In einer neuen Studie wird untersucht, wie sich das kindliche Immunsystem bei Schwangeren mit und ohne Diabetes entwickelt. Es werden noch Teilnehmerinnen gesucht!

Durchgeführt wird die neu angelaufene ImmunDiabRisk-Studie vom Institut für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum München. Alle Teilnehmerinnen erhalten eine exzellente Betreuung während der Schwangerschaft mit kostenlosen Ultraschalluntersuchungen, kündigt das Institut an.

Risiko für Typ-1-Diabetes: Es kommt darauf an, welcher Verwandte betroffen ist

Bei 3 von 1000 Personen wird Typ-1-Diabetes diagnostiziert, vor allem bei Kleinkindern. Nach Schätzungen von Wissenschaftlern wird sich im Jahr 2020 in Europa die Zahl der Neuerkrankungen bei Kindern unter fünf Jahren im Vergleich zum Jahr 2005 verdoppelt haben. Kinder aus Familien, in denen ein Verwandter bereits erkrankt ist, haben ein erhöhtes Risiko von 5 Prozent, selbst Diabetes zu entwickeln.

Dabei kommt es aber darauf an, welcher Angehörige Typ-1-Diabetes hat: Interessanterweise liegt das Erkrankungsrisiko bei einem Kind, dessen Mutter an Typ-1-Diabetes erkrankt ist, um das Zwei- bis Dreifache unter dem Erkrankungsrisiko eines Kindes, dessen Vater, Bruder oder Schwester davon betroffen ist. Auch Diabetes-spezifische Autoantikörper als „Vorboten“ der Erkrankung werden häufiger bei Kindern von Vätern mit Typ-1-Diabetes nachgewiesen.

Warum sind Kinder von Müttern mit Diabetes besser geschützt?

Warum Mütter mit Diabetes ihren Kindern einen gewissen Schutz vor der Erkrankung mitgeben, ist gänzlich unerforscht. Vermutet wird, dass sich das Immunsystem bei diesen Kindern bereits im Mutterleib unterschiedlich entwickelt und sie dadurch vor der Entstehung von Autoimmunerkrankungen geschützt sind. Die genauen Mechanismen, die zu diesem Schutz führen, könnten der Schlüssel zum Verständnis der Entstehung von Autoimmunität in den ersten Lebensjahren sein.

Folgende Hypothesen werden als mögliche Ursachen für den Schutz diskutiert:

  1. Die Entwicklung von Betazellen im Fetus wird durch den erhöhten Blutzuckerspiegel der diabetischen Mutter stimuliert.
  2. Väter geben Risiko-Gene in einem höheren Maß an Kinder weiter.
  3. Der protektive Effekt beruht auf mütterlichen Faktoren, welche die Entwicklung des Immunsystems im Fetus beeinflussen und zu einer größeren Toleranz gegenüber dem Antigen Insulin führen. Insulin und sein Vorläufermolekül Proinsulin sind nämlich wichtige Angriffsziele der körpereigenen Abwehrstoffe, welche bei der Autoimmunerkrankung die insulinproduzierenden Betazellen zerstören.

Was schützt? Dazu gibt es bereits erste Ergebnisse

Die Wissenschaftler vom Institut für Diabetesforschung konnten bereits zeigen, dass das Risiko für die Entwicklung von Autoantikörpern bei Kindern von Müttern mit T1D darüber hinaus von Faktoren abhängig ist, die sehr früh Einfluss nehmen: Ein etwas erhöhter HbA1c Wert der Mutter am Ende der Schwangerschaft und ein Geburtsgewicht in der unteren oder oberen Tertile waren protektiv. Milde erhöhte Blutzuckerwerte scheinen also ebenfalls schützend zu wirken.

Es werden noch Teilnehmerinnen gesucht!

Die neue Studie ImmunDiabRisk soll nun klären, warum immer mehr Kleinkinder erkranken und wie sich erhöhte Blutzuckerwerte während der Schwangerschaft auf die Entwicklung des kindlichen Immunsystems auswirken. Der Einfluss von Blutzuckerwerten und Diabetes während der Schwangerschaft auf das kindliche Immunsystem ist bisher noch nie untersucht worden. Aus diesem Grund benötigt das Institut für Diabetesforschung die Mithilfe von betroffenen Familien.

An der ImmunDiabRisk Studie können alle Frauen teilnehmen, die ein Kind erwarten. Wir suchen sowohl Familien, bei denen bereits ein Mitglied an Typ-1-Diabetes erkrankt ist (also die werdende Mutter, der Vater oder ein älteres Geschwisterkind), ebenso wie werdende Mütter mit Typ-2-Diabetes, Schwangerschaftsdiabetes, oder ohne Diabetes in der Familie.

Wie laufen die Untersuchungen ab?

Die Untersuchungen des Nabelschnurbluts und der Plazenta bieten bereits einen wertvollen Einblick in wichtige immunologische Prozesse. Nabelschnurblut und Plazenta werden in der Regel nach Geburt weder vom Kind noch von der Mutter benötigt. Familien, die bereit sind, Nabelschnurblut und Plazenta für die Untersuchungen von ImmunDiabRisk zur Verfügung zu stellen, leisten bereits einen sehr wichtigen Beitrag zur Studie.

Zusätzlich bieten wir auf Wunsch Vor- und Nachuntersuchungen an. So können Studienteilnehmerinnen an umfangreichen Ultraschalluntersuchungen in einer renommierten Pränatalpraxis teilnehmen. Während des ersten Lebensjahres bieten wir an, Thymus- und Pankreasgröße per Ultraschall zu untersuchen. Außerdem werden Blut- und Stuhlproben der Mutter vor und nach der Schwangerschaft analysiert.

Ebenso können Stuhl- und Blutuntersuchungen des Kindes bis zum 2. Lebensjahr durchgeführt werden. Ein mögliches Diabetes-Risiko des Kindes könnte so frühzeitig erkannt werden und ggf. eine frühzeitige Behandlung eingeleitet werden. Die Blutentnahmen werden von Ärzten durchgeführt, die bei der Blutentnahme bei Säuglingen und Kleinkindern sehr große Erfahrung haben. Aus logistischen Gründen sollen in erster Linie werdende Eltern aus dem Großraum München angesprochen werden, da die Untersuchungen zum großen Teil in München stattfinden.

Die Erkenntnisse sollen langfristig therapeutisch genutzt werden, um die Entstehung von Autoimmunität zu verhindern.

Ansprechpartner:
Dr. med. Katharina Warncke, Tel.: (08 00) 8 28 48 68 (kostenlose Hotline), E-Mail: katharina.warncke@lrz.tu-muenchen.de


Quelle: Pressemitteilung des Instituts für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum München