Systeme wie rtCGM und Insulinpumpen werden immer kleiner. Und die Nutzer:innen solcher Technologien wünschen sich immer mehr Kompatibilität - vor allem mit jeweiligen Smartphones. Theresia Schoppe bringt Sie auf den neuesten Stand der Entwicklungen.
In den vergangenen Jahren war eine nahezu exponentielle Entwicklung diabetestechnologischer Therapieoptionen zu beobachten. Wir konnten miterleben, die Systeme für das real time continuous glucose monitoring (rtCGM-Systeme) und Insulinpumpen immer kleiner und praktikabler wurden, teilweise intelligenter, insbesondere durch die Kommunikation beider Komponenten und selbstlernender Algorithmen für die automatisierte Insulindosierung (AID), die einer künstlichen Intelligenz (KI) bereits sehr nahekommen.
Diese Entwicklung hat 2025 sicherlich noch kein Ende gefunden und so können wir auch weiterhin spannende Neuerungen erwarten. Einiges wurde offiziell kommuniziert, andere Veränderungen können wir nur vorausahnen.
Nachbesserungen in puncto Interoperabilität
Grundsätzlich können wir davon ausgehen, dass die Interoperabilität zwischen rtCGM-Systemen und Insulinpumpen weiter ausgebaut wird. Hier war 2024 schon einiges passiert. So hatte Medtronic GmbH bereits einen neuen Sensor auf den Markt gebracht (MedtronicTM Simplera SyncTM). Sukzessive erhalten Patient:innen nun ein Update für die MinimedTM 780G – sofern sie ihre Pumpe vor dem 19.07.2024 erhalten haben –, um diese mit dem neuen Sensor koppeln zu können. Neuere Versionen sind bereits kompatibel. Abbott AG hatte ebenfalls einen Schritt voraus gewagt und den Glukosesensor FreeStyle Libre (FSL) 3 Plus auf den deutschen Markt gebracht, welcher über Schnittstellen zu AID-Systemen und Smartpens verfüge. Diese Schnittstelle muss nun auch seitens der Insulinpumpen- und Smartpen-Hersteller freigegeben werden, um die Glukosedaten in die Systeme implementieren zu können. Angekündigt ist bereits die Kooperation von Abbott GmbH und Tandem® Diabetes Care für die t:slim X2 mit Control IQTM; ein genaues Datum ist bisher jedoch nicht bekanntgegeben worden.
Nächster Schritt: kompatible Pods
Ein konkretes Update wurde durch die Firma Insulet Corporation angekündigt. In der ersten Jahreshälfte 2025 können wir eine Integration der Glukosedaten aus dem DexcomTM G7 Glukosesensor in das OmniPod® 5 (OP5) Insulinpumpensystem erwarten. Das Steuerungsgerät hat bereits das entsprechende Update erhalten. Im nächsten Schritt müssen die kompatiblen Pods verordnet werden können. Immer wieder ist auch zum OP5 zu lesen, dass es eine Integration der Daten aus dem FSL 3 geben wird. Offizielle Ankündigungen für den deutschen Markt gibt es hierzu keine. Möglicherweise kommt diese Annahme durch die verfügbaren Systeme in anderen Ländern zustande. Denn ein Blick u.a. in das europäische Ausland offenbart, dass eine Einbindung der Daten aus dem FSL 2 in das OP5-System möglich ist.
Nutzung mit dem Smartphone: das ist gewünscht
Von Patient:innen wird ebenfalls immer wieder die Kompatibilität mit Smartphones nachgefragt, um die Insulinpumpe steuern zu können. Hierzu hat Tandem® Diabetes Care ein weiteres Update angekündigt, welches die Steuerung der t:slim X2TM mit dem Smartphone ermöglichen wird. Lange ersehnt wird die Einführung der mylifeTM CamAPS FX App für das Betriebssystem iOS, um die YpsoPumpTM der Firma Ypsomed AG als AID-System auf dem iPhone nutzen zu können. Auch diese wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Artikels wurden bereits einige Patient:innen über die anstehende Einführung informiert.
Implementierung von Messwerten: daran wird eifrig geforscht
Geforscht wird darüber hinaus an der Implementierung von Messwerten weiterer Sensoren (Multisensormesssysteme), also z.B. von Aktivitäten aus entsprechenden Wearables oder von Blutdruckwerten. Vielleicht noch nicht im Jahr 2025, aber in wenigen Jahren können wir intelligentere Algorithmen erwarten, die weitere Parameter bei der Insulindosierung berücksichtigen.
Kürzlich wurde zudem öffentlich, dass es eine Kooperation zwischen der Firma Dexcom, Inc. und NovoNordisk Pharma GmbH gibt. So können jetzt die Daten aus den NovoPen® 6 und NovoPen Echo® Plus Smartpens in die Dexcom G7-App übertragen werden.
