Feststoffwechselstörungen und Diabetes: das ist eine gefährliche Kombination. Was in der Praxis zu tun ist, sagt Ihnen Dr. Gerhard W. Schmeisl.
Große epidemiologische Studien, aber auch Interventionelle Endpunkt-Studien belegen den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fettstoffwechselstörungen und dem kardiovaskulären Risiko. Insofern interessiert es heute besonders, wie bei Erkrankungen, die mit Insulinresistenz einhergehen, wie dem metabolischen Syndrom und Diabetes Typ 2, das Risiko für eine rasche Progression der Arteriosklerose durch eine Modifikation der Lipoproteine gesenkt werden kann.
In diesem Zusammenhang ist eine Aktion aus Bayern (Herzzentrum München) positiv zu nennen – die VRONI-Studie: "Herzinfarkt mit 35? – ohne mich!" Seit 2020 läuft dort unter dem genannten Motto eine Studie bei über 17 000 Kindern. Dabei wurden 174 Familien mit einer familiären Hypercholesterinämie diagnostiziert und behandelt.
Fakten
In Deutschland besteht eine hohe Prävalenz der familiären Hypercholesterinämie- 300 000 Menschen sind bekannt. Die kardiovaskulären Folgen könnten durch eine rechtzeitige Diagnose durch gut etablierte Therapien (Statine, Ezetimib, Bempedoinsäure etc.) gemindert bzw. ganz vermieden werden.
Unbehandelt entwickeln etwa 50% der Männer vor dem 50. Lebensjahr und 23% der Frauen vor dem 60. Lebensjahr eine koronare Herzerkrankung (V.Sanin/Deutsches Herzzentrum 3/24). Mutationsträger haben danach ein 10-fach erhöhtes Risiko für eine schwere kardiovaskuläre Erkrankung bzw. vorzeitigen Herztod.
Ein Screening wurde 2021 als "prädiabetisches Screening" auf "familiäre Hypercholesterinämie" sogar von der Europäischen Kommission für öffentliche Gesundheit (Best Practice Portal) als eine der besten Präventionsmaßnahmen anerkannt!
In ihren aktualisierten Empfehlungen von 2019 empfehlen die ECS/EAS LDL-Zielwerte, die sich am Risiko des Betroffenen orientieren, z.B. Patienten mit sehr hohem Risiko: <55mg/dl (1,4mmol/l).
In größeren Studien (Improve-It, Odyssey Outcome, Fourier) war gezeigt worden, dass das Risiko durch eine weitere Absenkung der Werte ebenfalls gesenkt werden konnte.
In klinischen Studien (Coronar-CT-Untersuchungen, vaskulärer Ultraschall) konnte ebenfalls gezeigt werden, dass eine weitere Progression von atheromatösen Plaques bei LDL-Spiegeln von etwa 70mg/dl gehalten werden konnten - eine Regression bei Werten unter 50mg/dl war sogar möglich.
Dagegen ergaben Studien zur Versorgung mit lipidsenkenden Therapien aus 18 europäischen Ländern (Da Vinci-Studie) mit 5888 Patienten (2017-2018) folgende ernüchternden Daten:
- 84% der Patienten erhielten eine Monotherapie mit Statinen
- 9 % Kombination von Statin mit Ezetimib
- Nur 1% zusätzlich PCSK-9-Hemmer
Dadurch erreichten nur etwa 33% die angestrebten LDL - Zielwerte von <55mg/dl (2019). Ähnliche Ergebnisse lieferte die "Euro-Aspire V-Studie" (2016-2017) aus 27 Ländern. 77% der Herzinfarkt-Patienten hatten bei der Klinikaufnahme mit einem frischen Infarkt in der SWEDEHEART- Studie keinen Lipidsenker!
