Die DDG sparte von Anfang an nicht mit Kritik an der neuen Reduktionsstrategie (wir berichteten). Jetzt gab es weiteren Knatsch: die Fachgesellschaft sagte ihre Teilnahme am Begleitgremium zur Strategie ab.

Fertigprodukte müssen gesünder werden, das Zuviel an Zucker, Fetten und Salz wollen wir reduzieren", betonte Bundesernährungsministerin Julia Klöckner vor kurzem. Das Ziel der neuen Reduktions- und Innovationsstrategie, die das Bundesernährungsministerium (BMEL) gemeinsam mit Ärzten, Verbraucherschützern, Ernährungswissenschaftlern, Handel und Lebensmittelherstellern entwickelt hat: den Zucker-, Fett- und Salzgehalt in Fertigprodukten zu reduzieren.

Reduktion auf freiwilliger Basis – Experten skeptisch

Eigentlich eine gute Sache. Doch der Teufel steckt wie immer im Detail. Die neue Strategie sieht bis 2025 eine Senkung des Zuckergehalts in überzuckerten Kindercerealien um 20 Prozent, in zuckergesüßten Erfrischungsgetränken um 15 Prozent und in Kinderjoghurts um 10 Prozent vor. Das finden die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und diabetesDE zwar gut, der neue Ansatz geht ihnen aber nicht weit genug.

Die Diabetesexperten sind skeptisch, dass die Industrie die Reduktion allein auf freiwilliger Basis umsetzen soll und keine verbindlichere Formulierung gewählt wurde. Das Ministerium setzt hier aber weiterhin auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Lebensmittelwirtschaft.

Die Zielvereinbarungen, die das BMEL mit den 6 Branchenverbänden getroffen hat, würden in den einzelnen Branchen jetzt schrittweise umgesetzt, betont sie. So etwa von der Handelskette Lidl, die bei ihren Eigenmarken derzeit daran arbeitet, Zucker, Salz und gesättigte Fettsäuren zu reduzieren. Auch die ersten Hersteller von Tiefkühlpizza wollen den Salzgehalt ihrer Produkte senken.

DDG: „Die Wissenschaft hat zu wenig Mitsprache“

"Mit dem Begleitgremium, das sich aus Fachleuten rund um die Ernährungsfragen zusammensetzt, zeigen wir, dass wir es ernst meinen", so Klöckner. Ein erstes Treffen dieses Gremiums gab es im Februar im Bundesernährungsministerium. Wer an diesem Tag allerdings nicht am gemeinsamen Tisch saß, waren die Vertreter der DDG. Denn die Fachgesellschaft lehnte ihre Teilnahme im Vorfeld bewusst ab, weil sie das Gremium für wirkungslos hält.

Die Wissenschaft habe hier "praktisch keinen Einfluss auf die Formulierung konkreter Reduktionsziele", erklärte DDG-Präsident Prof. Dr. Dirk Müller-Wieland. Man bleibe hier "weit hinter dem zurück, was aus wissenschaftlicher Sicht notwendig wäre, um den Anstieg von Übergewicht und Diabetes in Deutschland zu stoppen." Die DDG fordert u.a. eine verständliche Lebensmittelkennzeichnung und den Schutz von Kindern vor Werbung für ungesunde Produkte.

Die Fachgesellschaft sei aber weiter zu einem konstruktiven Dialog mit dem Ministerium bereit, hieß es. Im Herbst 2019 gibt es eine erste Überprüfung, ob die Hersteller die Reduzierungen auch wirklich umsetzen.



Autorin: Angela Monecke
Redaktionsbüro Angela Monecke
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Erschienen in: Diabetes-Forum, 2019; 31 (4) Seite 8