Die Corona-Pandemie hat auch in der Diabetologie viel verändert – eine große Veränderung für Patienten, Diabetologen und das gesamte Diabetesteam sind Videosprechstunden und Online-Schulungen. Aber auch sonst halten neue Technologien rasant Einzug in die Diabetestherapie. Die Patienten sehen vor allem die Vorteile, die das für sie mit sich bringt, wie eine Umfrage unter mehr als 3.400 Menschen mit Diabetes und Eltern von Kindern mit Diabetes zeigt.

Hybrid-Closed-Loop-Systeme, DIY-Closed-Loop, Arzttermine per Videokonferenz, erste Online-Schulungen – die Digitalisierung nimmt in der sowieso technikaffinen Diabetologie weiter Fahrt auf, und viele Möglichkeiten, die sich bieten, werden früher und intensiver genutzt, als wenn es die Corona-Pandemie nicht gäbe.

Die Ergebnisse der Umfrage unter über 3.100 Erwachsenen mit Diabetes und fast 300 Eltern von Kindern mit Diabetes wurde vor der Pandemie durchgeführt, zeigt aber eindrucksvoll, welche sicherlich heute noch bestehenden Erwartungen die Befragten in die Digitalisierung und Technologisierung setzen. Durchgeführt wurde die Umfrage im Jahr 2019 im Rahmen des Digitalisierungs- und Technologiereports Diabetes (D.U.T-Report); gefragt wurden die Patienten u.a., was ihrer Meinung nach Vorteile der Digitalisierung und Technologisierung in der Diabetologie sind.

© Kirchheim-Verlag
Vorteile der Digitalisierung aus Patientensicht

Fazit: Als größte Vorteile der Digitalisierung wurden insgesamt vor allem Gründe genannt, die Menschen mit Diabetes unmittelbare Vorteile bringen: eine „bessere Behandlungsqualität“ (80,0 %), eine „größere Eigenverantwortung und Selbstbestimmung in der Therapie“ (80,0 %), „mehr Unterstützung bei Therapieentscheidungen“ (77,7 %) und „bessere Kommunikation mit dem Arzt/Diabetesteam“ (77,3 %). Vor allem Eltern von Kindern mit Diabetes und Erwachsene mit Typ-1-Diabetes schätzen dies als „großen“ bzw. „sehr großen“ Vorteil ein. Besonders auch Erwachsene mit Typ-2-Diabetes (81,1 %) erwarten sich eine „bessere Kommunikation mit dem Arzt/Diabetesteam“ (gesamt: 77,3 %) und einen „besseren Austausch mit anderen Betroffenen“ (63,1 %; gesamt: 54,5 %). Der geringste Vorteil wird von einer möglichen „Reduktion der Arztbesuche“ erwartet (gesamt: 41,8 %).

Und die Nachteile der Digitalisierung und Technologisierung? Sie wurden insgesamt als viel geringer eingeschätzt als deren Vorteile. Als größter Nachteil der Digitalisierung wird von allen Befragten die „Fehleranfälligkeit von digitalen Anwendungen“ (35,9 %) genannt. Die „Gefahr des Missbrauchs von Patientendaten“ (gesamt: 32,3 %) wird ebenfalls als ein großer Nachteil bewertet. Immerhin 31,1 % befürchten auch, dass die Digitalisierung in vielen Fällen den Arzt ersetzt. Nur wenige der Befragten haben die Befürchtung, dass durch die Digitalisierung das Verhältnis zum Arzt negativ beeinträchtigt wird (gesamt: 17,2 %), die Digitalisierung zu viel Zeit kostet (gesamt: 14,0 %) oder ein zu hoher Aufwand einem zu geringen Nutzen gegenübersteht (gesamt: 10,5 %).