Einführung neuer Systeme zur Glukosekontrolle in Insulinapplikation
Eine dynamische Entwicklung findet aktuell auf dem Markt für rtCGM-Systeme statt. So ist nun der Glukosesensor Suga Sense der Firma ETH Meditec GmbH mit 15 Tagen Tragedauer sowie mehrfach verwendbaren Komponenten (Transmitter und Setzhilfe) verordnungsfähig. Zudem sind weitere Produkte "in der Pipeline", über welche der Zeitpunkt der flächendeckenden Markteinführung jedoch noch nicht bekannt ist. Dies ist zum einen das rtCGM Accu-ChekTM SmartGuideTM der Firma Roche Diabetes Care Deutschland GmbH mit 14 Tagen Tragedauer und einer neuartigen Prädiktion des Glukoseverlaufes. Zum anderen können wir das GlucoMen® iCan der Firma A. Menarini Diagnostics Division der Berlin-Chemie AG erwarten. Dieses bietet 15 Tage Tragedauer und verwendet das Enzym Glukosedehydrogenase, welches resistent gegenüber Interferenzen wie Acetaminophen, Ascorbinsäure und Sauerstoff ist.
In den USA ist mittlerweile das rtCGM SteloTM der Firma Dexcom, Inc. von der Food and Drug Administration (FDA) zugelassen worden. Optisch erinnert der SteloTM stark an den DexcomTM G7, das System richtet sich primär jedoch nicht an Menschen mit Diabetes und intensivierter Insulintherapie (ICT), sondern wird als "Biosensor" für Gesundheitsbewusste und Menschen mit Typ-2-Diabetes (T2DM) ohne ICT beworben. Eine Markteinführung in Deutschland ist denkbar, bisher sind jedoch keine konkreten Pläne veröffentlicht.
Pläne zur Markteinführung für Deutschland unbekannt
Ähnlich steht es auch um eine Patch- und eine Mini-Pumpe der Firma Medtronic GmbH sowie um die Mini-/Patch-Pumpe MobiTM der Firma Tandem® Diabetes Care. Auf Plattformen wie LinkedIn sind immer wieder – oft auf firmenfremden Kanälen – Pläne zur Markteinführung zu lesen, obwohl konkrete Pläne für Deutschland nicht bekannt sind. Die Tandem® MobiTM hat immerhin bereits seit 2023 eine Zulassung durch die FDA.
Spannend mitzuverfolgen sind auch die Entwicklungen bzgl. bi-hormoneller Fully-Closed-Loop-Systeme. In den Niederlanden ist nun das System Inreda AP®6 der Firma Inreda® Diabetic B.V. zugelassen. Es arbeitet mit zwei Sensoren und den beiden Hormonen Insulin und Glukagon. Weiterverfolgen sollte man auch die Entwicklungen der amerikanischen Firma Beta Bionics, Inc. Diese hatte bereits die Insulinpumpe iLet (iLet Bionic Pancreas) herausgebracht; bisher jedoch nicht in Deutschland. Kohlenhydrate werden bei diesem AID-System nur semi-quantitativ eingegeben. Der Algorithmus lerne den Insulinbedarf so gut abzuschätzen, dass das prandiale Insulin damit automatisiert abgeben werden könne. In der Entwicklung sei ebenfalls ein bi-hormonelles System.
Nachdem bereits rtCGM-Systeme zumindest für einen begrenzten Zeitraum auch Menschen mit T2DM und basalunterstützter oraler Therapie (BOT) zugänglich gemacht wurden, kann erwartet werden, dass auch die Insulinpumpentherapie (CSII) inkl. der AID-Systeme in die Behandlung des T2DM Einzug hält.
Insulinpumpentherapie bei Typ-2-Diabetes
Konkrete Pläne für Deutschland sind hierfür bisher jedoch nicht bekannt. In den USA ist bereits das AID-System OP5 für T2DM zugelassen. Mit der SECURE-T2D-Studie (n=305) konnte u.a. eine HbA1c-Reduktion von 0,8 % in der Gesamtpopulation sowie von 2,1 % bei einem HbA1c vor Intervention über 9,0 % erreicht werden. Die time in range (TIR) wurde ohne Zunahme von Hypoglykämien um 20 % verbessert, die Tagesgesamtmenge an Insulin nahm ab. Ebenfalls in den USA wurde recht aktuell mit einer einarmigen Pilotstudie durch die Firma Tandem® Diabetes Care das Outcome einer CSII mit t:slim X2TM Control IQTM bei T2DM untersucht. Die Proband:innen (n=60) konnten – u.a. neben weiteren Parametern – die TIR zwischen 70 und 180 mg/dl um 15 % sowie der time in tight range (TITR) zwischen 70 und 140 mg/dl um 12 % erhöhen. Fraglich ist allerdings, ob und wann eine CSII bei T2DM in Deutschland in Leitlinien empfohlen und unter welchen Voraussetzungen zulasten der Krankenkassen erstattungsfähig sein wird.
