Entzündung und Fibrose sind ein bislang kaum adressierter Pathomechanismus und daher ein neues therapeutisches Ziel beim Management der chronischen Nierenerkrankung (CKD) und Typ-2-Diabetes (T2D). Durch Blockade des Mineralokortikoid-Rezeptors kann der erste nicht-steroidale, selektive Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonist Finerenon gezielt Entzündung und Fibrose in den Nieren bremsen. Die Studie FIDELIO-DKD zeigt signifikante klinische Verbesserungen bei nierenspezifischen und kardiovaskulären Endpunkten bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung und Typ-2-Diabetes.

Die chronische Nierenerkrankung (CKD) ist eine der häufigsten Komplikationen bei Diabetes: Mehr als 30 % aller Patienten mit Typ-2-Diabetes (T2D) sind davon betroffen.[1] Die CKD ist ein unabhängiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und kann die Lebenserwartung von Patienten mit T2D im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich verkürzen.[2] Trotz optimaler, leitliniengerechter Blutzucker- und Blutdruck-Kontrolle schreitet die CKD bei T2D weiter fort[3],[4],[5] und ist die häufigste Ursache für eine Nierenerkrankung im Endstadium.(6)

Ein bisher nicht direkt adressierter Pathomechanismus ist Entzündung und Fibrose, der durch Überaktivierung des Mineralokortikoid-Rezeptors (MR) angetrieben wird.[6],[8],[9] In der Phase-III-Studie FIDELIO-DKD[7],(a) bei Patienten mit CKD und T2D zeigt Finerenon als erster nicht-steroidaler, selektiver Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonist (nsMRA) zusätzlich zur Standardtherapie renale und kardiovaskuläre Vorteile versus Placebo. Damit zeichnet sich eine neue Behandlungsstrategie ab, die das Potential hat, die klinischen Ergebnisse für Patienten mit CKD und T2D zu verbessern. Bayer hat die Zulassung für Finerenon in der EU und den USA beantragt, bisher ist der Wirkstoff jedoch noch nicht von der Europäischen Kommission zugelassen.

Senkung des Risikos für Progression bei CKD und T2D

Die Progression der CKD bei T2D wird durch kombinierte Effekte metabolischer, hämodynamischer sowie inflammatorischer und fibrotischer Faktoren angetrieben.[6],[8],[9] Aktuelle Therapien bei CKD und T2D sind primär gegen die metabolischen und hämodynamischen Faktoren gerichtet und zielen darauf ab, den Blutzucker-Spiegel und den Blutdruck zu kontrollieren. Therapieoptionen, die den Faktor Entzündung und Fibrose in der Niere gezielt adressieren, sind bis heute nicht vorhanden“, erklärte Prof. Dr. Hermann Haller, Hannover. Aus diesem Grund ist der Mineralokortikoid-Rezeptor (MR) ein vielversprechendes therapeutisches Ziel, um das Risiko für eine Progression bei CKD und T2D weiter zu senken.

Der MR fungiert als Transkriptionsfaktor, der aufgrund einer Überaktivierung zur verstärkten Expression proinflammatorischer und profibrotischer Mediatoren in den Nieren beiträgt.[6],[9] Die Folge sind pathophysiologische Effekte wie Entzündung, Fibrose, Remodeling und Hypertrophie. „Die Überaktivierung macht den Mineralokortikoid-Rezeptor zu einem bedeutenden Treiber der chronischen Nierenerkrankung. Seine Blockierung kann die durch entzündliche und fibrotische Signalwege vermittelten renalen und kardiovaskulären Schädigungen vermindern“, erläuterte Haller.[8],[10],[11],[12],[13],[14],[15]

Neues Wirkprinzip durch neue MRA-Generation

Der Wirkstoff Finerenon – ein nicht-steroidaler, selektiver Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonist (nsMRA) – ist der erste Vertreter dieser Substanzklasse, der einen Nutzen im Hinblick auf renale und kardiovaskuläre Ergebnisse bei Patienten mit CKD und T2D gezeigt hat. „Finerenon ist eine der wenigen Substanzen, die spezifisch an der Niere ansetzen und begründet eine neue Generation der MRA, die sich sowohl von herkömmlichen MRA wie Spironolacton als auch von anderen Standardtherapien durch ein molekular anderes Wirkprinzip unterscheiden“, erklärte Haller. Die Phase-IIb-Studie ARTS-DN [16] dokumentiert, dass Finerenon im Vergleich zu Placebo und zusätzlich zur Standardtherapie(b) eine signifikante Reduktion der Albuminurie, die bei Patienten mit CKD und T2D häufig vorkommt, bewirkt.[8],[12]

FIDELIO-DKD: Signifikante Risikoreduktion im kombinierten primären und sekundären Endpunkt

Die Phase-III-Studie FIDELIO-DKD[7] hat die Wirksamkeit und Sicherheit von Finerenon bei Patienten mit CKD und T2D zusätzlich zur Standardtherapie in Bezug auf die Progression der Nierenerkrankung sowie im Hinblick auf kardiovaskuläre Endpunkte im Vergleich zu Placebo untersucht.[7] Die Studie ist Teil des größten klinischen Phase-III-Studienprogramms zu Finerenon mit mehr als 13.000 Patienten mit CKD und T2D.