Wie die Digitalisierung und Technologisierung schon heute in das Leben von Menschen mit Diabetes eingreift, zeigen eindrucksvoll die Schilderungen von Lisa Schütte, Dr. Jens Kröger und Dr. Katrin Kraatz in ihrem gemeinsamen Beitrag für den Digitalisierungs- und Technologiereport Diabetes. Lisa Schütte, die selbst schon lange Typ-1-Diabetes hat, schreibt: „Die Digitalisierung meiner Diabetestherapie hat nicht nur begonnen, sie ist im vollen Gange. Schlauchpumpen, Patchpumpen, smarte Pens, rtCGM-Sensoren, iscCGM-Sensoren, Smartphone, Smartwatch, Online-Community und selbst gebaute Closed-Loop-Systeme sind mittlerweile keine Ausnahmen mehr im Alltag von Menschen mit Diabetes.“ Und ein Fazit der drei Autoren lautet: „Blick man zurück, hat sich gerade in den letzten Jahren das Leben von Menschen mit Diabetes sehr gewandelt. Und trotzdem kann noch viel mehr passieren. In den nächsten Jahren wird die Digitalisierung in der Diabetestherapie voranschreiten und das Leben mit Diabetes ein wenig einfacher machen. Durch die Technik mag all das für Außenstehende aussehen wie die normale Bedienung von Smart-Devices, doch für Menschen mit Diabetes ist es ihr Gesundheitsmanagement.“

Die Umfrage

Zum zweiten Mal nach 2018 zeigt 2019 eine wissenschaftlich geleitete Umfrage, inwieweit digitale Anwendungen in Deutschland schon in der klinischen Praxis genutzt werden und wie Diabetologen gegenüber der Digitalisierung eingestellt sind. Teilgenommen haben 326 Ärzte, die diabetologisch tätig sind. Durchgeführt wurde die Befragung vom Forschungsinstitut der Diabetes Akademie Bad Mergentheim (FIDAM) in Zusammenarbeit mit dem Zukunftsboard Digitalisierung der Berlin-Chemie AG und mit Unterstützung des Bundesverbandes Niedergelassener Diabetologen (BVND), des Verbandes der niedergelassenen Diabetologen Niedersachsens (VNDN), des Bundesverbandes Klinischer Diabetes-Einrichtungen (BVKD) und des Wissenschaftlichen Instituts der niedergelassenen Diabetologen (winDiab).

2019 wurden zudem Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes sowie Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes nach ihrer Sicht auf neue Technologien und die digitalen Möglichkeiten der Diabetestherapie gefragt. 3.427 Personen haben an der Umfrage teilgenommen – davon 2.248 Erwachsene mit Typ-1-Diabetes (65,6 %), 874 Erwachsene mit Typ-2-Diabetes (25,5 %), 278 Eltern von Kindern mit Diabetes (8,1 %) und 27 Menschen mit einem anderen Diabetes-Typ (0,8 %). Die Ergebnisse sowohl der Ärzte- als auch der Patientenumfrage sowie weiterführende Artikel wurden veröffentlicht im Digitalisierungs- und Technologiereport Diabetes (D.U.T-Report); dieser ist abrufbar unter dut-report.de.

Der Digitalisierungs- und Technologiereport Diabetes

In diesem Report beschreiben die Autoren die wichtigsten Fakten und Entwicklungstrends zu verschiedenen Aspekten der Digitalisierung und Technologisierung in der Diabetologie. Durch die Beiträge wird deutlich, auf wie vielen und unterschiedlichen Ebenen Digitalisierung und Technologie mittlerweile in die Diabetestherapie eingreifen. Die Artikel sollen helfen, praxistaugliche Lösungen zu finden, die künftig zu einer modernen und patientenorientierten Diabetologie gehören können. Zudem ist die eingehende Analyse der Umfrageergebnisse ein Teil des D.U.T-Reports.


Der Report erscheint im Kirchheim-Verlag, die Herausgeber sind Prof. Dr. Bernhard Kulzer und Prof. Dr. Lutz Heinemann. Unterstützt wird der D.U.T-Report von der Berlin-Chemie AG mit seinem Zukunftsboard Digitalisierung (zd), mit dem das Unternehmen zusammen mit führenden Experten den Digitalisierungsprozess in der Diabetologie in Deutschland aktiv vorantreiben will. Der D.U.T-Report 2021 erscheint Ende Januar 2021.

Vertreter des zehnköpfigen Zukunftsboards Digitalisierung bilden zudem die Jury für den bytes4diabetes-Award.

Der Digitalisierungs- und Technologiereport Diabetes ist erhältlich über das Unternehmen Berlin-Chemie und in digitaler Form auf dut-report.de.