Fast jedes dritte Schulkind unter zehn Jahren in Europa ist zu dick oder gar fettleibig. Auf der Suche nach den Ursachen wurde die frühkindliche Programmierung im Mutterleib ins Visier genommen. Dass die Ernährung der Mutter eine Rolle spielt, konnte jedoch in einer langjährigen Studie nicht bestätigt werden: Eine spezielle Diät für die Schwangeren, reich an Omega-3-Fettsäuren und arm an Arachidonsäure, einer Omega-6-Fettsäure, hat die Kinder weder schlanker noch dicker gemacht als ihre Kollegen in der Kontrollgruppe.
Wirkung von "guten" Fetten nicht bestätigt
Bislang hieß es „schlechte“ Fette, insbesondere Omega-6-Fettsäuren, in der Schwangerschaft erhöhen die Bildung kindlicher Fettzellen, während „gute“ Omega-3-Fettsäuren vor Übergewicht bewahren. Am Tiermodell hatte eine Ernährung während Schwangerschaft und Stillzeit mit einer erhöhten Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren – wie sie auch in Fischölkapseln dargereicht werden – bei einer reduzierten Menge Arachidonsäure dazu geführt, dass die Nachkommen deutlich seltener übergewichtig wurden. Mit der INFAT-Humanstudie haben Wissenschaftler über einen Zeitraum von mehreren Jahren erstmals überprüft, ob dies auf den Menschen übertragbar ist und haben ihr Ergebnis im American Journal of Clinical Nutrition abschließend veröffentlicht.
„Wobei das Übertragen der Befunde von Tieren auf den menschlichen Körper immer kritisch ist“, erklärt Professor Hans Hauner, Leiter des Else-Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin der Technischen Universität München (TUM). „Es war aber ein attraktives Konzept: Hätte es sich bestätigt, könnten Mütter früh dafür sorgen, dass ihr Nachwuchs lebenslang vor Übergewicht und Adipositas bewahrt bliebe.“
Über 200 Frauen nahmen an der langjährigen Studie teil
208 Frauen im Alter von durchschnittlich 32 Jahren sowie einem BMI von 22 nahmen an der Studie teil, die vom Team des Lehrstuhls für Ernährungsmedizin der TU München durchgeführt wurde. Während die eine Hälfte sich normal ernährte, verbrachte die andere Gruppe mit 104 Frauen ab der zwölften Woche ihrer Schwangerschaft bis zum vierten Monat ihrer Stillzeit mit einer Omega-3-betonten Diät. Dabei schränkten sie ihren Fleischkonsum (enthält Omega-6-Fettsäuren) deutlich ein. Ihre Kinder wurden bis Ende des fünften Lebensjahrs jedes Jahr einmal untersucht. Dadurch ist die INFAT-Studie die erste Studie, die über einen derart langen Zeitraum valide Daten liefert.
"Wir haben die Kinder dann auf drei verschiedene Arten untersucht: Einmal wurde die Hautfaltendicke gemessen, dann kamen Untersuchungen per Ultraschall hinzu, weil das noch genauer ist", erklärt Professor Hans Hauner vom Else-Kröner-Fresenius-Zentrum der TUM – "und bei einem Teil haben wir noch Kernspintomographien vorgenommen, um das Fett in der Bauchhöhle zu messen. Das Ergebnis war am Ende negativ: Diese spezielle Ernährungsweise hatte keinen Effekt aufs Gewicht der Kleinkinder", sagt Hauner.
Damit zeigt sich, dass die früheren Befunde nicht auf den Menschen übertragbar sind und der erhoffte Nutzen einer solchen Ernährung in Frage gestellt ist, weil sich kindliche Adipositas damit wohl nicht verhindern lässt. Möglich wäre jedoch, so die Studienautoren, dass die Ernährung der Mutter in der Frühschwangerschaft zu anderen Ergebnissen führt, dazu wären jedoch weitere Studien notwendig.
Quelle: Pressemitteilung der Technischen Universität München (TUM)