Finerenon führte in Kombination mit der maximal tolerierten Dosis der leitliniengerechten Therapie zu einer signifikanten Reduzierung des primären Endpunkts, definiert als kombiniertes Risiko der Zeit bis zum Nierenversagen, einem anhaltenden Rückgang der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (estimated glomerular filtration rate, eGFR) um mindestens 40 % gegenüber dem Ausgangswert über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen(c) oder Tod durch Nierenversagen um 18 % (relative Risikoreduktion; HR 0,82 [95 % CI, 0,73-0,93; p=0,0014]), bei einer medianen Dauer der Nachbeobachtungszeit von 2,6 Jahren.[7] Nach 36 Monaten lag die erforderliche Behandlungszahl für die Verhinderung eines Ereignisses in Zusammenhang mit dem kombinierten primären Endpunkt bei 29 [95 % CI 16-166].

Der nsMRA führte ebenfalls zu einer signifikanten Reduzierung des wichtigsten sekundären Endpunkts, einer Kombination aus der Zeit bis zum kardiovaskulären Tod oder dem Auftreten nicht tödlicher kardiovaskulärer Ereignisse (d. h. nicht tödlicher Myokardinfarkt, nicht tödlicher Schlaganfall oder Krankenhausaufenthalt wegen Herzinsuffizienz) gegenüber Placebo um 14 % (relative Risikoreduktion; HR 0,86 [95 % CI, 0,75-0,99; p=0,0339]), bei einer medianen Dauer der Nachbeobachtung von 2,6 Jahren.[7]


„Die Ergebnisse der FIDELIO-DKD zeigen, dass Finerenon das Potenzial hat, nach Zulassung das therapeutische Instrumentarium der Ärzte zu erweitern und zu einem verbesserten Management der CKD bei T2D beizutragen“, erklärte Prof. Dr. Christoph Wanner, Würzburg.

FIDELIO-DKD-Daten bestätigen günstiges Sicherheitsprofil

Wie auch schon in früheren Studien erwies sich Finerenon als gut verträglich. Die therapiebedingten unerwünschten und schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse waren zwischen der Verum- und der Placebo-Gruppe vergleichbar. Die Mehrzahl der unerwünschten Ereignisse war leicht oder moderat. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten in der Verum-Gruppe weniger häufig (31,9 %) auf als in der mit Placebo behandelten Gruppe (34,3 %).

Hyperkaliämie-bedingte unerwünschte Ereignisse traten insgesamt mit Finerenon häufiger auf als bei der Placebo-Gruppe (18,3 % bzw. 9 %). Hyperkaliämie-bedingte schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten selten auf (1,6 % bzw. 0,4 %) und es kam in keiner der behandelten Gruppen zu einem Hyperkaliämie-bedingten Todesfall. Finerenon führte zu einem mittleren Anstieg des Serums [K+] von 0,2 mmol/L. Hyperkaliämien waren kontrollierbar. Die Einnahme von Finerenon stellten 2,3 % der Patienten ein versus 0,9 % der Patienten in der Placebo-Gruppe.

„Nach jahrzehntelanger Stagnation bei der Entwicklung von Substanzen, mit denen man die Progression der CKD zu bremsen hoffte, erweist sich Finerenon nun als ein Vertreter eines neuen Wirkprinzips, welches das Potenzial besitzt, die CKD-Progression zu verlangsamen, indem es sich direkt gegen Entzündung und Fibrose richtet“, resümierte Haller.

Weitere Informationen für Fachkreise und Patienten unter www.ckd-info.de


(a) FIDELIO-DKD steht für FInerenone in reducing kiDnEy faiLure and dIsease prOgression in Diabetic Kidney Disease


(b) die Standardtherapie umfasste blutzuckersenkende Mittel sowie die maximal tolerierte Dosis einer Renin-Angiotensin System (RAS)-hemmenden Therapie, wie einem Inhibitor des Angiotensin-konvertierenden Enzyms (ACE-Hemmer) oder einem Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker (ARB)


(c) bestätigt durch zwei eGFR Messungen im Abstand von ≥4 Wochen


Literatur
(1) Cherney DZ & Bakris GL. Kidney Int 2018;8:18–25
(2) Wen CP, et al. Kidney Int. 2017; 92(2):388-396
(3) Duckworth W, et al. N Engl J Med. 2009;360(2):129–139,
(4) Ismail-Beigi F, et al. Lancet. 2010;376(9739):419–430,
(5) Brenner BM, et al. N Engl J Med. 2001;345(12):861–869
(6) Alicic RZ, et al. Clin J Am Soc Nephrol 2017;12:2032–2045
(7) Bakris GL, et al. N Engl J Med. 2020.DOI: 10.1056/NEJMoa2025845
(8) Mora-Fernández C, et al. J Physiol 2014;18:3997,
(9) Bauersachs J, et al. Hypertension 2015;65:257–263
(10) Cannavo A, et al. Oxid Med Cell Longev 2018;2018:1204598,
(11) Kolkhof P, et al. J Cardiovasc Pharm 2014;64:69–78,
(12) Bertocchio JP, et al. Kidney Int 2011;79:1051–1060,
(13) Belden Z, et al. Am J Nephrol 2017;46:298–314,
(14) Ong GS, et al. J Med Endocrinol 2017;58:R33–R57,
(15) Grune J, et al. Hypertension 2018;71:599–608
(16) Bakris GL, et al. JAMA 2015;314:884–894

Quelle: Pressemitteilung Bayer