Eine gute Schulung hilft Menschen mit Diabetes – das ist klar. Eine gute Schulung hilft aber auch dem Diabetesteam, das mit geschulten Patienten besser zusammenarbeiten kann. Vorgestellt werden vier Programme, deren Effektivität durch Evaluationsstudien belegt wurde.

Konkret geht es um die Schulungsprogramme HyPOS, PRIMAS (entwickelt vom Forschungsinstitut der Diabetes-Akademie Bad Mergentheim (FIDAM)) und SGS (entwickelt von der AG Geriatrie und Pflege der DDG) und um das Elternprogramm DELFIN (entwickelt von Wissenschaftlern der Medizinischen Hochschule Hannover).

Mit HyPOS: Strategien gegen Hypos erarbeiten

Ziel von „HyPOS – Unterzuckerungen besser wahrnehmen, vermeiden und bewältigen“ (HyPOS: Hypoglykämie – Positivies Selbstmanagement) ist es, dass Patienten Strategien erarbeiten, wie sie gut mit Hypoglykämien zurechtkommen können. Es richtet sich an Menschen, die ihre Unterzuckerung nicht, schlecht oder erst spät wahrnehmen.

Wie HyPOS-Teilnehmer von der Schulung profitieren, zeigt eine Studie in bundesweit 23 Studienzentren: Schon nach sechs Monaten hatte sich die Hypoglykämiewahrnehmung signifikant verbessert; der Anteil milder Hypoglykämien war signifikant reduziert. Eine Zwei-Jahres-Katamnese ergab, dass sich das Risiko für schwere Unterzuckerungen bei HyPOS-Teilnehmern um 60 Prozent reduzierte.

„Hypoglykämie: Positives Selbstmanagement“: HyPOS


Durch die Schulung mit HyPOS sollen die Teilnehmer Hypoglykämien besser wahrnehmen, vermeiden und bewältigen können.

  • Zielgruppe: Insulinbehandelte Diabetiker mit Hypoglykämieproblemen, eingeschränkter oder fehlender Hypogklykämiewahrnehmung
  • Umfang: 5 Kurseinheiten mit 90 bis 120 Minuten, Durchführung der Schulung ambulant und stationär möglich empfohlene Gruppengröße: Kleingruppen mit 4 bis 6 Personen
  • Material: Schulungskoffer, Folienordner, Curriculum, CD-ROM, Hypo-Tagebuch, Insulinschablonen-Set mit Arbeitsblättern, Begleitmaterial: Hypo-Tagebuch, HyPOS-Insulinschablonen-Set
  • Schulungsansatz: Selbstmanagement-Ansatz
  • Lernzielkontrolle: ja
  • Zertifizierung: DDG: ja; BVA: Zulassung für DMP, Nationale Versorgungsleitlinie „Strukturierte Schulungsprogramme“
  • Evaluiert: ja, durch eine randomisierte, kontrollierte Studie (Kulzer et al., Diabetes Metabolism Research and Reviews (2007))
  • Abrechenbarkeit: HyPOS ist in allen KV-Regionen als abrechnungsfähiges Schulungsprogramm benannt (Stand: April 2022). Änderungen sind unter diabetes-schulungsprogramme.de abrufbar.
  • Seminarangebote für Anwender: unter diabetes-schulungsprogramme.de
  • Autoren: Prof. Dr. Bernhard Kulzer, Prof. Dr. Norbert Hermanns, Prof. Dr. Thomas Kubiak, Michael Krichbaum, Prof. Dr. Thomas Haak
  • Kontakt: FIDAM – Forschungsinstitut Diabetes-Akademie Bad Mergentheim, 97980 Bad Mergentheim, Tel.: 0 79 31/594-170, E-Mail: seminare@fidam.de
  • Internet: hypos.de, diabetes-schulungsprogramme.de

Das Programm ist erhältlich unter kirchheim-shop.de (Kosten für den Schulungskoffer: 129 Euro). Gefördert wurde die Entwicklung von HyPOS von der Berlin-Chemie AG.

Mit PRIMAS selbstbestimmt leben

2017 gab es für das Schulungsprogramm PRIMAS („Schulungs- und Behandlungsprogramm für ein selbstbestimmtes Leben mit Typ-1-Diabetes“) den MSD-Gesundheitspreis. Überzeugt hat die Expertenjury die moderne und zeitgemäße Umsetzung und auch die sehr gute Evaluation durch eine Praxisstudie.

Was bringt PRIMAS konkret? In einer Therapievergleichsstudie zeigte sich eine signifikant stärkere HbA1c-Absenkung bei PRIMAS-Teilnehmern, außerdem eine deutliche Verbesserung der Zufriedenheit, des Empowerments und der Selbstwirksamkeit. Ergänzt werden kann PRIMAS durch TheraKey Diabetes, ein innovatives Kommunikationskonzept von Berlin Chemie, mit dem Patienten zu Hause weiter informiert, begleitet und unterstützt werden.

