Neue Erkenntnisse aus der Gutenberg-Gesundheitsstudie (GHS) der Universitätsmedizin Mainz belegen den Einfluss von Funktionsstörungen der Endothelzellen auf die Entwicklung einer Diabeteserkrankung. Eine Funktionsstörung der Innenschicht der Blutgefäße (endotheliale Dysfunktion) erhöht das Risiko, eine Vorstufe des Diabetes mellitus zu entwickeln. Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz um Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel und Omar Hahad erstmalig nachgewiesen.

Endotheliale Dysfunktion nicht nur eine Folge von Typ-2-Diabetes

Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel und Omar Hahad konnten empirisch nachweisen, dass eine Funktionsstörung der endothelialen Zellen in den kleinen Arterien das Risiko erhöht, an einem Prädiabetes oder Typ-2-Diabetes mellitus zu erkranken. Eine weitere Erkenntnis ist, dass die Störung der Endothelfunktion sich langfristig auswirken kann: Münzel und Hahad zeigten, dass der HbA1c-Wert, nach fünf Jahren eng an die gestörte Funktion der Endothelzellen gekoppelt ist.

„Unsere Studienergebnisse zeigen auf, dass eine endotheliale Dysfunktion der kleinen Arterien nicht nur eine Folge des Typ-2-Diabetes darstellt, sondern auch der Entwicklung eines Diabetes vorausgehen kann", erläutern Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor der Kardiologie I und Studienleiter Omar Hahad. Diese neuen Erkenntnisse aus der weltweit größten bevölkerungsbasierten Langzeitstudie wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „Journal of the American Heart Association“ veröffentlicht.

Relevanz für Risikoabschätzung von Diabetes mellitus muss weiter erforscht werden

Die Ergebnisse von Münzel und Hahad basieren auf Daten von Teilnehmern an der Gutenberg Gesundheitsstudie, bei denen weder Prädiabetes noch Typ-2-Diabetes vorlagen. Die Wissenschaftler setzten die Technik der Volumenplethysmographie ein, ein Messverfahren, mit dem aufgrund von Volumenschwankungen die Endothelfunktion insbesondere der kleinen Gefäße bestimmt werden kann.

„Inwieweit diese Ergebnisse entscheidend für die Risikoabschätzung sein können, ob ein Patient voraussichtlich an Diabetes mellitus erkranken wird, soll Gegenstand zukünftiger Studien sein“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel.

Über die Gutenberg-Gesundheitsstudie (GHS)
Die Gutenberg Gesundheitsstudie (GHS) ist eine interdisziplinäre, populationsbasierte, prospektive, monozentrische Kohorten-Studie, die seit 2007 an der Universitätsmedizin Mainz durchgeführt wird. Im Fokus der Studie stehen die Erforschung des Herz-Kreislauf-Systems, aber auch Erkrankungen des Stoffwechsel- und Immunsystems, der Psyche, der Lunge, der Niere, der Augen, des Gehörs und der Haut sowie die Entstehung von Krebserkrankungen. Hierzu werden Lebensstil, psychosoziale Faktoren, Umwelt, laborchemische Parameter sowie das Ausmaß der subklinischen Erkrankung berücksichtigt.

Eine umfangreiche Biomaterialbank ermöglicht molekularbiologische Untersuchungen. Im Rahmen der Basisuntersuchung wurden rund 15.000 Individuen aus der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt und dem Landkreis Mainz-Bingen im Alter von 35 bis 74 Jahren zu einem fünfstündigen Untersuchungsprogramm in das Studienzentrum eingeladen. Nach 2,5 Jahren fand ein computer-assistiertes Telefoninterview (CATI) mit einem standardisierten Interview sowie einer Erhebung von auftretenden Erkrankungen und Beschwerden statt. Fünf und zehn Jahre nach Einschluss in die Studie stand eine erneute ausführliche Follow-up-Untersuchung der Teilnehmer im Studienzentrum ähnlich der Eingangsuntersuchung auf dem Studienplan. In der zweiten Phase der Studie (seit Mai 2017) waren die Studienteilnehmer zwischen 45 und 84 Jahren alt. Die Erkenntnisse sollen helfen, die medizinische Prävention, Diagnostik und Therapie zu verbessern.


Quelle: Presseinformation der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz