Bei der Behandlung des Typ-1-Diabetes hat digitalisierte Technologie breiten Einzug gehalten. Aber wie valide ist für Patienten mit Typ-2-Diabetes der Einsatz der Technik? Dr. Andreas Thomas mit einer Einordnung.

Diabetestechnologie im Allgemeinen und die mit der Weiterentwicklung der Informationstechnologie fortschreitende Digitalisierung im Speziellen werden immer bedeutsamer für die Behandlung des Diabetes mellitus. Das zeigt sich auch am Anteil von Beiträgen zu dieser Thematik, zumindest auf internationalen Kongressen, wie dem amerikanischen Diabeteskongress (Scientific Sessions of the American Dia­betes Association, ADA) (betrifft dort ca. 17 Prozent der etwa 3.000 Beiträge [Thomas 2019]).

Darüber hinaus gibt es sowohl in den USA (mit dem Diabetestechnologie-Meeting) als auch auf europäischer Ebene (mit der Conference on Advanced Technologies and Treatments for Diabetes, ATTD-Konferenz) und in Deutschland (mit dem DiaTec) direkt auf diese Schwerpunkte ausgerichtete Kongresse.

Die meisten Technologien betreffen die Behandlung des Typ-1-Diabetes. Entwicklungen wie die automatisierte Insulinabgabe (automated insulin delivery, AID), gesteuert durch einen Glukosesensor, oder auch klinische Therapieentscheidungssysteme (clinical decision support systems, CDSS) orientieren sich in der Regel daran. Das ist naheliegend, weil bei diesem Diabetestyp eine vollständige Insulinsubstitution vorgenommen werden muss.

Allerdings besteht die Frage, welchen Stellenwert Diabetestechnologie und Digitalisierung bei der Behandlung von Patienten mit Typ-2-Dia­betes einnehmen sollen. Schließlich gibt es durchschnittlich 20-mal mehr Patienten mit Typ-2-Diabetes als mit Typ-1-Diabetes. Daraus folgt auch, dass der Gesamtkostenfaktor für die Behandlung des Typ-2-Diabetes über der für die Behandlung des Typ-1-Dia­betes liegt, auch wenn zu berücksichtigen ist, dass die Zeitdauer der Therapie von Menschen mit Typ-2-Diabetes für den einzelnen Patienten deutlich kürzer ist.

Grundsätzlich kommt bei der Behandlung des Typ-2-Diabetes seltener Technologie zum Einsatz als bei Patienten mit Typ-1-Diabetes. Das ist dadurch bedingt, dass deren effektiver Einsatz von der angewandten Form der Therapie abhängig ist. Beispielsweise ist es wenig sinnvoll, eine Technologie wie die Blutglukosemessung oder gar das kontinuierliche Glukosemonitoring (continuous glucose monitoring, CGM) bei Patienten einzusetzen, welche mit nicht insulinotropen oralen Antidiabetika (OAD) behandelt werden.

Die Glukosemessung kann zwar dem Überprüfen der Therapie dienen, jedoch können die Patienten diese Daten nur bedingt nutzen, um ihre Therapie zu managen. Auch ergibt sich in diesem Fall nicht die Notwendigkeit des Verhinderns von Hypoglykämien wie unter der Therapie mit Insulin oder insulinotropen OAD.

Völlig anders ist die Situation dagegen, wenn die Patienten eine intensivierte Insulintherapie (ICT) anwenden, wo die Glukosemessung die Voraussetzung für das Anpassen von Insulingaben zu den Mahlzeiten oder zur Korrektur erhöhter Glukosewerte darstellt. Das betrifft einen zunehmenden Anteil der geschätzten 2,2 Millionen insulinbehandelten Patienten mit Typ-2-Diabetes [Deutsche Diabetes Gesellschaft 2020]. In allen anderen Fällen wird Glukosemessung/Glukosemonitoring nicht zur Therapieunterstützung eingesetzt werden, sondern, in der Hand des Diabetologen liegend, zur Therapieüberprüfung oder -modifikation genutzt.

Der 2020 publizierte Digitalisierungs- und Technologiereport Diabetes (D.U.T) [Kulzer 2020] bestätigt den im Vergleich zu Patienten mit Typ-1-Dia­betes signifikant geringeren Einsatz von Diabetestechnologie. In dem Report wurden dazu unter anderem 3 724 Patienten befragt. Von diesen Patienten (47,7 Prozent weiblich) wiesen 2 248 Erwachsene einen Typ-1-Dia­betes auf (Altersdurchschnitt: 47,3 Jahre, HbA1c: 7,0 Prozent), hatten 278 Kinder einen Typ-1-Diabetes (Altersdurchschnitt: 10,6 Jahre, HbA1c: 7,2 Prozent) und 874 Erwachsene einen Typ-2-Dia­betes (Altersdurchschnitt: 63,6 Jahre, HbA1c: 7,0 Prozent).

Von den Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes benutzten 44,4 Prozent eine Insulinpumpe und 7,1 Prozent ein Hybrid-AID. 49,9 Prozent wandten real-time-CGM (rtCGM) und 32,2 Prozent intermittent-scanning-CGM (iscCGM) an. Bei den Kindern hatten 58,7 Prozent eine Insulinpumpe, 4,0 Prozent ein Hybrid-AID, 60,9 Prozent ein ­rtCGM- und 21,0 Prozent ein iscCGM-­System. Dagegen war die Anwendung von Diabetestechnologie bei den Patienten mit Typ-2-Diabetes erwartungsgemäß signifikant geringer: 2,4 Prozent nutzten eine Insulinpumpe, niemand ein Hybrid-AID, 15,1 Prozent ein rtCGM- und 15,0 Prozent ein ­iscCGM-System. Dabei ist zu beachten, dass diese Stichprobe die Gesamtpopulation der Patienten mit Typ-2-Diabetes nicht wirklich gut repräsentiert.

Die Nutzung von Diabetestechnologie dürfte in der Umfrage deutlich höher liegen als im Durchschnitt der Typ-2-Diabetes-Population. Gründe für die geringere Nutzung, z. B. der Insulinpumpentherapie, sind neben der dafür in Deutschland nicht vorhandenen Kostenerstattung auch in der Pathophysiologie des insulinbehandelten Typ-2-Diabetes zu suchen, welche diese Behandlungsform nicht zwangsläufig favorisiert. Gerade dieser Aspekt ist in die Betrachtung einzubeziehen. Das heißt: Die Indikation für eine bestimmte Diabetestechnologie ist im Kontext mit den dabei entstehenden Kosten zu betrachten.

Wie sinnvoll ist der Einsatz von Diabetestechnologie bei Typ-2-Diabetes?

Diabetestechnologie ist deutlich umfassender als nur die Insulinabgabe und die Kontrolle des Glukosespiegels. Prinzipiell lassen sich die Produkte einordnen in diagnostische oder messtechnische Verfahren wie die Glukosemessung, in Technologien zur Medikamentenabgabe (z. B. Insulinpens) und in Softwarelösungen zur Therapieunterstützung.

Die nachfolgende Aufzählung beschränkt sich dabei auf die Palette der Hilfsmittel im Alltag der Patienten [Thomas 2013]. Nicht einbezogen sind also Geräte, die wesentlich für die Therapie bzw. den Schutz der Patienten sind, wie Herzschrittmacher, Defibrillatoren, Vakuumsaugverbände für die Behandlung diabetischer Fuß­ulzera oder Technologien zur Behandlung der Adipositas (bariatrische Chirurgie mit Magenballon, Endo-Barrier usw.).

Glukosemessung

Unabhängig davon, ob die Glukosemessung punktuell oder kontinuierlich erfolgt, soll sie der Therapieunterstützung dienen. So sind zwei Voraussetzungen wesentlich:
  • Erstens muss der Patient eine Therapie durchführen, die flexibel gestaltbar ist. Vollständig gegeben ist das unter der intensivierten Insulintherapie, egal ob die Insulinzufuhr per Insulinpen oder Insulinpumpe erfolgt. Die Glukosewerte dienen dabei der Anpassung der Insulingabe an den aktuellen Glukosewert bzw. die geplante Nahrungsaufnahme, der Kontrolle des Erfolgs dieser therapeutischen Intervention und generell der glykämischen Kontrolle.
  • Zweitens muss der Patient die Glukosemesswerte auch wirklich für sein Therapiemanagement nutzen. Die alleinige Dokumentation der Daten in einem Blutzuckertagebuch oder das Monitoring in einer Software sind da noch nicht ausreichend.

In diesem Sinne unterscheiden sich Patienten mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes nicht. Sie unterscheiden sich nicht einmal in Bezug auf das Risiko von Hypoglyk­ämien, welches bei Patienten mit Typ-2-Diabetes nach 5 Jahren Insulintherapie etwa so hoch ist wie bei Patienten mit Typ-1-Dia­betes zu Beginn der Therapie [UK Hypoglycaemia Study Group 2007]. Unterschiede ergeben sich nur darin, dass es für die Behandlung des Typ-2-Diabetes eine Reihe Therapieoptionen gibt, für welche die Kenntnis der Glukosewerte durch die Patienten keine Voraussetzung für den therapeutischen Erfolg darstellt.

Das betrifft die ausschließliche Einnahme aller nicht insulinotropen OAD und auch die Verwendung von GLP-1-Rezeptoragonisten. Nur bei Verwendung von insulinotropen OAD (Sulfonylharnstoffe und Glinide) ist die Anwendung der Glukosemessung notwendig, auch wenn damit die Therapie nicht gesteuert wird. Beim Auftreten von Symptomen einer Hypoglyk­ämie gibt die Messung der Glukosekonzentration jedoch Sicherheit, die Situation richtig beurteilen zu können.

rtCGM

Bei Verwenden von CGM mit Anzeige der aktuellen Glukosewerte (rtCGM) bzw. dem Erhalt der Glukosewerte nach Scannen (iscCGM) ergibt sich als entscheidender Effekt, dass die kontinuierlich gemessenen Daten ein vollständiges Bild des Glukoseverlaufs bieten. Vor allem wird neben dem Glukosewert auch der Glukosetrend sichtbar, welcher unmittelbar in die Therapiesteuerung integriert werden kann, sofern der Patient eine Insulintherapie durchführt [Ziegler 2019].

Weiterhin lassen sich mithilfe von CGM-Software-Lösungen verschiedene Parameter für die Therapiebeurteilung ablesen, wie die mittlere Glukose, der Variationskoeffizient, der Glukose-Management-Indikator (Analogon zum aus Glukosedaten errechneten HbA1c-Wert) oder die Zeit im Zielbereich und im Hypo- bzw Hyperglyk­ämie­bereich [Battelino 2019].

Grundsätzlich können insulinbehandelte Patienten mit Typ-2-Diabetes in gleicher Weise von CGM profitieren wie Patienten mit Typ-1-Diabetes. Dem hat auch der Beschluss des Gemeinsamen Bundeausschusses zur Nutzung von CGM-Systemen Rechnung getragen, indem die Möglichkeit der Therapiesteuerung bei Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes unterstrichen wurde [Gemeinsamer Bundesausschuss 2016]. Dabei ist ein weiterer Aspekt, dass bei Patienten mit Typ-2-Diabetes ein Zusammenhang von großen Glukoseamplituden und dem kardiovaskulären Risiko besteht, auch wenn es dazu keine klare Evidenz im Sinne randomisierter, kontrollierter Studien gibt.

Dieses Risiko ergibt sich einerseits aus hypoglyk­ämie­induzierten Ereignissen [Desouza 2003, Goto 2016, International Hypoglycaemia Study Group 2019], aufgetreten z. B. in der ACCORD-Studie [The Action to Control Cardiovascular Risk in Diabetes Study Group 2008]. Auch ein erhöhtes Auftreten von Demenz wird im Zusammenhang mit Hypo­glyk­ämien diskutiert [Whitmer 2009].

Andererseits wurde bereits in den 1990er-Jahren in Studien wie der ­DECODE-Studie [­DECODE Study Group 1999 und 2003] oder der Diabetes-Interventionsstudie [Hanefeld 1996] beschrieben, dass es einen Zusammenhang von unphysiologisch hohen postprandialen Hyperglykämien und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Patienten mit Typ-2-Diabetes gibt. Starke Glukosewertschwankungen zu verhindern, um kardiale Ereignisse nicht zu fördern, lassen also den Einsatz von ­rtCGM bei Patienten mit Typ-2-Diabetes sinnvoll erscheinen.

Unabhängig von der Therapieunterstützung kann CGM aber auch zum Einschätzen von Mahlzeiten herangezogen werden. Die Ernährung als Basis der Therapie des Typ-2-Diabetes wird zwar anschaulich in Schulungsprogrammen dargestellt [Kulzer 2018], mit rtCGM bzw. auch iscCGM können die Patienten aber anhand der Glukosekurve die Auswirkung einer aufgenommenen Nahrung auf ihren Glukoseverlauf unmittelbar nachverfolgen. Auch dazu existiert Schulungsmaterial [Kröger 2020]. Der Schulungseffekt dieser zeitweisen Anwendung von CGM ist nachhaltig.

CGM bietet aber auch die Möglichkeit, Patienten extern zu unterstützen. Durch das Anwenden einer App bei Systemen wie dem Dexcom G6 oder dem Guardian Connect können die Daten in eine Cloud übertragen und zum Beispiel dem eingeladenen Ehepartner oder Freunden übermittelt werden. Diese können dann per SMS oder Anruf auf den Patienten einwirken, wenn zum Beispiel eine Hypoglykämie von diesem nicht selbst bemerkt und/oder darauf nicht reagiert wurde.

Eine höhere Stufe dieses Diabetesüberwachungssystems stellen „Therapieentscheidungssysteme“ dar. Über das Smartphone und die Cloud werden die Daten einem zentralen Großcomputer zugeführt, der diese analysiert, auf Grundlage der „gewonnenen Erfahrung“ mit dem individuellen Glukoseverlauf des Patienten bewertet und seine aktuelle Erkenntnis dem Patienten als Handlungsanweisung mitteilt. In Deutschland sind derartige Systeme (wie Sugar.IQ von Medtronic) noch nicht verfügbar, werden aber zukünftig die Insulintherapie sicherer machen.

Bei Patienten mit Typ-2-Dia­betes kommt als spezieller Vorteil hinzu, dass auch ältere und in ihrer kognitiven Funktion vielleicht schon eingeschränkte Patienten damit wirkungsvoll unterstützt werden können. Auch lassen solche Maßnahmen eine Erleichterung der Pflege von pflegebedürftigen Patienten mit Typ-2-Diabetes zu. Sie können die Arbeit des Pflegepersonals deutlich erleichtern, indem die Daten aller Patienten auf einem Monitor im Überwachungszimmer/Schwesternzimmer dargestellt werden.

Für die optimale Nutzung der umfangreichen Informationen und Funktionen von CGM-Systemen in der Dia­be­testherapie sind Schulungen nicht nur in der Handhabung der Systeme, sondern insbesondere in der Interpretation und Nutzung der Daten essenziell. Laut Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) aus dem Jahr 2016 wird eine rtCGM-spezifische Schulung der Patienten gefordert. Das herstellerunabhängige Schulungsprogramm ­SPECTRUM, dessen Effektivität vor Kurzem belegt wurde, steht für rtCGM-Systeme zur Verfügung [Freckmann 2020, Gehr 2017]. Für iscCGM-Systeme wird das Schulungsprogramm FLASH angeboten [Hermanns 2019].

„Diagnostisches CGM“

Schließlich stellen rtCGM-Systeme, insbesondere wenn das System nicht mit Blutglukosewerten kalibriert werden muss, und das kalibrationsfreie iscCGM eine Erleichterung für ältere Typ-2-Diabetespatienten dar. Der zumindest teilweise Verzicht auf Blutglukosemessungen erleichtert das Therapiemanagement vermutlich noch deutlicher, als das bei jüngeren Patienten der Fall ist. Das zeigt auch, wie vernünftig der Beschluss des G-BA aus dem Jahr 2016 war, CGM auch für insulinbehandelte Patienten mit Typ-2-Dia­betes zuzulassen [Gemeinsamer Bundesausschuss 2016].

Eine andere Situation ist das Nutzen von CGM-Profilen für das Festlegen bzw. Optimieren der Therapie. Das erfordert nicht unbedingt rtCGM-Systeme, auf welche die Patienten entsprechend geschult sein müssen. Für die Diagnostik ist es ausreichend, ein verblindetes CGM-System zu benutzen, welches Glukoseprofile aufzeichnet, ohne dass der Patient diese einsehen kann. Beispiele dafür sind der iPro von Med­tronic und der FreeStyle Libre Pro von Abbott (verfügbar in den USA).

Neben dem Glukosesensor ist auch der Recorder ein Einmalprodukt. Die aufgezeichneten und gespeicherten Daten werden nach Abschluss der Messung über eine App per Knopfdruck an den Arzt gesandt, der daraus mögliche Defizite in der Glukoseregulation des Patienten erkennen kann. Für den Patienten selbst entsteht nach dem Anlegen des Glukosesensors kein weiterer Aufwand außer diesem Knopfdruck. Es bedarf also keiner Schulung. Diese Form des Glukosemonitorings ist für alle Patienten mit Typ-2-Diabetes geeignet, unabhängig von der angewandten Therapieform.

Die Daten verwendet nur der Arzt. Sie ermöglichen ihm den Einblick in die Stoffwechselsituation, die Beurteilung der Effektivität von eingesetzten OAD oder auch die Ableitung einer weiteren Therapieoption. Wiederum betrifft das insbesondere Patienten mit kardiovaskulärer Komorbidität, für welche das Risiko von Hypoglykämien durch einen Wechsel zu einem Therapieregime ohne Insulin (z. B. GLP-1-Rezeptoragonist) oder Sulfonylharnstoffe bzw. Glinide umgangen werden kann.

Durchaus sinnvoll ist auch die Identifizierung von Patienten mit einem LADA (late autoimmune diabetes in adults). Schätzungen dazu ergeben eine Zahl von ca. 500 000 in Deutschland. Abgesehen davon, dass es einige visuell-diagnostische Anzeichen gibt wie eine für Patienten mit Typ-2-Diabetes untypisch schlanke Figur, dass das Therapieversagen gegenüber verschiedenen OAD auffällig ist und erst die Insulintherapie dann den Therapieerfolg bringt, diese den Diabetologen gut bekannte Charakteristik ist manchem Hausarzt nicht vertraut.

Auch wird er vermutlich keinen Test auf Antikörper (z. B. GAD65) vornehmen, um den LADA als eine Form des Typ-1-Diabetes zu diagnostizieren. Hier können im Zweifelsfall verblindet gemessene Glukoseprofile helfen. Profile von Patienten mit Typ-1-Diabetes bzw. LADA weisen eine deutlich höhere Instabilität auf als von Patienten mit Typ-2-Diabetes (gut zu diagnostizieren mit dem Stabilitätsindex als das Verhältnis von Mittelwert zu Standardabweichung [stabil: Werte > 3, instabil: Werte < 2, metastabil: Werte > 2 bis < 3] bzw. dem zum Stabilitätsindex reziproken Variationskoeffizienten).

Nichtinvasive ­Glukosemessung

Neben den im Markt verfügbaren Systemen zur punktuellen und kontinuierlichen Glukosemessung wird seitens der Patienten immer wieder nach nicht-invasiven Messsystemen gefragt, die auf physikalischen Effekten, wie der Absorption, Streuung oder Fluoreszenz von elektromagnetischen Wellen, speziell von Licht im infraroten Bereich, basieren [Thomas 2006]. Nun haben alle bisher vorgestellten Entwicklungen nicht die für das Therapiemanagement notwendige Genauigkeit erreicht, sodass bisher solche Geräte, obwohl einzelne sogar eine CE-Kennzeichnung aufweisen, noch keinen wesentlichen Einsatz gefunden haben.

Leider haben in den letzten 30 Jahren mehrere, zum Teil vollmundige, dann aber nicht umgesetzte Ankündigungen zu einer nachvollziehbar großen Skepsis geführt [Gal 2014, March 2004, Zanon 2012]. Das soll aber nicht heißen, dass solche Geräte nicht genau und reproduzierbar messen könnten. Das ist eine Frage des Signal-Rausch-Verhältnisses, der daraus folgenden Messgenauigkeit, der zu dessen Sicherung einzusetzenden Sensoren (z. B. optische Sensoren aus der Weltraumtechnologie) und schließlich des Preises.

Weiterhin wären aber auch Geräte denkbar, die sehr einfach sind und die Glukosekonzentration nur qualitativ, nicht jedoch quantitativ bestimmen. Das heißt, dass nach einer sehr einfachen Messung, beispielsweise dem Auflegen eines Fingers auf ein Messfeld, das Gerät nur anzeigen sollte, ob eine Hyperglykämie vorliegt oder nicht. Damit ließen sich routinemäßig in kurzer Zeit eine große Anzahl von Menschen auf erhöhte Glukosewerte testen.

Denkbar wäre ein Screening von übergewichtigen Menschen auf einem öffentlichen Platz, vor einer Kaufhalle usw., denn eines der Problemfelder beim Typ-2-Diabetes ist, dass die Patienten (in Deutschland ca. 2 Millionen) lange unerkannt bleiben und oftmals erst aufgrund von bereits ausgeprägten diabetischen Folge­erkrankungen dia­gnostiziert werden [Deutsche Diabetes Gesellschaft 2019]. Ein Gerät, das bei einer Hyper­glyk­ämie den Patienten auffordert, sich beim Hausarzt auf Diabetes testen zu lassen, könnte die Situation bezüglich des unerkannten Typ-2-Diabetes deutlich verbessern.

Ein Testfeld für diese nicht invasive, qualitative Bestimmung des Glukosebereichs kann aus schwach­selektiven Elektroden bestehen, auf welche ein Finger aufgelegt wird. Die Haut des Fingers wirkt dabei wie ein Elektrolyt, der auch auf den Stoffwechsel reagiert. Nach dem Aufsetzen des Fingers auf ein Elektrodenfeld entsteht ohne einen zusätzlichen elektrischen Strom ein elektrochemisches Potenzial, welches gemessen werden kann, die Nernst-Spannung. Diese ist proportional der Ionenkonzentration auf der Haut.

Werden unterschiedliche Elektroden eingesetzt (z. B. Nickel, Platin, Silber, Palladium, Kupfer), ergeben sich auch unterschiedliche Spannungswerte. Durch Kombination mehrerer Elektroden lässt sich so ein spezifisches „Muster“ für eine definierte Stoffwechselsituation, also eine vorliegende Hyperglykämie, zeigen [Ahlers 2011].

Insulinzufuhr

Therapie mit Insulinpumpen

Zurzeit werden in Deutschland ca. 100 000 Patienten mit Typ-1-Diabetes mit einer Insulinpumpe behandelt, wobei hier nicht unterschieden ist zwischen der klassischen Insulinpumpentherapie (CSII), der sensorunterstützten Pumpentherapie (SuP) und der Behandlung mit einem Hybrid-­AID-System. Angesichts geschätzter 372 000 Patienten mit Typ-1-Diabetes beträgt der Anteil der Pumpenanwender somit ca. 27 Prozent [Deutsche Diabetes Gesellschaft 2020]. Im Gegensatz dazu werden Patienten mit Typ-2-Diabetes sehr selten eine CSII durchführen, schätzungsweise wenige Hundert.

Der wichtigste Grund für den sehr geringen Anteil an Patienten mit Typ-2-Diabetes liegt im Insulinsekretionsverhalten. Diese Patienten haben in der Regel eine eigene Insulinsekretion, die allerdings nicht mehr ausreichend ist zum Sicherstellen einer normnahen Glukoseregulation. Im Gegensatz dazu ist bei Patienten mit Typ-1-Diabetes eine vollständige Substitution des Insulins erforderlich, was unter der ICT mit kurzwirksamem Insulin zu den Mahlzeiten und zur Korrektur und mit Verzögerungsinsulin für die basale Insulinversorgung realisiert wird. Letzteres weicht aufgrund seines Wirkprofils häufig vom individuellen Insulinbedarf der Patienten ab.

Insbesondere in den Morgenstunden kann es zu einem Insulinmangel (Dawn-Phänomen), dagegen zu anderen Zeiten, z. B. in den Nachtstunden, zu einem Insulinüberschuss und damit zu Hypo­glyk­ämien kommen. Mit einer Insulinpumpe lässt sich dagegen der Insulinspiegel über die quasi kontinuierliche Abgabe von kleinen Dosen kurzwirksamen Insulins deutlich besser an den basalen Insulinbedarf dieser Patienten mit absolutem Insulinmangel anpassen. Die Basalrate einer Insulinpumpe ist damit der wichtigste Vorteil gegenüber der ICT. Dieser Vorteil ist aber bei Patienten mit Typ-2-Diabetes wegen der Insulin­eigen­sekretion nicht gegeben, sodass der Einsatz von Insulinpumpen mit einer Multibasalprogrammierung oder gar von einem AID-System nicht notwendig erscheint.

Trotzdem ist die CSII auch bei Patienten mit Typ-2-Diabetes erfolgreich. In der randomisierten, kontrollierten ­Opt2mise (OpT2mise Glucose Control in Type 2 Diabetes Mellitus With Insulin Pump Therapy)-Studie zum Vergleich der CSII mit der ICT in 36 Zentren in Europa, den USA, Kanada und Südafrika ergab sich nach 6 Monaten eine Senkung des HbA1c-Werts um 1,1 Prozent unter der CSII und von 0,4 Prozent in der Vergleichsgruppe mit ICT [Reznik 2014]. Die 331 Patienten (Alter: 56,0 ± 9,6 Jahre, diagnostizierte Diabetesdauer: 15,1 ± 8,0 Jahre, durchschnittlicher Tagesinsulinbedarf: 105,3 Einheiten, durchschnittliche Metformindosis/Tag: 1 800 mg) hatten ein Ausgangs-HbA1c von 9,0 ± 0,8 Prozent.

