Fragt man Diabetiker, die eine Insulinpumpentherapie durchführen, ob sie je wieder darauf verzichten wollen, werden die meisten Nein sagen, denn ihre Lebensqualität ist damit höher. Aber das ist nicht alles: Nun ist belegt, dass das Leben mit dieser Therapie auch länger dauern kann, denn die Gefäße bleiben gesünder.
Typ-1-Diabetiker behandeln sich meist entweder mit einer intensivierten Insulintherapie (ICT) oder einer Insulinpumpentherapie. Eine Expertengruppe hat nun Daten dieser beiden Therapiegruppen aus dem Schwedischen Nationalen Diabetesregister verglichen und festgestellt: Die Patienten, die eine Insulinpumpe zur Steuerung ihres Typ-1-Diabetes einsetzten, hatten durchschnittlich weniger Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems als die Patienten mit einer ICT.
Herz-Kreislauf-Risiko mit Insulinpumpe geringer
Die Hazard Ratio – also das Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten, im Beobachtungszeitraum ein Ereignis zu erleiden – für eine tödliche oder nichttödliche koronare Herzkrankheit lag bei 0,81 – es bestand also ein um 19 Prozent niedrigeres Risiko für die Insulinpumpenpatienten. Betrachtet man nur die tödliche koronare Herzkrankheit, lag die Hazard Ratio bei 0,55.
Die Hazard Ratio für Tod durch kardiovaskuläre Erkrankungen allgemein – hier waren neben Herzkrankheiten auch Schlaganfälle eingeschlossen – lag bei 0,58. Die Gesamtmortalität war mit einer Hazard Ratio von 0,73 ebenfalls bei den Patienten mit einer Insulinpumpentherapie niedriger als bei den Patienten mit einer ICT.
Primäre Endpunkte
Wie definierten sich die primären Endpunkte? Die nichttödliche koronare Herzkrankheit beinhaltete nichttödliche Herzinfarkte, instabile Angina pectoris, perkutane koronare Interventionen und/oder koronar-arterielle Bypässe. Zur Gruppe der tödlichen koronaren Herzkrankheiten gehörten verschiedene Formen der Angina pectoris, akute und rezidivierende Myokardinfarkte und daraus entstandene Komplikationen, außerdem einige weitere ischämische Herzkrankheiten.
Ein Schlaganfall konnte nach Definition ischämischer, hämorrhagischer oder nicht definierter Ursache sein. Kardiovaskuläre Erkrankungen allgemein umfassten sowohl koronare Herzkrankheiten als auch Schlaganfälle.
13 Prozent der Patienten nutzten Insulinpumpe
Eingang in die Auswertung aus dem Diabetesregister fanden 18.168 Typ-1-Diabetiker, bei denen die Therapieform Insulinpumpentherapie oder intensivierte Insulintherapie bekannt war; Ausschlusskriterien gab es keine. Einen Typ-1-Diabetes nahmen die Experten an, wenn ein Patient ausschließlich Insulin zur Diabetestherapie einsetzte und jünger als 30 Jahre bei Diagnose des Diabetes war. Der überwiegende Teil der Patienten nutzte eine ICT zur Diabetestherapie: 15.727 Patienten. Eine Insulinpumpe setzten nur 2.441 der ausgewerteten Patienten ein.
Fast alle der eingeschlossenen Patienten waren in ambulanter Betreuung in einer von etwa 90 Kliniken. Beginn der Datenanalyse war Juli 2005 – seit dem Jahr 2004 wurde im Register die Information über eine Insulinpumpentherapie mit aufgenommen –, das Follow-up endete am 31. Dezember 2012. Im Mittel betrug die Follow-up-Zeit 6,8 Jahre, so dass sich für die Auswertung 114.135 Personenjahre ergaben.
1.423 kardiovaskuläre Ereignisse insgesamt
In absoluten Zahlen betrachtet, wurden im Register während des Untersuchungszeitraums 1.423 Fälle einer tödlichen oder nichttödlichen kardiovaskulären Erkrankung gesehen. Daraus ergibt sich eine Inzidenz von 1,1 Fällen pro Jahr oder 12,5 Fällen pro 1.000 Personenjahre.
Die absoluten Unterschiede zwischen den Typ-1-Diabetikern mit Insulinpumpentherapie und denen mit ICT, jeweils pro 1.000 Personenjahre, betrugen 4,5 für eine tödliche oder nichttödliche koronare Herzkrankheit, 4,8 für eine tödliche oder nichttödliche kardiovaskuläre Erkrankung, 3,3 für eine tödliche kardiovaskuläre Erkrankung und 5,7 für die Gesamtmortalität.
Insulinpumpenpatienten jünger mit späterer Diagnose
Zwischen den Therapiegruppen gab es geringe Unterschiede. Die Pumpenpatienten waren mit einem Durchschnittsalter von 38 Jahren jünger als die ICT-Patienten mit 41 Jahren. Das durchschnittliche Diagnosealter hingegen war bei den ICT-Patienten mit 13 Jahren früher als bei den Pumpenpatienten mit 16 Jahren, die Diabetesdauer hingegen war mit 25 (Pumpe) bzw. 26 Jahren (ICT) ähnlich.
Weitere Unterschiede gering
Die Ausgangs-HbA1c-Werte zeigten keinen signifikanten Unterschied: 7,9 Prozent bzw 63 mmol/mol bei den Pumpenpatienten und 8,0 Prozent bzw. 64 mmol/mol bei den ICT-Patienten. Mit einem Anteil von 55 Prozent verwendeten mehr Frauen als Männer eine Insulinpumpe, während es bei den ICT-Patienten mit einem Männeranteil von 57,1 Prozent umgekehrt war. Insulinpumpenpatienten rauchten seltener mit 10,5 Prozent gegenüber 13,5 Prozent bei den ICT-Patienten, außerdem bewegten sie sich mehr.
Auch das weitere Risikoprofil sah bei den Pumpenpatienten positiver aus. Zudem hatten sie zu einem höheren Prozentsatz eine hohe Bildung, was sich aber nicht im Jahreseinkommen niederschlug. In der Summe waren die Unterschiede nach Ansicht der Autoren der Studienpublikation ausreichend gering.
Was die Autoren selbst als Frage offenlassen, ist: Sind die Unterschiede in den primären Endpunkten Ergebnis der physiologischen Konsequenzen der Insulinpumpentherapie, ist es die Diabetesbetreuung, die Pumpenpatienten erhalten, oder sind es Schulungseffekte durch die Pumpentherapie?
Erschienen in: Diabetes-Forum, 2015; 27 (10) Seite 44-45