Lipoproteine
Lipoproteine spielen wegen ihrer Beteiligung an der Atheromatose-Entstehung die entscheidende Rolle. Plaques bestehen aus Lipiden, Cholesterin und weiteren Substanzen im Blut – entzündliche Vorgänge scheinen ebenfalls eine Rolle zu spielen. Bereits in jungen Jahren bilden sich kleinere arteriosklerotische Veränderungen an den Arterienwänden – z.T. im Zusammenhang mit hormonellen Veränderungen (Pubertät) – meist mit Progredienz im weiteren Leben (z.B. "fatty streaks" an der Rückseite der Aortenwand).
- Hydrophober Kern (Triglyceride, Cholesterin und Cholesterinester/wasserabweisend)
- Hydrophile Außenschicht (Phosphoplipide, Cholesterin, Apo-Lipoproteine/wasserfreundlich)
Lipoproteine und ihre Aufgaben
Die von der Darmschleimhaut aufgenommenen Lipide werden in Form von Chylomikronen (Reich an Triglyzeriden, relativ arm an Cholesterin) zur Muskulatur, den Geweben und schließlich auch zur Leber transportiert. VLDL produziert die Leber selbst – sie dienen dem Transport von Lipiden zu den inneren Organen (reich an Triglyzeriden!) – im zirkulierenden Blut werden sie durch Abgabe eines Teils ihrer Triglyceride immer kleiner und dichter – sie verlieren so an Masse und werden so schließlich zu IDL und später LDL- Partikeln (nur noch Cholesterin-Reste und Phospholipide, die bei Bedarf von den Gewebezellen aufgenommen werden). HDL-Lipoproteine sind am kleinsten und dichtesten und "sammeln" quasi Cholesterin aus den peripheren Geweben auf und bringen es zur Leber zurück (gutes Cholesterin!).
Einteilung der Hauptklassen.
Normalwerte des Gesamtcholesterins und seiner Abkömmlinge
Beim Menschen liegt der Gesamt-Cholesterinspiegel unter 200mg/dl (<5,2mmol/l). Das HDL-Cholesterin sollte über 40mg/dl (1,0mmol/l), das LDL-Cholesterin bei Menschen mit Typ 1-Diabetes unter 100mg/dl (<2,5mmol/l), bei Menschen mit Typ-2-Diabetes idealerweise heute sogar unter 70mg/dl (<1,8mmol/l) (= wie bei einer KHK auch ohne Diabetes), die Triglyceride sollten unter 150mg/dl (<1,7mmol/l) liegen.
Fette sind nicht wasserlöslich, so muss auch Cholesterin, damit es im Blut transportiert werden kann, an wasserlösliche (Eiweißstoffe) Proteine gekoppelt transportiert werden. Diese "Lipoproteine" werden dann im Labor entsprechend ihrer unterschiedlichen Dichte in VLDL, LDL und HDL-Lipoproteine unterteilt. Die "VLDL-Partikel" sind eine Vorstufe des LDL, das aufgrund seines großen Fettgehaltes auch als "schlechtes" Cholesterin bezeichnet wird, das HDL dagegen wegen seines geringeren Anteils an Fett als "gutes" Cholesterin (Es gibt aber auch verschiedene HDL!).
Das LDL-Cholesterin, speziell die small-dense LDL Partikel – zusammen mit erniedrigtem HDL und erhöhten Triglyceriden, sind im Zusammenhang mit der Entwicklung der kardio-vasculären Komplikationen ein wesentlicher Faktor.
Menschen mit Diabetes Typ 2 haben per se ein hohes Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Komplikationen an den Extremitäten-Gefäßen. Das Risiko, innerhalb der nächsten 10 Jahre ein KHK-Ereignis zu erleiden beträgt etwa 20 %!
Die Gesamtmortalität ist bei Menschen mit Diabetes doppelt so hoch wie bei Nicht-Diabetikern, die Inzidenz der KHK bei Männern mit Diabetes ist 2 mal höher, bei Frauen sogar 3 mal höher als bei Nicht-Diabetikern – Gründe für eine rechtzeitige Intervention.