Das heißt, dass trotz Ausschöpfung der Therapie mit Insulin und diversen anderen Antidiabetika keine befriedigende Stoffwechseleinstellung gegeben war. Die CSII sorgte dann für eine signifikante Senkung des HbA1c-Werts auf 7,9 ± 1,0 Prozent, ohne dass es zur Erhöhung der Zeit mit Werten < 70 mg/dl kam. Die CSII erwies sich folglich auch bei Typ-2-Diabetes als effektiv. Weitere Studien belegen, dass sich neben dem Senken des HbA1c-Werts und dem Verringern der Rate an schweren Hypoglykämien die Zeit im Zielbereich von 70 bis 180 mg/dl erhöht und der Tagesinsulinbedarf signifikant abnimmt [Edelman 2010].

Durch die körpereigene Insulinproduktion bei Typ-2-Diabetikern entfallen zwar einerseits wichtige Indikationen, die sich aus der unzureichenden Anpassung von Verzögerungsinsulin an den nahrungsunabhängigen, basalen Insulinbedarf ergeben. Sinnvolle Indikationen sind aber [Renner 1997]:
  • vorhandene diabetische Folgeerkrankungen, insbesondere eine schmerzhafte diabetische Neuropathie,
  • eine ausgeprägte Insulinresistenz und ein damit verbundener hoher Insulinbedarf.

Die erste Indikation ergibt sich aus der Beobachtung, dass sich durch die bedarfsgerechtere Substitution des Insulins über eine Insulinpumpe diabetische Folgeerkrankungen in frühen Stadien zurückbilden lassen [Dahl-Jørgensen 1986]. Generell ist zu beobachten, dass das Risiko für die Entwicklung von dia­be­tischen Folgeerkrankungen bei Anwendung einer Insulinpumpe deutlich geringer ist als unter der ICT, selbst bei vergleichbarem HbA1c-Wert [Schreiver 2013, Steineck 2015].

Im Vergleich zur ICT besteht ein genereller Vorteil der Anwendung von CSII, SuP und AID-Systemen in den geringeren Glukoseschwankungen im Tagesverlauf. Neben der besser an die Physiologie angepassten basalen Insulin­versorgung ermöglichen das auch die verschiedenen Bolusoptionen von Insulinpumpen (kurzer Bolus, verlängerter Bolus, Kombinationsbolus) [Chase 2002]. Diese geringeren Glukoseexkursionen verringern den oxidativen Stress, der ein erhöhtes Risiko für mikro- und makrovaskuläre Schäden zur Folge hat [Monnier 2006, Monnier 2007].

Auch wenn dieser Vorteil für alle Diabetespatienten relevant ist, kommt diesem bei Patienten mit Typ-2-Diabetes aufgrund des erhöhten kardiovaskulären Risikos noch eine zusätzliche Bedeutung zu. Parameter der Insulinresistenz (HOMA-IR) und der Betazellfunktion (HOMA-β) werden unter der CSII günstig beeinflusst [Choi 2006, Li 2004]. Auch Indikatoren eines erhöhten kardiovaskulären Risikos und einer endothelialen Dysfunktion, wie Faktor VII, Faktor VIII, Plasminogen-Aktivator-Inhibitor-1 (PAI-1), von Willebrand-­Faktor, Fibrinogen und die proinflammatorischen Zytokine Tumor-Nekrose-Faktor α (TNF-α) und Interleukin 6 (IL-6) bessern sich unter einer CSII [Choi 2006, Jankovec 2006].

Von Vorteil könnte der Einsatz der CSII auch bei Patienten sein, bei denen der Typ-2-Diabetes neu diagnostiziert wurde. In der Regel liegt hier eine durch Insulinresistenz, permanente Hyper­glyk­ämie und Glukosetoxizität bedingte schlechte glykämische Kontrolle vor [Hanefeld 1996]. Eine schnelle Rekompensation der Stoffwechselsituation lässt sich durch den Einsatz einer Insulinpumpe erreichen (unter Beachtung gegebenenfalls vorliegender vaskulärer Schäden, bei denen eine zu rasche Senkung des Glukosespiegels kontraindiziert ist).

So sorgt der Einsatz der CSII über etwa 2 Wochen für eine Verbesserung der Insulinempfindlichkeit und der Betazellfunktion [Chen 2008]. Auf lange Sicht wird ein positiver Einfluss auf die Betazellfunktion (verbesserte Insulinantwort auf Glukosebelastung), die Verringerung der Glukosetoxizität und die Verringerung der akuten Glukagon­antwort vermutet, wenn die Patienten nach der initialen Insulinpumpentherapie nachfolgend eine gute glykämische Kontrolle z. B. mit oralen Antidiabetika erreichten [Hanefeld 1996, Ilkova 1997, Noh 2009].