PRIMAS – Schulungs- und Behandlungsprogramm fü ein selbstbestimmtes Leben mit Typ 1


Möglichst selbständig und erfolgreich mit dem Diabetes umgehen – das sollen erwachsene Typ-1-Diabetiker mit PRIMAS lernen.

  • Zielgruppe: Erwachsene mit Typ-1-Diabetes (Therapie: ICT, CSII)
  • Umfang: 12 Kurseinheiten à 90 Minuten, Durchführung ambulant und stationär möglich
  • empfohlene Gruppengröße: Kleingruppen mit 3 bis 8 Personen
  • Material: Schulungskoffer, Patienten-Set mit Arbeitsblättern, Selbstkontrollheft, Ernährungstabelle und Insulinschablonen, Curriculum, CD-ROM, Ernährungsquiz, Scheiben-Set „Diabetes und ich“, Insulinschablonen-Set, außerdem sechs problemspezifische Schulungsmodule zur Vertiefung wichtiger Themen: Diabetes und Sport, Diabetes und Partnerschaft, Diabetes und Reisen, Diabetes und Soziales, Diabetes und Folgeerkrankungen, Diabetes und Ernährung
  • Schulungsansatz: Selbstmanagement-Ansatz
  • Lernzielkontrolle: ja
  • Zertifizierung: DDG: ja; BVA: akkreditiert
  • Abrechenbarkeit:PRIMAS ist in allen KV-Regionen als abrechnungsfähiges Schulungsprogramm benannt.
  • Seminarangebote für Anwender: abrufbar unter diabetes-schulungsprogramme.de
  • Autoren: Prof. Dr. Bernhard Kulzer, Prof. Dr. Norbert Hermanns, Nikola Bergis-Jurgan, Dominic Ehrmann, Prof. Dr. Thomas Haak
  • Kontakt: FIDAM – Forschungsinstitut Diabetes-Akademie Bad Mergentheim, Frau Marion Fellmann, 97980 Bad Mergentheim, Tel.: 0 79 31/594-170, E-Mail: seminare@fidam.de
  • Internet: primas.de; diabetes-schulungsprogramme.de

Das Programm ist erhältlich unter kirchheim-shop.de. Es kostet 329 Euro (579 Euro mit Folienordnern); Verbrauchsmaterial: 140 Euro (für 10 Patienten). Gefördert und unterstützt wurde die Entwicklung von PRIMAS von der Berlin-Chemie AG.

DELFIN hilft Familien, Konflikte zu lösen

Bei Kindern mit Diabetes nehmen die Eltern dauerhaft eine Doppelrolle ein – zur Elternrolle kommt noch die des Diabetes-Behandlers im Alltag. Das kann zu typischen Konflikten führen. Wie sich diabetesbezogene Konflikte lösen lassen, trainieren Eltern mit „DELFIN – Das Elternprogramm für Familien von Kindern mit Diabetes“.

Der Schwerpunkt des Schulungsprogramms liegt auf dem Aufbau einer vertrauensvollen Eltern-Kind-Beziehung als Voraussetzung für eine erfolgreiche Diabetestherapie. In einer Evaluationsstudie zeigte sich, dass durch DELFIN Elternkompetenzen gestärkt werden – das hilft im Umgang mit Problemen und reduziert den Stress in der Familie. Die betroffenen Kinder erwiesen sich bei Therapieaufgaben als kooperativer. Zudem blieb der HbA1c-Wert in der DELFIN-Gruppe stabil – in der Kontrollgruppe stiegen die Werte leicht an. 2015 wurde DELFIN mit dem Heinrich-Sauer-Preis ausgezeichnet.

DELFIN – Das Elternprogramm für Familien von Kindern mit Diabetes Typ 1


Wie lassen sich diabetesbezogene Konflikte lösen? Wie gelingt es, den Diabetes Schritt für Schritt zu beherrschen? Das trainieren Eltern mit „DELFIN – Das Elternprogramm für Familien von Kindern mit Diabetes“. Der Schwerpunkt liegt auf dem Aufbau einer vertrauensvollen Eltern-Kind-Beziehung als Voraussetzung für eine erfolgreiche Diabetestherapie.

  • Zielgruppe: Eltern von zwei- bis zehnjährigen Kindern mit Typ-1-Diabetes
  • Umfang: 5 Kurseinheiten mit jeweils 2 Zeitstunden und eine Telefonberatung; Durchführung ambulant
  • empfohlene Gruppengröße: 4 bis 6 Elternpaare
  • Material: Leitfaden für Trainerinnen und Trainer, Schulungshandbuch für Eltern, Curriculum, Arbeitsblätter, USB-Card
  • Schulungsansatz: Elterntraining
  • Lernzielkontrolle: ja, kontinuierlich
  • Zertifizierung: wird angestrebt
  • evaluiert: ja (Saßmann et al., BMC Pediatrics 2012, 12:152)
  • Abrechenbarkeit: wird angestrebt
  • Seminarangebote für Anwender: über eine Anfrage an lange.karin@mh-hannover.de
  • Autoren: Dr. Heike Saßmann, Prof. Dr. Karin Lange
  • Kontakt: Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Psychologie (OE 5430), Frau Prof. Karin Lange, Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover, E-Mail: lange.karin@mh-hannover.de

Das Programm ist erhältlich unter kirchheim-shop.de. Der Leitfaden kostet 59,90 Euro, das Schulungshandbuch für Eltern 19,90 Euro. Gefördert und unterstützt wurde die Entwicklung von DELFIN von der Berlin-Chemie AG.