Einteilung der Fettstoffwechselstörungen
Primäre Fettstoffwechselstörungen (= genetisch bedingt):
Trotz Vorbelastung treten diese jedoch nicht bei jedem Betroffenen auf – Lebensstil und Ernährung spielen eine wichtige Rolle – können den Verlauf stark beeinflussen.
Familiäre Hypercholesterinämie und Typ-2-Diabetes:
menschen mit Typ-2-Diabetes mit einer familiären Hypercholesterinämie sind Hochrisiko-Patienten, das bedeutet diese Menschen haben ein sehr hohes kardio-vaskuläres Risiko. Das LDL-Cholesterin muss so früh wie möglich normnah eingestellt werden (Klose 2014).
Häufige klinische Befunde bei familiärer Hypercholesterinämie (FHC) nach Hahnefeld 2020:
- Kardiosonographie (Xanthome an den Mitral- und Aortenklappen)
- Duplexsonographie der Karotiden (Plaques plus Intima-Media-Dicke)
- Achillessehnenmessung (Cholesterinablagerung, Dicke)
- Spiroergometrie (Ischämie-Symptome)
Welche Labordiagnostik ist sinnvoll?
Vor Beginn einer medikamentösen Therapie mit Statinen oder Fibraten sollte die CK gemessen werden. Zur Labordiagnostik zählen Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin, Non-HDL-Cholesterin, Triglyceride (nüchtern), HDL-Cholesterin, Lipoprotein (a) als einmalige Messung. Weitere wichtige Parameter sind:
- hsCRP
- Kreatinin, eGFR
- γ- GT, ALAT
- HbA1c
- TSH (zum Ausschluss einer sek. Hyperlipidämie)
- Albuminurie /ACR
Sekundäre Fettstoffwechselstörungen:
Sie treten auf in Zusammenhang mit:
- Diabetes mellitus
- Fehlernährung (Übergewicht)
- Schilddrüsenunterfunktion
- Rückstau der Galle
- Nierenerkrankungen
- Hoher Alkoholkonsum etc.
Primäre Fettstoffwechselstörung führen meist zu Cholesterinerhöhungen, sekundäre meist zu Triglycerid - Erhöhungen, wie bei z.B. Diabetes, gelegentlich auch zu Cholesterinerhöhungen). Der Arzt sollte dabei folgendes berücksichtigen:
- Sind die Cholesterinwerte isoliert erhöht?
- Sind die Triglyceride isoliert erhöht?
- Sind beide erhöht?
- Welche Einzelfraktionen sind erhöht? (Chylomikronen, VLDL, LDL, HDL etc.?)
Fettstoffwechselveränderungen bei Typ-2-Diabetes
Typischerweise findet sich bei Menschen mit Typ-2-Diabetes nur eine leichte Hypertriglyceridämie, und ein vermindertes HDL- Cholesterin, das durch eine optimierte Blutzuckereinstellung wieder völlig normalisiert werden kann. Erhöhte Triglyceride korrelieren sehr gut mit der Güte des Blutzuckerstoffwechsels aber auch mit dem Gewicht, insbesondere der abdominellen Adipositas (androide Fettverteilung). Ursache dieser Hypertriglyceridämie infolge Hyperinsulinämie und peripherer Insulinresistenz ist die gesteigerte VLDL Triglycerid-Synthese in der Leber sowie die reduzierte Verstoffwechselung der VLDL-Partikel und Chylomikronen. Da vor allem die VLDL auch Cholesterin enthalten, führt deren Erhöhung auch zu einer mäßigen Steigerung des Gesamtserumcholesterins.
