Längere Liegezeiten im Krankenhaus kosten viel Geld. Und sie sind oftmals unnötig. Das sagt zumindest eine neue Studie aus den USA. Dr. Eric Risch hat die Ergebnisse parat.
Rund ein Drittel aller Patienten in Akutkliniken haben einen erhöhten Blutzuckerspiegel. Neue Untersuchungen belegen, dass Diabetes mellitus die Liegezeiten um fast zwei Tage verlängert und damit die Behandlungskosten erhöht. Insgesamt werden in Deutschland jährlich etwa 2,1 Millionen Diabetespatienten im Krankenhaus behandelt. Bei vielen wird die Erkrankung zwar als so genannte Nebendiagnose in den Krankenakten notiert, eine spezielle Betreuung, wie sie Diabetesexperten seit Jahren fordern, erfolgt in der Regel jedoch nicht.
Behandlungsergebnisse ausgewertet
Dass dies aber durchaus sinnvoll sein kann, zeigt eine Studie, die auf der Jahrestagung der American Diabetes Association vorgestellt wurde. Die Endokrinologin Dr. Athena Philis-Tsimikas, San Diego, hatte die Behandlungsergebnisse von 9 995 Diabetespatienten in Kalifornien ausgewertet. Ergebnis: Patienten mit normalen Blutzuckerwerten konnten die Klinik nach 5,74 Tagen verlassen, Patienten mit erhöhtem Blutzucker verbrachten dagegen 8,5 Tage im Krankenhaus.
Die durchschnittlichen Behandlungskosten stiegen zugleich von 13 896 auf 16 382 US-Dollar, was einem Plus von 17 Prozent entspricht. Eine weitere Untersuchung aus den USA zeigte, dass Schwankungen des Blutzuckers ebenfalls zu einer Verlängerung der Liegezeiten und einem Anstieg der Behandlungskosten führten.
Handlungsfeld Stoffwechselmanagement in der Klinik
Es liegt daher durchaus im Eigeninteresse der Klinik, eine Diabeteserkrankung zu erkennen und aktiv zu behandeln. Dass sich das sogar positiv auf die Langzeitwerte des Blutzuckers auswirkt, zeigt eine weitere Studie von Philis-Tsimikas. Sie verglich in dieser Arbeit zwei Gruppen von Diabetespatienten. Eine Gruppe war an einer ambulanten Klinik mit einem speziellen Management für chronische Erkrankungen behandelt worden.
Resultat: Die Patienten wurden dort nicht nur mit guten Blutzuckerwerten entlassen – auch nach einem Jahr war der HbA1c-Wert besser als in einer zweiten Klinik ohne spezielles Management. Die Ergebnisse belegen zweifelsfrei, dass eine optimale Diabeteseinstellung in der Klinik mit qualifizierten Diabetesberaterinnen im Team einen nachhaltigen Behandlungserfolg haben kann.
Das Handlungsfeld der Diabetesberaterin* in der Klinik bezieht sich daher nicht nur auf die klassische Schulung und Beratung der Diabetespatienten, sondern aktuell überwiegend auf das Stoffwechselmanagement der Patienten während ihres Klinikaufenthalts. "Diese Aufgabe erfordert fundierte Fachexpertise und langjährige Berufserfahrung", betont Claudia Leippert, stellvertretende Vorsitzende des VDBD und Diabetesberaterin in einer Klinik. Da es sich hierbei um ein interdisziplinäres Arbeitsfeld handele, sei eine gute Zusammenarbeit und Wertschätzung der gegenseitigen Kompetenzen unabdingbar.
Erster Ansprechpartner für Patienten
Gleichwohl bestimmen die Kompetenzen der Diabetesberaterin und die Struktur der Klinik das Handlungsfeld maßgeblich. Es kann möglich sein, dass die Beraterin eigenverantwortlich unter Supervision eines Diabetologen die Blutzuckerkorrekturen mit Insulin und/oder Veränderung der Medikation bei akuten Blutzuckerentgleisungen einleitet und betreut. Ebenso ist es möglich, dass ein Diabetologe diese Korrekturen selbst anordnet und sich die Umsetzung der Anordnungen in der Peripherie als Aufgabe der Beraterin darstellt.
Im Fazit bedeutet das: Für Patienten mit der Diagnose Diabetes ist in der Klinik die Diabetesberaterin erster Ansprechpartner für die Umsetzung einer neuen (ärztlich) angeordneten Therapie. Die Schulungs- und Beratungskompetenz der Diabetesberaterin wirkt sich hierbei besonders aus. Werden doch in dieser Situation richtungsweisende Weichen für das Selbstvertrauen der Patienten und die Therapieadhärenz gestellt.
Patienten mit Diabetes profitieren sowohl in ihrem akuten Stoffwechselgeschehen, als auch durch die professionelle Begleitung im Klinikalltag von dem Vorhandensein einer Versorgungsstruktur mit Diabetesberaterin. Die Diabetesberaterin stellt den Transfer der ärztlichen Anordnung zum Patienten sicher und entlastet den Arzt wesentlich, indem sie das Stoffwechselmanagement, die Koordination und die Umsetzung der Therapieänderungen bis hin zum Entlassmanagement übernimmt.
* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Beitrag die feminine Form "Diabetesberaterin" verwendet. Diese Form versteht sich explizit als geschlechtsneutral. Gemeint sind selbstverständlich immer beide Geschlechter.
Erschienen in: Diabetes-Forum, 2015; 27 (10) Seite 38-39
