Seit Juli vergangenen Jahres ist Lars Kalfhaus Geschäftsführer der Roche Diabetes Care Deutschland GmbH (RDCD). Wir haben ihn in Mannheim besucht, und er hat uns erzählt, welche Ziele er sich und dem Unternehmen gesteckt hat.

Diabetes-Forum (DF): Herr Kalfhaus, bitte stellen Sie sich unseren Lesern zunächst einmal kurz vor.
Lars Kalfhaus:
Ich bin seit 14 Jahren bei Roche – und schon fast von Anfang an im Dia­betesbereich tätig. Nach meinem Start in Deutschland habe ich rund neun Jahre erst in Portugal und dann in Spanien die Dia-betes-Geschäfte von Roche geleitet.

DF: Wie würden sie Ihre Ziele formulieren, die Sie sich als Geschäftsführer bei RDCD gesetzt haben?
Lars Kalfhaus:
Kurzfristig werden wir einige spannende Dinge launchen. Da ist zum einen Accu-Chek Guide zu nennen, ein neues Blutzuckermesssystem, mit dem wir das normale Messen für die Breite der Patienten noch einmal leichter machen möchten. Zum anderen werden wir im Frühjahr mit dem Eversense CGM-System das weltweit erste Langzeit-CGM als exklusiver Vertriebspartner hier in Deutschland auf den Markt bringen. Das Produkt hat im Rahmen der Pilotstudie schon einen wirklich vielversprechenden Start hingelegt.

DF: Eversense ist ein implantierbares System – wer kann die Implantation durchführen?
Lars Kalfhaus:
Das kann direkt in der diabetologischen Schwerpunktpraxis gemacht werden. Wir helfen natürlich bei der Schulung, und letztendlich dauert der Vorgang nur ein paar Minuten. Der Begriff „Implantation“ ist dabei sicher etwas irreführend, weil man damit eigentlich umfangreiche Operationen verbindet. Es ist aber mehr ein Einsetzen: Der Sensor wird nach einem kleinen Schnitt einfach unter die Haut geschoben.

DF: Sind weitere Innovationen von RDCD geplant?
Lars Kalfhaus:
Ja, wir werden im Laufe des Jahres auch unseren eigenen CGM-Sensor präsentieren. Das Accu-Chek Insight CGM hat gerade das CE Zeichen erhalten und punktet jetzt schon beim Thema Genauigkeit. Mit der neuen Version der Accu-Chek Smart Pix Software werden wir außerdem ganz neue Möglichkeiten für die Auswertung von CGM Daten bieten. Hier setzen wir echte Maßstäbe, u.a. mit einer automatischen Muster- und Mahlzeitenerkennung. Damit lösen wir weiter unseren Anspruch ein, wirklich integrierte Lösungen für ein personalisiertes Diabetes-Management zu liefern.

DF: Thema CGM, da werden Ihre neuen Launches sicherlich dazu beitragen, die Systeme fortschrittlicher zu machen. Wie schätzen Sie die Entwicklung ein, auch politisch?
Lars Kalfhaus:
Dadurch, dass die Kosten für CGM-Systeme in Zukunft von den Kassen übernommen werden, werden sich die Nutzerzahlen deutlich verändern. Allerdings müssen wir die Entwicklungen erst einmal abwarten und schauen, wie der Beschluss in die Praxis umgesetzt wird. Für mich wird jedoch die Beantwortung der Frage, wie in Zukunft mit der Flut an Daten umgegangen wird, die durch die CGM-Systeme generiert werden, am spannendsten sein. Heute ist es ja so, dass die Daten, die durch die vorhandenen Systeme erfasst werden, gar nicht vollständig verarbeitet werden...

DF: ...außer von den Menschen mit Diabetes selbst...
Lars Kalfhaus:
...ja richtig, der einzelne Nutzer schaut natürlich schon, wie seine individuellen Werte aussehen. Inwieweit werden diese Daten aber heute schon für eine Verbesserung der Therapie insgesamt genutzt?