Bei einer schlechten Blutzuckereinstellung führt die Anhäufung von LDL Partikeln dazu, dass das Gesamt-Cholesterin im Blut dramatisch ansteigen kann. Die erhöhte VLDL –Produktion in der Leber ist dagegen bedingt durch eine vermehrtes Substratangebot, sowohl endogen als auch exogen, der verzögerte Abbau der VLDL Triglyceride dagegen durch einen Mangel an Lipoproteinlipase und der hepatischen Lipase wegen der Hyperglykämie. Eine vermehrte Fettzufuhr durch die Nahrung verstärkt die Chylomikronen – Bildung und hemmt gleichzeitig deren Abbau durch die verminderte Lipoproteinlipase!
Merke: Bei einem nicht gut eingestellten Diabetes kommt es über eine hepatische Hyperinsulinämie zu einer Überproduktion von VLDL und triglyceridreichen Lipoproteinen, darüber hinaus bewirkt die periphere Insulinresistenz einen verminderten Abbau triglyceridreicher Lipoproteine!
Typ-1-Diabetes – charakteristische Befunde
Stoffwechselentgleisungen führen auch beim Typ-1-Diabetiker häufig zu Fettstoffwechselstörungen (Hypertriglyceridämie).
Ursächlich ist eine verminderte Aktivität der Lipoproteinlipase mit einem verminderten Abbau der die Triglyceride transportierenden Chylomikronen und VLDL.
Merke: Ursache der verminderten Lipoproteinlipaseaktivität und der damit im Blut nachweisbaren Hypertriglyceridämie ist beim Typ-1-Diabetiker ein absoluter Insulinmangel!
Sowohl das Gesamt-Cholesterin als auch die LDL - Cholesterin – Werte und die Triglyceride unterscheiden sich nicht wesentlich von der eines Gesunden – wenn der Blutzucker gut eingestellt ist.
Fettstoffwechselstörungen können so indirekt auf eine unzureichende, inadäquate Insulinsubstitution hinweisen!
Risikokategorien und Zielwerte.
Eine schlechte Blutzuckereinstellung bedeutet schlechte Blutfette!
- Eine Verminderung des HDL- Cholesterins: es kann bis zu 20 % vermindert sein. Sie ist hauptsächlich auf eine Verminderung der HDL-2 Subfraktion zurückzuführen.
- Es finden sich dann auch häufig sehr kleine dichte LDL-Partikel, die in besonders hohem Maß glykosiliert und enzymatisch bzw. oxidativ verändert werden. Ihr Triglyceridanteil ist verantwortlich für die Größe und Dichte der LDL-Partikel. Der Triglyceridanteil ist jetzt höher als der Cholesterinanteil. Diese triglyceridreichen und dichten LDL-Partikel werden über den LDL-Rezeptor nur in deutlich reduziertem Maße aufgenommen und tragen zu der Anhäufung der LDL-Partikel im Serum bei (→ Förderung der Atheromatose).
- Aufgrund einer reduzierten Lipoproteinlipaseaktivität findet man oft eine massive Hypercholesterinämie
Insbesondere die Hypertriglyceridämien können eine akute Pankreatitis auslösen sowie zu einer häufig zu beobachtenden Hepato - Splenomegalie und zu Xanthomen führen.
Lipoprotein a
Es ist ein Indikator für ein besonders hohes Herz-Kreislauf-Risiko und genetisch determiniert. Ab etwa 25 mg/dl Protein verdoppelt sich das Risiko (erhöhte Wert >30 mg/dl bzw. >75 mmol/l) für kardio-vaskuläre Erkrankungen. Bei Typ-2-Diabetes sind die Lipoprotein "a"-Spiegel nicht per se erhöht, man findet aber häufig bei Patienten mit Typ-1-Diabetes und einer diabetischen Nephropathie erhöhte Blutspiegel des Lipoprotein "a", die möglicherweise für sie ein höheres Risiko darstellen.