Ein Gerücht, welches sich hartnäckig hält, ist die Einführung nicht-invasiver Messverfahren zur Bestimmung des Glukosespiegels mittels Smartwatch. Die bisher auf dem Markt befindlichen Systeme (Smartwachtes und Smartrings) sind nicht als Medizinprodukte zugelassen und liefern keine validen Messwerte (siehe Stellungnahme FDA und Untersuchungen des Instituts für Diabetes-Technologie Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH an der Universität Ulm ). Der Glukosesensor DexcomTM G7 kann zwar über eine Apple Watch betrieben werden (ohne Smartphone), dies sollte jedoch nicht den Fehlschluss zulassen, dass die Apple Watch selbst den Glukosewert messen kann. Samsung und Apple kündigen immer wieder an, dass neue Modelle ihrer Smartwatches über solche Funktionen verfügen sollten.
Nicht-invasive Messmethoden: noch Zukunftsmusik
Zuletzt hatte Apple eine Kooperation mit der Firma Rockley Phototonics Holdings geführt, welche nach Rettung aus einem Insolvenzverfahren wieder von bahnbrechenden Forschungen an einem Messverfahren am Handgelenk berichtet hatte. Apple hatte schließlich jedoch "nur" angekündigt, eine App zu entwickeln, die Menschen mit Prädiabetes hinsichtlich einer Ernährungsoptimierung unterstützen solle. Die Firma Samsung hatte ebenfalls die Einführung eines nicht-invasives Messverfahrens für ihre Smartwatches angekündigt. Allerdings ist bei dem Messverfahren die Rede von AGE (advanced glycation endproducts). Diese können zwar im Zusammenhang mit dem Blutglukosespiegel stehen, da ein erhöhter Blutglukosespiegel auch den AGE-Spiegel erhöht, jedoch entstehen AGE nicht nur endogen, sondern können auch exogen aufgenommen werden. Die AGE-Bildung reagiert zudem nicht nur auf Glukose, sondern auch sensibel auf Fruktose und Galaktose. Ob das System also letztendlich Glukosewerte liefert, die dem Therapiemanagement bei Diabetes dienlich sind, ist unklar. In Frage stellen muss man außerdem die Möglichkeiten der Firmen, Support für ein Medizinprodukt zu liefern, denn das Inverkehrbringen von Medizinprodukten erfordert in Deutschland die Einhaltung verschiedenster Gesetzte, die u.a. Anforderungen an das Erfassen, Weiterleiten und Bearbeiten von Fehlfunktionen stellen.
Neben Methoden, die den Glukosewerte z.B. aus dem Schweiß ermitteln können, werden auch andere Verfahren getestet. So ist bereits belegt, dass über Metabolite in der Atemluft Rückschlüsse auf den Glukosegehalt im Blut gezogen werden können. Die Firma BOYDSense, Inc. erforscht aktuell, wie sich dies in einem valide operierenden wie auch praktikablen Glukosemesssystem umsetzen lässt.
Schlussfolgerungen
Der Markt für Diabetestechnologien ist ein sehr dynamischer. In den letzten Jahren wurden viele Fortschritte gemacht, viele weitere sind zu erwarten. Einige Hersteller haben für 2025 konkrete Updates für ihre bereits verfügbaren Produkt sowie neue Entwicklungen angekündigt. Viele Fortschritte können wir gespannt mitverfolgen, etwa bei bi-hormonellen Fully-Closed-Loop-Systemen oder nicht-invasiven Messmethoden. Einiges davon ist in der Entwicklung jedoch zeitintensiv und wird 2025 vermutlich noch nicht verfügbar sein.
i Insulet’s SECURE-T2D Pivotal Trial Results Demonstrate Omnipod® 5 Improves Clinical Outcomes and Quality of Life in Type 2 Diabetes. News release. Insulet. 21.06.2024. Accessed June 24, 2024. https://investors.insulet.com/news/news-details/2024/Insulets-SECURE-T2D-Pivotal-Trial-Results-Demonstrate-Omnipod-5-Improves-Clinical-Outcomes-and-Quality-of-Life-in-Type-2-Diabetes/default.aspx Letzter Zugriff 25.01.2025.
ii Levy CJ, Raghinaru D, Kudva YC, Pandit K, Blevins T, Casaubon L, Desjardins D, Levister CM, O‘Malley G, Reid C, Lum J, Kollman C, Beck RW. Beneficial Effects of Control-IQ Automated Insulin Delivery in Basal-Bolus and Basal-Only Insulin Users With Type 2 Diabetes. Clin Diabetes. 2024 Winter;42(1):116-124. doi: 10.2337/cd23-0025. Epub 2023 Aug 28. PMID: 38230336; PMCID: PMC10788662.
iii Do Not Use Smartwatches or Smart Rings to Measure Blood Glucose Levels: FDA Safety Communication. FDA. 21.02.2024. https://www.fda.gov/medical-devices/safety-communications/do-not-use-smartwatches-or-smart-rings-measure-blood-glucose-levels-fda-safety-communication Letzter Zugriff 25.01.2025.
iv https://www.ifdt-ulm.de
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Erschienen in: Diabetes-Forum, 2025; 37 (2) Seite x-x