DF: Durch neue Sensoren wird das Problem nicht gelöst?
Lars Kalfhaus:
Richtig. Neue Sensoren werden dafür sorgen, dass die erfasste Datenmenge explodieren wird. Diese Tatsache ist natürlich nicht das Problem. Wir müssen schauen, wie wir mit der Datenflut intelligent umgehen. Das ist ein schmaler Grat: Einerseits das riesige Potential zu nutzen, andererseits soll das Ganze in der Behandlungspraxis auch handlebar bleiben. Das verlangt auch ein ganz neues therapeutisches Denken: Wir arbeiten heute ja mit einer punktuellen Betrachtung und ziehen rückwirkend Schlüsse. In Zukunft werden wir Kurven und Verläufe sehen, mit denen wir vorausschauend arbeiten können. Das erfordert z. B. auch ganze neue Schulungen.

DF: Haben Sie konkrete Ideen?
Lars Kalfhaus:
Natürlich, wir blicken auf das Thema ganz intensiv unter dem Oberbegriff „Digitalisierung“. Hier wird der Schlüssel für die Diabetesbehandlung der Zukunft liegen. Das Managen der Datenflut und die Vernetzung der unterschiedlichen Produkte werden zu unseren Kernaufgaben gehören, um die Versorgung effizienter zu gestalten. Das ist aber nicht das einzige Problem: Immer mehr Diabetespatienten stehen immer weniger Diabetologen gegenüber. Wir müssen demnach überlegen, wie wir die vorhandenen Kapazitäten durch digitale Innovationen entsprechend unterstützen.

DF: Und an diesem Punkt kommt ganz konkret die Firma Roche ins Spiel?
Lars Kalfhaus:
Ja, auf jeden Fall. Wir sind ja schon heute sehr aktiv mit unseren digitalen Angeboten und bauen diese auch kontinuierlich aus. Mit der neuen Version der Accu-Chek Smart Pix Software gehen wir in Richtung automatisierte Hilfe bei der Datenanalyse, um bestimmte Muster im Krankheitsverlauf schneller zu erkennen. Mit bluetoothfähigen Messgeräten und den entsprechenden Apps und Onlinelösungen wie Accu-Chek Connect lassen sich Versorgungsprozesse besser organisieren. Wir denken aber auch an ganz neuartige digitale Produkte z. B. zur Unterstützung der Schulung, Motivation und nachhaltiger Lebensstilanpassung.

DF: Welche Auswirkungen wird die Digitalisierung auf die Schulung haben?
Lars Kalfhaus:
Zunächst einmal grundsätzlich: Die Schulung wird essentiell bleiben. Das steht für mich außer Frage. Wie in vielen anderen Bereichen wird die Digitalisierung auf die jetzt praktizierte Schulung einen Einfluss haben. Ich glaube, dass sich digitale Lösungen ergänzend in die Schulung integrieren werden. Vielleicht wird es so sein, dass Nachschulungen beziehungsweise kontinuierliche Weiterentwicklungen in den Schulungen überwiegend digital stattfinden werden. Das wird sich zeigen.

DF: Ist das eine Frage des Mediums?
Lars Kalfhaus:
Genau. Wobei ich schon glaube, dass man auf Präsenzschulungen nicht verzichten kann. Digitale Lösungen werden die Präsenzschulung nicht ersetzen. Neue Angebote und Medienformate – zum Beispiel Webinare – werden die herkömmlichen Schulungen ergänzen. Dabei werden gruppenindividuelle Lösungen im Vordergrund stehen. Das Ziel wird und muß sein, dass wir durch neue digitale Lösungen soviele Patienten wie möglich so gut wie möglich schulen können. Das geht am besten, wenn die Verantwortlichen ihre Angebote an die Lebensrealität der Patienten anpassen.

DF: Herr Kalfhaus, wir bedanken uns sehr bei Ihnen für Ihre offenen Antworten und wünschen Ihnen alles Gute!



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Erschienen in: Diabetes-Forum, 2017; 29 (1/2) Seite 39-40