Das Lipoprotein a sollte aber insbesondere bei Patienten mit progredienten und früh auftretenden Gefäßschäden bestimmt werden. Da es zu 70-80% genetisch bestimmt ist, genügen meist 1-2 Messungen. Lipoprotein a ist von seinem Aufbau her ähnlich dem LDL-Cholesterin-Molekül sowie auch dem Plasminogen und wirkt "prothrombotisch". Durch eine Lipidapharese kann der Lipoprotein (a)-Spiegel wie auch der LDL-Cholesterin-Spiegel bis zu 70% abgesenkt werden (Waldmann E/Parhofer KG, 2019).
Mit dem Antisense-Oligonukleotid Lipoprotein(a)-Antisense kann die Bildung von Lipoprotein (a) bis zu 80 % reduziert werden. Die Substanz wird 1mal pro Monat subkutan appliziert.
Basistherapie und nichtmedikamentöse Strategien
1. Optimierung der Blutzuckereinstellung
2. Gewichtsreduktion bei gleichzeitiger Modifikation der Ernährung im Sinne einer mehr balllaststoffreichen ausgewogenen und hypokalorischen Ernährung.
3. Regelmäßige körperliche Aktivität, die nicht gleich in Sport ausarten muss, da sie sonst oft nicht regelmäßig ausgeführt wird.
4. Nikotin- und Alkoholkarenz, starker Alkoholkonsum kann extreme Hypertriglyceridämien verursachen.
Medikamentöse Therapieoptionen
Die Standardtherapie der Hypercholesterinämie besteht nach wie vor in der Gabe von Statinen – Mit einer Statintherapie kann je nach Dosis des Statins eine Senkung des LDL-Cholesterins von 30-50% erreicht werden. Jede Zelle kann Cholesterin bilden, keine Zelle kann dieses jedoch abbauen. Deshalb spielt der LDL-Rezeptor in der Leber eine entscheidende Rolle. LDL wird von der Leber aufgenommen, verarbeitet und schließlich in Form von Gallensäuren/freiem Cholesterin über die Galle ausgeschieden (1985 Nobelpreis an Brown und Goldstein – genetische Grundlagen der familiären Hypercholesterinämie).
Vorrangig sollten die hochpotenten Präparate Atorvastatin und Rosuvastatin bis zur jeweiligen Höchstdosis ("Zieldosis") eingesetzt werden. Erst in einem zweiten Schritt sollte Ezetimib dazu gegeben werden (A. Vogt/LMU München 7/23).
Im Zusammenhang mit möglichen muskulären Beschwerden spricht man von "statin-assoziierten Beschwerden", da nicht regelhaft ein kausaler Zusammenhang gefunden werden kann.
Nach einer Stellungnahme der American Heart Assoziation besteht das Risiko für eine schwerwiegende Muskelschädigung bzw. Rhabdomyolyse <0,1% - das Risiko für die Manifestation eines Typ-2-Diabetes unter Statinen <0,2 % pro Behandlungsjahr.
Eine Messung der CK (Kreatinkinase) im Blut ohne vorausgegangenen Sport kann evtl. Hinweise geben, ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang besteht. Allgemein kann man feststellen, dass auch in Studien unter einer niedrigdosierten Statin-Therapie weniger Unverträglichkeiten auftraten als bei der hochdosierten Behandlung. Ein Auslassversuch und gezielter Neu-Beginn können ebenfalls hilfreich sein. In großen Analysen (Meta-Analysen) waren bei 90% der Betroffenen die Beschwerden nicht auf das Statin zurückzuführen!
Alle Studien belegen darüber hinaus die gute Verträglichkeit und den Nutzen bei Kindern und Jugendlichen mit familiärer Hypercholesterinämie. Statine sind auch bei Kindern zugelassen:
- Lovastatin, Simvastatin, Fluovastatin und Atorvastatin ab 10 Jahren
- Pravastatin ab 8 Jahren
- Rosuvastatin ab 6 Jahren
Bei hohem kardio-vasculären Risiko wird heute sogar schon empfohlen den LDL-Cholesterin auf unter 70 mg/dl zu senken, denn bei Senkung des LDL-Cholesterin um jeweils 30 mg/dl nimmt das relative Risiko für eine Koronare Herzerkrankung um etwa 30% ab.
