Fast jeder Fünfte, der einen Schlaganfall erleidet, muss innerhalb der nächsten fünf Jahre mit einem Folgeschlaganfall rechnen [1]. Die Sekundärprophylaxe ist also von immenser Bedeutung für die Schlaganfalltherapie und -nachsorge. Eine neue Metaanalyse mit insgesamt über 20.000 Patientinnen und Patienten [2] bestätigte, dass eine intensive Senkung des LDL-Cholesterins vor Rezidiv-Schlaganfällen schützt, insbesondere, wenn die Betroffenen Gefäßverkalkungen aufweisen. Fraglich ist jedoch, ob die intensivierte Statingabe der richtige Weg ist, um das Ziel zu erreichen. Die Studie zeigte auch auch: Es kam unter dieser Therapie zu etwas mehr Hirnblutungen.
Schlaganfälle gehören in Deutschland mit jährlich 270.000 Fällen zu den häufigsten Erkrankungen und sind mit einer hohen Sterblichkeit und Rate an Folgebehinderungen verbunden. Sie können unterschiedliche Ursachen haben, bei vier von fünf Schlaganfällen handelt es sich um sogenannte ischämische Schlaganfälle, bei denen ein Hirnareal nicht mehr (oder nicht mehr ausreichend) durchblutet wird. Grund dafür ist oft die hochgradige Verengung oder der Verschluss einer Hirnarterie in Folge von Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) oder eines Blutgerinnsels.
Zu den Risikofaktoren, die im Laufe des Lebens zur Arteriosklerose, d. h. zur Bildung von Plaques (Ablagerungen in den Gefäßen) führen, gehören Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes mellitus, Übergewicht und die Erhöhung des LDL-Cholesterins. Die beste Prävention arteriosklerotischer Veränderungen ist somit die Behandlung oder Vermeidung dieser Risikofaktoren. Gerade die LDL-Cholesterinsenkung spielt dabei eine wichtige Rolle: Eine Statinstudie zeigte, dass eine LDL-Cholesterinabsenkung von 1 mmol/l (39 mg/dl) die kardiovaskuläre Ereignisrate (Schlaganfall, Herzinfarkt) um ca. 20% senken kann [3].
Intensivere Statin-basierte LDL-Senkung mit besserem Risiko-Nutzen-Verhältnis?
Offen ist aber, ob für die Verhinderung eines Folgeschlaganfalls (Rezidiv) eine intensivere Statin-basierte LDL-Senkung ein besseres Risiko-Nutzen-Verhältnis aufweist als eine weniger intensive Therapie. Dieser Frage ging eine neue Metaanalyse nach [1], in der elf randomisierte klinische Studien der letzten 50 Jahre evaluiert wurden, um die intensive gegenüber einer weniger intensiven Statin-basierten LDL-C-Senkung zu vergleichen.
Das primäre Outcome waren Schlaganfallrezidive, sekundäre Outcome-Parameter beinhalteten schwere sonstige kardiovaskuläre Ereignisse und Hirnblutungen (hämorrhagische Schlaganfälle). Die finale Analyse schloss insgesamt 20.163 Teilnehmende ein (67% Männer, mittleres Alter 64,9±3,7 Jahre), die mittlere Follow-up-Dauer lag bei vier Jahren. Die mittleren LDL-C-Zielspiegel betrugen 79 mg/dl in der Gruppe der intensiveren LDL-Senkung und 119 mg/dl bei den Patientinnen und Patienten, bei denen eine weniger intensive LDL-Senkung erfolgte.
Menschen mit Arteriosklerose profitierten signifikant
Die gepoolten Ergebnisse zeigten, dass eine intensivere LDL-C-Senkung mit einem um 12% verringerten Risiko (RR 0,88) für Schlaganfallrezidive assoziiert war (absolutes Risiko 8,1 % versus 9,3 %). Die Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse betrug 17%, die der kardiovaskulären Sterblichkeit 8%. Vor allem Menschen mit Nachweis einer Arteriosklerose profitierten signifikant (Reduktion des Rezidivrisikos um 21%; RR 0,79) von der intensiveren Therapie, bei Betroffenen ohne Arteriosklerose war der Effekt hingegen nicht signifikant (RR 0,95; p=0,04).
Im Gegenzug ging die intensivere LDL-C-Senkung mit einer Risikozunahme für Hirnblutungen um 46% einher und mit einem um 26% höheren Risiko für einen Diabetes mellitus (RR 1,26; Daten aus 3/11 Studien). Der Nutzen der Statine war aber deutlich höher als das Blutungsrisiko. So wurden durch eine intensive Statintherapie 131 ischämische Insulte verhindert – zu Lasten von 40 intrazerebralen Blutungen.
Das leicht erhöhte Blutungsrisiko scheint aber nicht Resultat einer erfolgreichen LDL-C-Senkung zu sein, sondern ist eher mit den leicht gerinnungshemmenden Eigenschaften der Statine assoziiert [4]. In einer Studie [5], die in die Metaanalyse eingegangen war, wurden durch Hinzunahme eines PSCK-Hemmer niedrige Lipidwerte erreicht, ohne dass das Risiko für Hirnblutungen angestiegen war.
„Metaanalyse unterstützt niedrigen Zielwert für das LDL-Cholesterin nach einem ersten Schlaganfall"
„Diese Metaanalyse unterstützt einen niedrigen Zielwert für das LDL-Cholesterin für die Rezidivprophylaxe nach einem ersten Schlaganfall, wenn eine Arteriosklerose nachweisbar ist“, erklärt Prof. Hans Christoph Diener, Pressesprecher der DGN. „Gleichzeitig scheint die intensivierte Statintherapie aber mit einem gering höheren Risiko für Hirnblutungen einherzugehen. Vermutlich ist es sinnvoll, die Statindosis nicht gänzlich auszureizen, sondern stattdessen zur Lipidsenkung eine Kombination aus Statin und Ezetimib einzusetzen, um die gewünschte LDL-Cholesterinsenkung ohne erhöhtes Blutungsrisiko zu erreichen.“
Das Fazit des Experten: „Zur Rezidivprophylaxe nach Schlaganfall sollte man angesichts der aktuellen Daten die Hinzunahme anderer Substanzen zu den Statinen bereits früher erwägen“, so das Fazit des Experten.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.
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