Die Frage ist, ob angesichts des noch vorhandenen körpereigenen Insulins eine kostenintensive Insulinpumpe mit Multi­basalratenprogrammierung notwendig ist. Prinzipiell wäre eine einfachere Insulinpumpenversion denkbar, mit einer konstanten Basalrate und einem einfachen Bolusmanagement. Beispiele dafür sind Systeme wie die CeQur Simplicity des Unternehmens CeQur oder die V-Go von Valeritas Inc. In beiden Fällen handelt es sich um eine Patchpumpe mit einer konstanten Basalrate (es gibt Pumpen für verschiedene Basalratendosierungen), auf welcher sich die Patienten den Bolus durch das Drücken auf einen Bolusknopf abrufen.

Entscheidend sind dabei zwei Aspekte: Zum einen sind diese Pumpen einfach zu bedienen, was angesichts des oft fortgeschrittenen Lebensalters von insulinbehandelten Patienten mit Typ-2-Diabetes wichtig ist. Zum Zweiten ist die Therapie mit derartigen Insulinpumpen preiswerter als mit technologisch umfassend ausgestatteten Insulinpumpen der Unternehmen ­Roche, Medtronic oder Tandem, die vor allem für die Behandlung von Patienten mit Typ-1-Diabetes ausgelegt sind.

Smarte Insulinpens

Die mit der Digitalisierung im Zusammenhang stehende Entwicklung befruchtet nicht nur die Insulinzufuhr mittels Insulinpumpen, sondern auch die Insulininjektion. Das schließt manuell zu bedienende Insulinpatches ein, die sich kaum unterscheiden von Patchpumpen wie der CeQur Simplicity. Ein Beispiel ist das System OneTouch Via, auch als „Patch-Pen“ bezeichnet.

Der Einfluss von digitalen Lösungen betrifft dabei beliebige als „Smart-Pen“ bezeichnete Produkte. Beispiele dafür sind der InPen von Companion Medical, das Integrated Insulin Management System (IIM) von Lilly, der Smart Sense von Becton Dickinson, der Pendiq 2.0 von Pendiq oder der NovoPen Echo bzw. ­NovoPen 6. In diesen Pens werden Insulingaben mit Datum und Uhrzeit sowie die abgegebene Dosis gespeichert und auf einem Display angezeigt. Auch Umgebungseinflüsse, wie die Temperatur des Insulins, Erinnerungsfunktionen an den Zeitpunkt der Injektion u. a. werden zum Teil ermittelt.

Mitunter sind Bolusrechner integriert, was die Verbindung mit Blutglukose- oder CGM-Geräten voraussetzt. Verschiedene Systeme besitzen eine Bluetooth-Verbindung und eine Smartphone-App, welche Daten speichert, analysiert und statistisch auswerten kann. Zusätzlich erfolgt die Anbindung an eine Diabetes-Management-Software, welche sowohl Patienten als auch Ärzte verwenden können. Damit lassen sich Glukosemuster erkennen, Ursachen für Abweichungen vom Zielbereich aufdecken und das Therapiemanagement optimieren.

Patienten mit Typ-2-Diabetes müssen die neuen Möglichkeiten nicht unbedingt umfassend nutzen. Erinnerungsfunktionen wie an den Zeitpunkt der Insulingabe oder die Aufforderung zur Glukosemessung dürften auch bei älteren Patienten die Insulintherapie sicherer machen.

Werkzeuge der ­Digitalisierung – Therapieentscheidungssysteme

Ein verbessertes Therapiemanagement ist gegeben, wenn Therapieentscheidungssysteme (TES) zur Anwendung gelangen, egal welche Technologie der Insulinzufuhr von den Patienten angewandt wird. Auch in diesem Fall ist es unerheblich, ob es sich um jüngere Patienten mit Typ-1-Diabetes oder ältere Patienten mit Typ-2-Diabetes handelt.

TES ähneln klinischen Entscheidungssystemen, welche das medizinische Personal beim Festlegen von therapeutischen Maßnahmen und deren Optimierung unterstützen können. Ein solches System enthält Studienwissen, Daten aus Lexika, Leitlinien usw., also Expertenwissen und Therapiedaten einer größeren Patientenklientel, besonders mit vorhersagbaren Mustern. An diesem vorhandenen Wissen werden patientenbezogene, individuelle Daten eines Patienten gespiegelt, z. B. erhoben mit einem CGM.

Handelt es sich um ein dem Patienten zur Verfügung stehendes TES, werden aus den Daten Handlungsanweisungen abgeleitet und dem Patienten auf sein Smartphone übermittelt. Diese Handlungsanweisungen basieren auf der Analyse von vorliegenden Mustern. Beispielsweise lässt sich aus Anstiegen oder Abfällen der Glukosekonzentration voraussagen, ob Hypoglykämien oder Hyperglykämien zu erwarten sind. Der Patient kann dann auf die ihm übermittelten Informationen proaktiv reagieren.

Derartige die Patienten unmittelbar unterstützende Systeme existieren bereits im Markt, wie Sugar.IQ in den USA. Insulinbehandelte Patienten mit Typ-2-Diabetes könnten davon stark profitieren, weil es deren Compliance erheblich erhöhen würde. Sie müssten nur den entsprechenden Handlungsanweisungen folgen.