Durch die medikamentöse Reduktion der Cholesterinsynthese in der Leber, wird häufig jedoch gleichzeitig auch die Resorption aus dem Darm gesteigert, bei verminderter Resorption aus dem Darm nimmt umgekehrt die Synthese in der Leber häufig zu. Durch eine duale Hemmung kann man dies verhindern: Die Produktion von Cholesterin in der Leber wird gehemmt – gleichzeitig aber auch die Resorption im Darm!
Bei Menschen mit Diabetes bewirken sie eine effektive Senkung des LDL-Cholesterin und können in Abhängigkeit von der eingesetzten Dosis und den Ausgangs -Triglyceridwerten die Serum-Triglyceride und das VLDL- Cholesterin positiv beeinflussen. Statine sind jedoch mehr als nur Fettsenker- mit Blick auf die Verhinderung atheromatöser Plaques wirken sie antiinflammatorisch, antiproliferativ, endothelfördernd und plaque-stabilisierend.
Merke: Statine senken das Serum-LDL-Cholesterin um bis zu 60 %, die Triglyceridspiegel bis maximal 25 %. (Triglyceridsenkung führt oft zu einer Erhöhung des HDL!). Durch die Kombination eines Statins mit Ezetimib kann die LDL-Senkung nochmals gesteigert werden (insgesamt bis zu 65 %).
PCSK9-Hemmer (= Hemmung der Proprotein Convertase Subtilisin/Kexin 9)
Wenn durch Statine und Ezetimib eine maximale LDL-Senkung in den Zielbereich nicht ausreicht, kommen die PCSK9-Hemmer (Alirucumab/Repatha® und Evolocumab/Praluent®) zum Einsatz – besonders bei Hoch-Risikopatienten.
Diese Antikörper binden das PCSK9 Protein im Blut – danach kommt es zu einer stärkeren Expression von LDL-Rezeptoren an den Leberzellen, was zu einer stärkeren LDL-Aufnahme in die Leber führt
Sie können das LDL um 50-60 % senken – und dies bei bereits bestehender Therapie mit Statinen und Ezetimib. Die Vorstellung, dass bereits abgelagerte "Fettpartikel" durch den Einsatz von Antikörpern im Bereich der Gefäßwände wieder abgebaut werden könnten, ist gar nicht so "phantastisch"! In aktuellen Studien finden sich Hinweise darauf, dass dies möglich ist!
Weitere Substanzen
Bempedoinsäure
Die Bempedoinsäure (180 mg = eine Tabl. täglich) hemmt ein bei der Cholesterinsynthese wichtiges Enzym: die ATP-Citrat-Lyase (Studienprogramm ("Clear"): LDL-Senkung um max. 25 %!). Es kann als Ergänzung zu einer Therapie mit einem Statin und Ezetimib hinzugegeben werden. Auch als Alternative, wenn die anderen Substanzen nicht vertragen werden.
Inclisiran (siRNA= small interfering RNA) (= doppelsträngige kleine interferierende Ribonukleinsäure)
Diese greift direkt an der PCSK9 an und hemmt deren Synthese in der Leber durch Blockierung der Translation (sie ist eine Duplex-RNA die langsam aus den Endosomen der Leberzelle freigesetzt wird). Durch eine chemische Stabilisierung hat sie eine lange Halbwertszeit und muss deshalb nur alle ½ Jahr gespritzt werden (s.c.) (Studienprogramm Orion). Es ist bei uns mittlerweile zugelassen und wird als Fertigspritze (284 mg) injeziert (Zeitpunkte der Injektion: 3 Monate nach Erstinjektion die 2. Gabe, danach alle 6 Monate s.c.).
