Üppige Ernährung und viel zu wenig Bewegung fördern die Entstehung schwerwiegender Erkrankungen wie Adipositas, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Weitgehend unbeachtet, jedoch zentral für alle Stoffwechselerkrankungen ist die sogenannte nicht alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD). Um der rasanten Zunahme der NAFLD in der Bevölkerung entgegenzuwirken und gravierende Gesundheitsfolgen zu vermeiden, fordert die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) gemeinsam mit anderen Organisationen und Fachgesellschaften verfassten Positionspapier verstärkte gesundheitspolitische Anstrengungen.

Der westliche Lebensstil ist für die Gesundheit unseres Körpers eine Katastrophe: Üppige Ernährung und viel zu wenig Bewegung fördern die Entstehung schwerwiegender Erkrankungen wie Adipositas, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Weitgehend unbeachtet, jedoch zentral für alle Stoffwechselerkrankungen ist die sogenannte nicht alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD).

Zunahme der NAFLD entgegenwirken

In einem von der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) gemeinsam mit anderen Organisationen und Fachgesellschaften verfassten Positionspapier werden nun verstärkte gesundheitspolitische Anstrengungen gefordert, um der rasanten Zunahme der NAFLD in der Bevölkerung entgegenzuwirken und gravierende Gesundheitsfolgen zu vermeiden. Das Positionspapier und die zentralen Forderungen waren Teil der Kongresspressekonferenz zur Viszeralmedizin 2021.

Viszeralmedizin 2021
Unter dem Motto „Innovation aus Tradition: Vorbeugen – Erkennen – Handeln“ findet vom 13. bis 18. September die Viszeralmedizin 2021 im hybriden Kongressformat statt. Veranstalter sind die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), deren Sektion gastroenterologische Endoskopie und die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV). Der Kongress dauert in diesem Jahr sechs statt der gewohnten vier Tage, wobei die ersten drei Tage online stattfinden werden. Die zweite Kongresshälfte wird als Präsenzveranstaltung im Leipziger Congress Centrum (CCL) abgehalten. Am „Friday for Science“ können Interessierte sich über neue wissenschaftliche Erkenntnisse informieren, die an der Schwelle zur medizinischen Anwendung stehen.

Fast jede/r Dritte in Deutschland mit Fettleber

Eine nicht alkoholische Fettleber entsteht, wenn regelmäßig mehr Energie über die Nahrung aufgenommen als durch Bewegung wieder verbraucht wird. „Die überschüssigen Kalorien werden dann in Form von Fett in den Leberzellen abgelagert“, erläutert Professor Dr. med. Christian Trautwein, Kongresspräsident der DGVS und Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselerkrankungen und Internistische Intensivmedizin in Aachen. Schätzungen zufolge weist fast jede/r dritte Bundesbürger/in solche Fettablagerungen in der Leber auf.

Entzündung fördert Fibrose - Funktionsverlust droht

Langfristig schädigen diese die Leberzellen und führen zur sogenannten nicht alkoholischen Fettleberentzündung oder Steatohepatitis (NASH) – einer bereits fortgeschrittenen Form der NAFLD, an der rund vier Prozent der Menschen hierzulande leiden, Tendenz steigend. Die Entzündung führt zur Leberfibrose, bei der das geschädigte Lebergewebe mehr und mehr zu funktionslosem Bindegewebe vernarbt. Dieses kann dann zur Zirrhose mit weitgehendem und lebensbedrohendem Funktionsverlust der Leber führen.

Mit diesen Umbauprozessen steigt das Risiko für Leberkrebs drastisch an. „Die NASH ist mittlerweile eine der häufigsten Ursachen für Leberkrebs und eine der führenden Indikationen für eine Lebertransplantation“, sagt Trautwein. Und auch das Risiko für andere Erkrankungen, die auf den ersten Blick nicht direkt mit der Leber in Verbindung stehen, nimmt zu. So entwickeln die Betroffenen häufig auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und haben ein erhöhtes Risiko für Tumoren außerhalb der Leber.

Experten fordern Aufnahme der NAFLD in Disease-Mangement-Programme

Wie eng der Lebensstil mit der Entwicklung der NAFLD verknüpft ist, zeigt sich auch an der häufigen Kombination der Leberverfettung mit anderen modernen Wohlstandskrankheiten: Immerhin 60 Prozent der NAFLD-Patienten haben einen Typ-2-Diabetes, 70 Prozent leiden an starkem Übergewicht (Adipositas). „Wir halten es daher für unabdingbar, die NAFLD in das bestehende Disease-Management-Programm Diabetes und das geplante DMP Adipositas aufzunehmen“, nennt Trautwein eine der Forderungen aus dem Positionspapier. Außerdem solle die NAFLD in das Präventionsgesetz integriert werden und eine Kostenübernahme für gewichtsreduzierende Maßnahmen, die bislang über den sogenannten Lifestyle-Paragrafen 34 SGB V ausgeschlossen ist, ermöglicht werden.

Gesundheitspolitische und gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen

„Diese gesundheitspolitischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen sind der erste notwendige Schritt hin zu einer breiten Prävention und Früherkennung der NAFLD“, sagt Trautwein. Darüber hinaus müsse aber sowohl in der Gesellschaft als auch bei Ärzt:innen das Bewusstsein für diese Erkrankung geschärft werden. Weil die NAFLD sich lange unbemerkt entwickelt, wird sie oft erst in einem späten Stadium erkannt, wenn bereits irreversible Schäden eingetreten sind.

Für eine effektive Früherkennung sieht das Positionspapier die Einführung eines Diagnosepfades vor, mit dessen Hilfe Risikopatient:innen für eine NAFLD bereits in der hausärztlichen Praxis identifiziert werden können. In die Risikobewertung fließen Vor- oder Begleiterkrankungen wie ein Typ-2-Diabetes, Adipositas oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen ebenso ein wie bestimmte Standard-Leberblutwerte. „Damit steigen die Chancen, eine Fettlebererkrankung so frühzeitig zu erkennen, dass Schäden sich vermeiden oder sogar wieder rückgängig machen lassen“, so Trautwein.

Lebensstiländerung auf absehbare Zeit unabdingbarer Therapie-Bestandteil

Unabdingbarer Bestandteil der Therapie bleibt dabei auf absehbare Zeit die deutliche und nachhaltige Lebensstiländerung. Ansätze für eine medikamentöse Behandlung der NAFLD gibt es zwar, in zahlreichen Studien werden sowohl diabetologische als auch hepatologische Therapien untersucht.

Für diese Indikation zugelassene Wirkstoffe fehlen bislang jedoch noch. „In diese Richtung muss dringend weitergeforscht werden“, sagt Trautwein, betont jedoch, dass es eine bequeme, rein pharmakologische Lösung nicht geben werde. „Lebensstil-Erkrankungen können letztlich nur durch eine Änderung des Lebensstils therapiert werden.“ – Diese Anstrengung müssten sowohl die Betroffenen als auch die Gesellschaft auf sich nehmen.

Forderungen der Verbände
Das gemeinsam von dem Berufsverband der Niedergelassenen Gastroenterologen Deutschlands e.V. (bng), der Deutschen Adipositas-Gesellschaft e.V. (DAG), der Deutschen Diabetes Gesellschaft e.V. (DDG), der Deutschen Leberstiftung, der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. (DGEM), der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) erarbeitete Positionspapier finden Sie hier.

Quellen

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)