"Digitale Gesundheitsanwendungen" (DiGA) können auf Kassenrezept verordnet werden. Aber nicht jede App ist verordnungsfähig – umgekehrt kann auch die Verordnung von zugelassenen DiGA zu einem Regress führen. Wir fassen die Rechtsgrundlagen zusammen.

Gemäß § 33a SGB V haben Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse Anspruch auch auf die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen ("DiGA").

Verordnungsfähigkeit von digitalen Gesundheitsanwendungen

Hierbei handelt es sich um Medizinprodukte, deren Hauptfunktion wesentlich auf digitalen Technologien beruht. und die entweder dazu bestimmt sind, die "Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten" oder "die Erkennung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen" zu unterstützen.

DiGA als Leistung der gesetzlichen Krankenkasse

Voraussetzung für die Versorgung mit einer DiGA ist nicht nur, dass diese als Medizinprodukt klassifiziert ist, sondern es muss für deren Anwendung auch eine medizinische Indikation vorliegen.

Auch kann nicht jede Software oder App verordnet werden, welche diese Voraussetzungen erfüllt: die Krankenkasse muss nur mit solchen DiGA versorgen, die in dem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geführten Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen gelistet sind. Das Verzeichnis ist im Internet unter https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis einsehbar.

Die Anforderungen für die Aufnahme einer DiGA in das Verzeichnis sind allerdings recht hoch. So muss der Hersteller einen medizinischen Nutzen belegen und u.a. nachweisen, dass ein positiver Versorgungseffekt besteht, der Datenschutz eingehalten und die Datensicherheit gewährleistet wird. Derzeit gibt es nur wenige DiGA mit Diabetes-Bezug; unter Suchwort "Diabetes" sind aktuell bislang nur sechs DiGA gelistet (Stand: 17.08.2024):

  • glucura Diabetestherapie
  • HelloBetter Diabetes und Depression
  • Mebix
  • My Dose Coach
  • Una Health für Diabetes
  • Vitadio

Digitale Gesundheitsanwendungen

§ 33a Sozialgesetzbuch (SGB) V - Digitale Gesundheitsanwendungen

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Medizinprodukten niedriger und höherer Risikoklasse, deren Hauptfunktion wesentlich auf digitalen Technologien beruht und die dazu bestimmt sind, bei den Versicherten oder in der Versorgung durch Leistungserbringer die Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder die Erkennung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen zu unterstützen (digitale Gesundheitsanwendungen). Der Anspruch umfasst nur solche digitalen Gesundheitsanwendungen, die
  1. vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen wurden und
  2. entweder nach Verordnung des behandelnden Arztes oder des behandelnden Psychotherapeuten oder mit Genehmigung der Krankenkasse angewendet werden.

Für die Genehmigung nach Satz 2 Nummer 2 ist das Vorliegen der medizinischen Indikation nachzuweisen, für die die digitale Gesundheitsanwendung bestimmt ist.

Nur zwei dieser DiGA (HelloBetter und Vitadio) haben einen nachgewiesenen positiven Versorgungseffekt und sind daher dauerhaft im DiGA-Verzeichnis aufgenommen. Die anderen vier DiGA sind nur vorläufig ins Verzeichnis aufgenommen (für längstens 24 Monate) – sofern der erforderliche Nutzennachweis in dieser Erprobungszeit erbracht wird, bleiben diese DIGA dauerhaft gelistet, ansonsten werden sie nach Ablauf der Erprobungsphase wieder gestrichen und dürfen dann nicht weiter verordnet werden. Eine dauerhafte Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis ist nicht selbstverständlich und wird streng geprüft. So wurde die als erste ins DiGA-Verzeichnis vorläufig aufgenommene Diabetes-App "esysta" zwischenzeitlich wieder gestrichen, weil nach Angaben des BfArM "im Erprobungszeitraum kein positiver Versorgungseffekt nachgewiesen" werden konnte.

