Der Vortrag, in dem Rena Wing, Providence, Rhode Island, die Vier-Jahres Ergebnisse von LookAHEAD vorstellte, war das Highlight in einer Sitzung mit dem Thema „Treatment of Obesity“.

Das Ziel der LookAHEAD-Studie

Die LookAHEAD-Studie soll die größte (und beste?) Studie zur Gewichtsreduktion von Typ-2-Diabetikern werden, hat man den Eindruck. Sie will untersuchen, ob ein intensives Lifestyle-Programm, bestehend aus Diät, körperlicher Aktivität und Verhaltenstherapie, bei übergewichtigen oder fettsüchtigen Typ-2-Diabetikern kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität durch eine langfristige Gewichtsabnahme reduzieren kann.

In Studien bis zu einem Jahr hatte die Gewichtsreduktion bei Diabetikern günstige Effekte auf Blutzucker, Insulinempfindlichkeit, Blutdruck und Blutfette. Langzeitstudien fehlen aber. Deswegen ist die LookAHEAD-Studie auf 13,5 Jahre angelegt. Mit der Lifestyle-Intervention soll eine Gewichtsreduktion von über sieben Prozent des Körpergewichts erreicht und gehalten werden. Die Studie wird von der amerikanischen Regierung – den National Institutes of Health (NIH) – finanziert.

Methodik

Die Studie wird an 16 Zentren in den USA durchgeführt. In ihr sind 5145 übergewichtige bzw. fettsüchtige Menschen mit Typ-2-Diabetes eingeschlossen. Sie sind auf eine Lifestyle-Interventionsgruppe (ILI = Intensive Lifestyle Intervention, n = 2 570) und eine Gruppe mit Standard-Betreuung (DSE = Diabetes Support and Education, n = 2 575) randomisiert worden. Die Einjahresergebnisse waren 2007 (Diabetes Care 2007, 30:1374-1383) publiziert worden, nun wurden die Ergebnisse nach vier Jahren – für Gewicht, Fitness und kardiovaskuläre Risikofaktoren – präsentiert.

ILI – Intensive Lifestyle Intervention-Gruppe

Die intensive Lebensstil-Intervention umfasste:

  • In den Monaten eins bis sechs: einen wöchentlichen Kontakt mit den Studienteilnehmern (drei Gruppensitzungen pro Monat und eine Einzelberatung pro Monat). Als individuelles Ziel wurde den Teilnehmern eine Gewichtsabnahme von zehn Prozent des Körpergewichtes gesetzt (Das Studienziel ist mindestens sieben Prozent Gewichtsreduktion).
  • In den Monaten sieben bis zwölf wurden die Kontakte reduziert auf zwei Gruppensitzungen und eine Einzelberatung pro Monat. Als individuelles Ziel wurde den Teilnehmern eine weitere Gewichtsreduktion verordnet, wenn sie weniger als zehn Prozent abgenommen hatten. Sie sollten ihr Gewicht halten, wenn sie mindestens zehn Prozent abgenommen hatten.
  • In den Jahren zwei bis vier: monatlich eine Einzelberatung, Telefon- oder E-Mail-Kontakt, zwei- bis drei-mal im Jahr periodische Auffrischkurse oder Kampagnen, die jeweils sechs bis acht Wochen dauerten.

Die Empfehlungen zur Ernährung und körperlichen Aktivität waren:

  • 1 200 bis 1 500 kcal/Tag bei unter 112,50 kg Körpergewicht, 1 500 bis 1 800 kcal/Tag bei mindestens 112,50 kg Körpergewicht.
  • Der Fettanteil sollte weniger als 30 % der Gesamtkalorien sein, bei Bedarf sollten Mahlzeiten durch ein Diätpulver wie Slim-Fast o. ä. ersetzt werden, außerdem erhielten die Probanden Menüpläne.
  • Die körperliche Bewegung sollte stufenweise gesteigert werden und mindestens 175 Minuten pro Woche oder 10 000 Schritte umfassen.

DSE – die Kontrollgruppe

Die Kontrollgruppe hatte drei bis vier Treffen pro Jahr und erhielt schriftliches Material über Ernährung, körperliche Bewegung und soziale Unterstützung.

Studienpopulation

60 % der Teilnehmer waren Frauen, das mittlere Alter betrug 59 Jahre, 15 % spritzten Insulin. Der Body-Mass-Index lag bei 36 kg/m2, das Ausgangsgewicht betrug 100 kg, der Taillenumfang 114 cm. 15 % hatten ein kardiovaskuläres Ereignis in der Anamnese.