Die Rolle der Diabetes­technologie ­angesichts der sich verändernden Klientel

Bekanntlich ergeben sich für die Klientel der Patienten mit Typ-2-Diabetes zwei grundsätzliche Tendenzen. Einerseits sind diese bei der Diagnosestellung zunehmend jünger, andererseits steigt deren Lebenserwartung angesichts des therapeutischen Fortschritts mit der Entwicklung neuer Medikamente und damit Therapieansätze. So ergibt sich ein wachsender Anteil rüstiger älterer Patienten mit steigender Altersstruktur und zunehmenden Komorbiditäten. Die aufgeführten Diabetestechnologien sind deshalb geeignet, jüngere Patienten mit Typ-2-Diabetes am Arbeitsplatz zu unterstützen, positiven Einfluss auf die Mobilität älterer Patienten zu nehmen.

In beiden Gruppen kann die Sicherheit beim Führen von Maschinen und bei der Teilnahme am Straßenverkehr erhöht werden. Das Verhindern von Hypo­glyk­ämien bzw. die zeitgerechte Warnung vor drohenden Hypoglykämien durch Einsatz der Diabetestechnologie verhindert Unfälle und fatale Folgen von Stürzen. Neben dem Vermeiden von Folgekosten steigt vor allem die Lebensqualität dieser Patientengruppen.

Diabetestechnologie für ­ältere Menschen

Der Großteil bisher verwendeter Geräte und Systeme ist eher unabhängig vom Alter der Diabetespatienten gestaltet worden. Tendenziell geht die Entwicklung eher in Richtung moderner Konsumgüter, wofür das Smartphone als Vorbild dient. Für ältere Menschen mit Typ-2-Diabetes wäre allerdings der Einsatz spezieller Diabetestechnologie sinnvoll. Diese Klientel zeichnet sich oftmals durch eingeschränktes Sehvermögen und auch eine eingeschränkte Fingerfertigkeit aus. Notwendig wäre es deshalb, spezielle Geräte anzubieten, also Systeme mit großen Bedienfeldern, großem Display sowie mit einfacher und verständlicher Bedienung.

Ein Beispiel ist die Sprachausgabe, nur umgesetzt bei einigen Blutglukosemessgeräten, wie dem GlucoTalk (Alere) oder dem Wellion Calla Dialog (Wellion). Bezüglich Insulinpumpen ist seitens der Bedienung bisher nur die mylife YpsoPump (Ypso­med) für Patienten mit eingeschränktem Sehvermögen nennenswert. Insgesamt existieren nur wenige geeignete Produkte für ältere Menschen mit Typ-2-Diabetes.

Eine andere grundlegende Überlegung ist, wie die Compliance von älteren Diabetespatienten erhöht werden kann und wie sich die mit dem Alter zunehmenden individuellen Fehler minimieren lassen. Dazu zählen Tablettenschachteln, welche die Patienten informieren, dass ein einsortiertes Medikament einzunehmen ist. Z. B. gibt es eine GlowCap, eine Kappe, die auf eine Medikamentenflasche aufgeschraubt wird und zur Einnahmezeit alarmiert.

In diese Kategorie gehört auch ein einnehmbarer Sensor des Unternehmens Proteus. Dabei wird ein kleiner Sensor verschluckt, der der Magenschleimhaut anhaftet. Dieser chemische Sensor erkennt verschiedene Medikamente, wenn sie im Magen aufgelöst werden. Ist nun der Zeitpunkt der Medikamenteneinnahme gekommen und der Sensor vermisst das entsprechende chemische Signal, gibt er einen Impuls zu einem auf die Haut aufgeklebten Monitor, welcher dann den Patienten alarmiert und zur Einnahme auffordert.

Zusammenfassung
Diabetestechnologie ist auch für Patienten mit Typ-2-Diabetes relevant. Das betrifft selbst die modernsten Lösungen wie AID-Systeme oder digitale Lösungen wie TES. Die Ziele der Therapie beträfen dabei nicht nur niedrige mittlere Glukosewerte (bzw. ein niedriges HbA1c), eine hohe Time in Range und möglichst keine Hypoglykämien, sondern auch das Verhindern großer Glukoseamplituden und Glukoseänderungsgeschwindigkeiten. Insbesondere Patienten mit kardiovaskulären Komorbiditäten würden davon profitieren.

Entscheidend wird dabei sein, dass in Zukunft einerseits auch für ältere Patienten gut handhabbare Systeme angeboten werden, die andererseits preisgünstiger sind als die technologischen Varianten der für Patienten mit Typ-1-Dia­betes entwickelten Diabetestechnologie. Unbedingt gesichert muss sein, dass die Patienten bzw. die Betreuer in der Anwendung der Systeme und der Nutzung der Daten gut geschult sind. Nur so lässt sich der initial höhere finanzielle Aufwand in einen langfristigen Kostenvorteil durch das Verhindern von schweren Komplikationen, zusätzlichen Krankenhausaufenthalten, Notarzteinsätzen und Pflegeaufwendungen umsetzen.

Autor:
Dr. Andreas Thomas
An der Elbaue 12, 01796 Pirna

Conflict of Interest: aktuell keinen – Dr. Andreas Thomas war Scientific Manager der Firma Medtronic, Geschäftsbereich Diabetes


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2021; 33 (10) Seite 37-44