Was ist bei der Verordnung einer DiGA zu beachten?

Die Verordnung einer DiGA erfolgt auf einem üblichen Vordruck gem. Muster 16. Auf dem Rezept ist die Bezeichnung der App sowie deren PZN anzugeben; pro Rezeptblatt darf nur eine DiGA verordnet werden. Die Anwendungsdauer ist vom Hersteller vorbestimmt und kann im DiGA-Verzeichnis eingesehen werden; eine Angabe auf dem Rezept ist nicht erforderlich. Eine Folgeverordnung ist möglich, soweit dies medizinisch notwendig ist und die angestrebten Therapieziele sich mit Hilfe der DiGA voraussichtlich erreichen lassen.

Nach Einreichung des Rezepts bei seiner gesetzlichen Krankenkasse erhält der Patient von dort einen Download-Link bzw. Freischaltcode, mit denen die DiGA genutzt werden können.

Die Erstverordnung einer DiGA wird nicht (mehr) vergütet; diese Leistung ist Bestandteil der Versicherten- und Grundpauschalen des EBM.

Verordnung von DiGA muss wirtschaftlich und zweckmäßig sein

Die allgemeinen Voraussetzungen gem. § 12 SGB V gelten auch für die Verordnung einer DiGA. Neben dem medizinischen Erfordernis muss die Verordnung daher insbesondere auch wirtschaftlich und zweckmäßig sein.

Die Verordnung einer DiGA ist mit nicht unerheblichen Kosten für die Solidargemeinschaft verbunden. Es kann daher durchaus zu Einzelfallprüfungen bzw. Regressverfahren kommen, wenn die Verordnungskosten einer Praxis für bestimmte DiGA überdurchschnittlich hoch sind.

Gebot zur Wirtschaftlichkeit

§ 12 Wirtschaftlichkeitsgebot SGB V (Auszug)

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

Bei der Kosten/Nutzenabwägung einer Verordnung ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die DiGA in der Regel nur für einen bestimmten Anwendungs- bzw. Nutzungszeitraum verordnet werden können, d.h. der Patient kann eine DiGA nicht dauerhaft bzw. unbegrenzt verwenden.

Die Kosten der jeweiligen DiGA sind im DiGA-Verzeichnis aufgeführt, Der dort angegebene Herstellerpreis bezieht sich auf den Anwendungszeitraum und fällt daher bei jeder (Folge-)Verordnung an. Dieser Nutzungszeitraum beträgt in der Regel 90 Tage. Die Angaben zur Anwendungsdauer einer DiGA finden sich in den jeweiligen "Informationen für Fachkreise" im DiGA-
Verzeichnis. Weiterhin ist auch die dort für jede DiGA angegebene Mindestanwendungsdauer zu beachten, d.h. es sind dann auch ggf. entsprechende Folgeverordnungen für diesen Zeitraum erforderlich.

Die Kosten für die derzeit im DiGA-Verzeichnis gelisteten DiGA mit Diabetes-Bezug (siehe oben) bewegen sich zwischen 229,99 EUR und 740,00 EUR – pro Quartal.

Tipp: Falls Sie – beispielsweise zur Meidung einer womöglichen Regressdiskussion – keine DiGA verordnen möchten, dann kann der Patient diese auch direkt von der Krankenkasse genehmigen lassen. Hierzu stellt er bei seiner Krankenkasse (gem. § 33a Abs. 1 S.2 Nr. 2 2. Alt. SGB V) direkt einen Antrag auf Genehmigung und gibt hierbei das Vorliegen der medizinischen Indikation an. Diese wird ggf. vom Medizinischen Dienst geprüft; seitens der Praxis sind dann keine Verordnung und auch keine Nachweise oder Befunde erforderlich.


Kontakt:
Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte
Nägelestraße 6A, 70597 Stuttgart


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2024; 36 (9) Seite 32-34