Ergebnisse

Die Gewichtsabnahme war im ersten Jahr dramatisch (–8,6 % des Körpergewichtes vs. –0,7 %, Abb. 1), ging in den Folgejahren etwas zurück (Jahr 2: –6,4 %, Jahr 3: –5,1 %, Jahr 4: –4,7 %), lag aber nach vier Jahren immer noch unter dem Ausgangsgewicht und um 3,6 Prozentpunkte besser als die Kontrollgruppe, wie Rena Wing stolz hervorhob.

Die Fitness wurde mittels Ergometertest gemessen. Auch sie hatte im ersten Jahr maximal um 20,9 % (% METs = Metabolische Äquivalente) zugenommen (Abb. 2), im vierten Jahr betrug der Unterschied noch + 5,4 % im Vergleich zum Ausgangswert. Die Fitness war jedoch immer noch deutlich besser als in der Kontrollgruppe.

Auch das HbA1c zeigte im ersten Jahr den deutlichsten Erfolg, es fiel von 7,25 % um 0,64 % ab (p < 0,0001) (Abb. 3). Trotz eines Wiederanstieges war das HbA1c während der ganzen Studienzeit signifikant (p < 0,0001) niedriger als in der Kontrollgruppe. Das hatte zur Folge, dass die Intensivgruppe zu allen Untersuchungszeitpunkten signifikant weniger Diabetesmedikamente benötigte als die Kontrollgruppe. Das galt sowohl für orale Antidiabetika als auch für Insulin.

Der systolische Blutdruck war die ganzen vier Jahre signifikant niedriger, der Gebrauch von Antihypertensiva war anfangs signifikant geringer, aber im vierten Jahr war der Unterschied nur noch tendenziell. Der diastolische Blutdruck wurde nicht signifikant beeinflusst.

Das HDL-Cholesterin war signifikant höher, die Triglyzeride fielen initial stärker ab, waren nach vier Jahren aber gleich wie in der Kontrollgruppe. Das LDL-Cholesterin fiel in beiden Gruppen gleichmäßig ab, in der Kontrollgruppe etwas stärker, was durch einen stärkeren Gebrauch von Statinen (das lag in der Verantwortung des Hausarztes) in der Kontrollgruppe erklärt wird.

Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Mit intensiver „Lifestyle Intervention“ konnte erfolgreich eine Gewichtsreduktion und eine Steigerung der Fitness über die vier Jahre erzielt werden. Weiterhin wurden dauerhafte Besserungen der Diabeteseinstellung trotz geringerer medikamentöser Diabetestherapie, des systolischen Blutdrucks und des HDL-Cholesterins erzielt.

Keine signifikanten Erfolge gab es vier Jahre nach Beginn der Studie beim diastolischen Blutdruck und der Verwendung antihypertensiver Medikation. Die Studie soll noch fast zehn Jahre weiterlaufen, und es bleibt spannend zu sehen, ob die bis jetzt erzielten Erfolge Bestand haben werden und ob dann auch kardiovaskuläre Komplikationen des Typ-2-Diabetikers durch „Lifestyle“ – was ja immerhin eine ursächliche Behandlung darstellt – vermieden bzw. vermindert werden können.

Fazit

In der LookAHEAD-Studie wird mit mehr als 5 000 Typ-2-Diabetikern über 13,5 Jahre geprüft, ob eine intensive Lebensstil-Intervention zur Gewichtsreduktion das kardiovaskuläre Risiko gegenüber einer Standardbetreuung senken kann. Beim ADA-Kongress wurden die Ergebnisse nach vier Jahren präsentiert:

  • Nach einem Jahr betrug die Gewichtsabnahme in der Interventionsgruppe spektakuläre 8,6 % des Körpergewichts (vs. 0,7 % in der Kontrollgruppe). Nach vier Jahren haben die Teilnehmer wieder zugenommen, wiegen aber immer noch 4,6 % weniger als zu Beginn.
  • Die Fitness (gemessen auf dem Ergometer) ist nach vier Jahren noch etwa 5,4 % höher als zu Beginn (1. Jahr: + 20,9 %).
  • Auch am HbA1c zeigte sich im ersten Jahr der deutlichste Erfolg, es lag um 0,64 % niedriger, nach vier Jahren betrug der Unterschied zur Kontrollgruppe nur noch 0,2 %.

Weitere Beiträge zur LookAHEAD-Studie



Autor:
Prof. Dr. med. Berend Willms, Bad Lauterberg

Postfach 1475, 37424 Bad Lauterberg im Harz