Leicht zu verstehen und einprägsam: SGS

Auch bei älteren Menschen gibt es typische Probleme in der Diabetesbehandlung – z. B. bei der Blutzuckermessung. Die Strukturierte Geriatrische Schulung (SGS) vermittelt den Teilnehmern grundlegende Kenntnisse und Fertigkeiten und berücksichtigt dabei die meist verminderte Lern- und Gedächtnisleistung. So hilft SGS älteren Menschen mit Diabetes, im Alltag möglichst selbständig zurechtzukommen. In den Schulungsmaterialien wird durchgängig eine große, leicht lesbare Schrift verwendet, außerdem verständliche, einprägsame Abbildungen.

Geeignet ist SGS auch für Patienten mit wenigen oder keinen Deutschkenntnissen. Deshalb gibt es bereits eine türkische Version, Versionen in Russisch und Hocharabisch erscheinen in Kürze. Alle fremdsprachlichen Versionen wurden auch kulturell angepasst, z. B. an die unterschiedlichen Ess- und Trinkgewohnheiten.

SGS - Strukturierte Geriatrische Schulung


Die Strukturierte Geriatrische Schulung (SGS) vermittelt grundlegende Kenntnisse und Fertigkeiten und berücksichtigt dabei die meist verminderte Lern- und Gedächtnisleistung. So hilft SGS älteren Menschen mit Diabetes, im Alltag möglichst selbständig zurechtzukommen.

Das Programm gibt es auf Deutsch, Türkisch, Russisch und Hocharabisch hinzu.

  • Zielgruppe: ältere Menschen mit Typ-2-Diabetes (mit und ohne Insulin), (ältere) Menschen mit Migrationshintergrund
  • Umfang: 6 Schulungseinheiten (ohne Insulin) bzw. 7 Schulungseinheiten (mit Insulin) à 45 Minuten; Durchführung ambulant und stationär möglich
  • empfohlene Gruppengröße: 4 bis 6 Teilnehmer
  • Material: Leitfaden (deutsch), Schulungs-Slides und Teilnehmer-Handbuch (beides in 4 Sprachen)
  • Schulungsansatz: Erhalt und Stärkung von Lebensqualität, Selbstkompetenz, Selbständigkeit
  • akkreditiert: durch das Bundesversicherungsamt
  • evaluiert: ja
  • Abrechenbarkeit: derzeit abrechenbar in den KV-Regionen Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Westfalen-Lippe (Stand: April 2022)
  • Autoren: Dr. Andrej Zeyfang und Irene Feucht für die AG Diabetes und Geriatrie der DDG

Gefördert wurde die Entwicklung von SGS von der Berlin-Chemie AG.

Unterstützer sein, Vorreiter sein, Lücken schließen

Ein gutes Schulungsprogramm zu entwickeln, zu evaluieren und als letzten Schritt anerkennen und akkreditieren zu lassen, kostet Zeit – und Geld. Unterstützer, die die Programmentwickler unabhängig arbeiten lassen, sind gefragt. Ein solcher Partner ist seit vielen Jahren die Berlin-Chemie AG.

Das Unternehmen hat die Entstehung der vier vorgestellten Schulungsprogramme mit möglich gemacht, unterstützt auch Seminare für Schulende und arbeitet schon seit über 10 Jahren mit FIDAM und dem Kirchheim-Verlag zusammen. Ein weiteres Programm – INPUT, für die produktunabhängige Schulung von Insulinpumpenträgern – erscheint im Frühjahr 2018, ebenfalls mit Unterstützung von Berlin-Chemie AG.

Warum engagiert sich Berlin-Chemie so stark in diesem Bereich? Das Unternehmen möchte Vorreiter sein und auch Partner der Ärzte und Diabetesteams; es möchte somit mehr sein als „nur“ Hersteller von Medikamenten. Durch den engen Austausch mit den Praxen sehen die Mitarbeiter des Unternehmens, wo es Versorgungslücken bei den Schulungen gibt – so kann Berlin-Chemie bei der Entwicklung und auch bei Seminaren für Schulende gezielt helfen.



Autorin: Nicole Finkenauer-Ganz.
Redaktion Diabetes-Forum
Verlag Kirchheim & Co GmbH, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2018; 30 (1/2) Seite 30-32