.

Die in der Postmenopause abnehmende Muskelkraft verursacht zusätzlich einen biomechanisch bedingten Knochenabbau, da der mechanische Reiz für den Knochenaufbau mit abnehmender Muskelkraft schwindet. Diese pathophysiologischen Zusammenhänge machen verständlich warum Frauen vier bis fünf Mal häufiger von einer Osteoporose betroffen sind als Männer und Frakturen bei ihnen früher und häufiger auftreten.

Die ganze Dramatik spiegelt sich in den epidemiologischen Daten wider, dass jede dritte postmenopausale Frau an einer Osteoporose bedingten Fraktur erkrankt und dass in Deutschland zur Zeit knapp 18 Millionen Frauen leben die älter als 50 Jahre sind und kurz vor oder bereits in der Postmenopause sind.

Diese Daten machen verständlich warum jede Frau bereits in der Perimenopause osteologisch untersucht werden sollte und die Bestimmung des Vitamin D3 Serumspiegels obligat sein sollte, da die Umwandlung von 7-Dehydrocholesterol zu Cholecalciferol (Vitamin D3) in der Haut alters bedingt stark abfällt. Vergleicht man bei gleicher Zeit bezogener Sonnenexposition die Vitamin D3 Produktion der Haut einer 20-jährigen Frau mit der einer 60-jährigen so liegt der Unterschied zu Ungunsten der älteren Patientin bei nahezu 80 %.

In diesem Zusammenhang sollte nicht unerwähnt bleiben dass die Hautkrebs-Präventions-Kampagnen dafür gesorgt haben, dass sich im Sommer kaum noch jemand ohne einen Lichtschutzfaktor in schwindelerregender Höhe ins Freie traut und damit durch Ausbremsen der UVB-Strahlen seine eigene Vitamin D3 Produktion in der Haut zum Erliegen bringt.

Besonders fatal wird die Situation für die postmenopausalen Frauen wenn sie zusätzlich nördlich des 52. Breitengrades wohnen. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von Städten wie Berlin, Braunschweig, Osnabrück und Hannover. In den Monaten von Oktober bis März gelangen die für die Vitamin-D3-Produktion der Haut benötigten UVB-Strahlen auf Grund des zu flachen Einfallwinkels der Sonne nicht in der passenden Menge bis auf die Erde und bringen an diesen Orten die Vitamin D3 Produktion der Haut nahezu zum Erlöschen.

Haut und Haare

Durch den Östrogenmangel kommt es auch zu typischen Veränderungen der Haut der Frau in der Postmenopause und im Senium.

Die Haut wird dünner und durchsichtiger und die Aktivität der Talg- und Schweißdrüsen sowie der Wassergehalt verringern sich. Nicht selten beobachtet man bei der postmenopausalen Frau aber auch einen milden Hirsutismus insbesondere im Gesicht.

Die Erklärung ergibt sich zum einen durch die verminderte Produktion des sexualbindenden Globulins (SHBG) in der Leber durch den Östrogenmangel. Auf der anderen Seite nimmt die Produktion der Androgene im Ovar im Gegensatz zu den Östrogenen in der Postmenopause nicht ab.

Da durch den Abfall des SHBG weniger Testosteron reversibel gebunden werden kann und die ovarielle Testosteronproduktion nahezu unverändert bleibt, nimmt der Anteil des freien und damit biologisch wirksamen Testosterons zu und lässt buchstäblich den Damenbart sprießen und gelegentlich auch die Stimme absinken.

Der Anstieg des freien Testosterons kann auch zu einer Steigerung der Libido führen oder auch die Klitoris vergrößern lassen.



Autor: Dr. med. Prof. Dr.Reinhard Zick
Medicover Osnabrück
Möserstraße 4a, 49074 Osnabrück

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2017; 29 (6) Seite 10-14