- Niedriger Anteil von gesättigten Fettsäuren und Cholesterin
- Hoher Anteil von einfach ungesättigten Fettsäuren
- Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl eher günstig
- Alkoholkonsum minimieren, max. 1-2 Gläser Bier od. Wein/Tag
- Regelmäßige körperliche Aktivität
Weitere Möglichkeiten bei evtl. Unverträglichkeit
- Austauscherharze- Gallensäurebinder –Resorptionshemmer: Austauscherharze- Gallensäurebinder, wie Cholestyramin und Cholestipol binden im Darm Gallensäuren und entziehen so dem Körper Cholesterin.
- Fibrate, die bei einer isolierten Hypertryglyceridämie sinnvoll sind da sie das LDL-Cholesterin nur mäßig erniedrigen und auch das HDL-Cholesterin nur unwesentlich beeinflussen. Eine Kombination mit CSE- Hemmern, sollte wegen der möglichen Gefahr einer Rhabdomyolyse sehr gut überlegt und nur bei enger Überwachung durchgeführt werden, auch wenn dadurch eine signifikant bessere Senkung insbesondere des LDL und der Triglyceride bei gleichzeitig leichter Anhebung des HDL und Reduktion der sehr dichten LDL-Partikel erfolgt. (Cholesterinsenkung: LDL und VLDL um 20 %; HDL-Erhöhung um ca. 30 %, Triglyceridsenkung um etwa 50 %).
- Fischöle: die mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren enthalten, scheinen ebenfalls effektiv zu sein. Omega-3-Fettsäuren zählen zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren:
- Alpha-Linolsäure (in Soja, Walnuss, Raps- oder Leinöl)
- Eicosapentaensäure/Docosahexaensäure (in fettreichen Fischsorten wie z.B. Hering, Makrele und Lachs)
Sie scheinen die Fließeigenschaften des Blutes zu verbessern und ihre Abbauprodukte wirken entzündungshemmend – Triglyceride und LDL-Cholesterin werden gesenkt. Laut der AHA (=Amerikanische Herzgesellschaft) sind sie bei Herzinsuffizienz und koronarer Herzerkrankung durchaus sinnvoll und können die Sterblichkeit mäßig reduzieren. (Prof. Dr. David S. Siscovich, USA). Da sie nicht vom Körper selbst hergestellt werden können (=essentielle Fettsäuren) müssen sie oral aufgenommen werden! Die Dosis der herkömmlichen allgemein erhältlichen (preiswerten) Kapseln scheint nicht auszureichen – es gibt eine höher dosierte und hochgereinigte Zubereitung, die sich in Studien als effektiver erwiesen hat (Vascepa®/ verschreibungspflichtig; "Reduce it-Studie").
Zusammenfassung
Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen einer globalen "Adipositas-Epidemie" und der "globalen Diabetes-Inzidenz". Die Insulinresistenz ist in der Phase des metabolischen Syndroms, bei Prädiabetes und schließlich Diabetes mit dem Auftreten typischer Fettstoffwechselstörungen vergesellschaftet – der "atherogenen Dyslipidämien". Sie erweisen sich als "hoch-atherogene Lipoprotein-Phänotypen! Rechtzeitige Diagnose mit anschließender konsequenter Behandlung ist zur Vermeidung frühzeitiger kardio-vaskulärer Folgen unabdingbar – erst recht, wenn eine genetische Beteiligung in Form einer "familiären Hypercholesterinämie" vorliegt. Eine "Statin-Unverträglichkeit" sollte nicht der Grund dafür sein, jegliche Therapie abzubrechen. Nichtmedikamentöse Möglichkeiten sollten genutzt – bei Nicht-Ansprechen sofort jedoch durch geeignete Medikamente ergänzt werden.
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Erschienen in: Diabetes-Forum, 2025; 37 (2) Seite 28-33