Diabetes besser vorbeugen, behandeln oder die Stoffwechselerkrankung gar vermeiden zu können – das sind die ehrgeizigen Ziele des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung e.V. (DZD). Vor zehn Jahren, am 24. Juni 2009, wurde das DZD auf Initiative des Bundesforschungsministeriums gegründet. Mehr als 400 Experten unterschiedlicher Disziplinen, wie Grundlagenforschung, Epidemiologie, Versorgungsforschung und Klinik, arbeiten gemeinsam daran Erkenntnisse und Ergebnisse aus der Diabetesforschung möglichst schnell vom Labor in klinische Studien und dann zum Patienten zu bringen.

Intensivierung der translationalen Forschung

In Deutschland leidet etwa einer von 10 Erwachsenen an Diabetes mellitus. Jeden zehnten Euro geben die gesetzlichen Krankenkassen für die Versorgung von Patienten mit Typ-2-Diabetes aus. Mehr als 400 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bei fünf Partnern und fünf assoziierten Forschungseinrichtungen des DZD arbeiten interdisziplinär zusammen, um dieser Diabetesepidemie entgegen zu wirken. Die Entstehung von Diabetes ist ein komplexer Prozess, der durch ein vielschichtiges langjähriges Zusammenspiel von Genen, Lebensstil und Umweltfaktoren zur Erkrankung führt. Um dieses vielschichtige Geschehen der Diabetesentstehung zu entschlüsseln und neue personalisierte Präventions- und Therapiekonzepte zu entwickeln, zählen zu den Forschungsschwerpunkten:

  • Prävention des Diabetes
  • Ursachen und Behandlung der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung
  • Insulinwirkung und -resistenz im Gehirn
  • Schutz und Regeneration der Inselzellen
  • Einfluss von Genetik und Epigenetik auf die Entstehung von Diabetes
  • Folgeerkrankungen des Diabetes
  • Typ‑1- Diabetes

In großen Bevölkerungsstudien untersuchen Forscherinnen und Forscher die Auswirkungen von Umwelt, Lebensstil und Genen auf die Entstehung des Diabetes mellitus. Neue Biomarker sollen zukünftig die Diagnose des Diabetes verbessern. Um personalisierte Präventions- und Therapiemaßnahmen zu entwickeln, hat das DZD bundesweite klinische Multicenterstudien initiiert. Mit Hilfe von genetischen, zellbiologischen und tierexperimentellen Techniken versuchen die Wissenschaftler, die molekularen Mechanismen des Diabetes aufzuklären. So sollen weitere Gene identifiziert werden, die mit Diabetes assoziiert sind, sowie epigenetische und biochemische Regulationswege geklärt werden. DZD-Experten arbeiten zudem daran, neue Wirkstoffkandidaten und Angriffspunkte für innovative Medikamente zu entdecken, zu validieren und weiterzuentwickeln.

Im Bereich des Typ-1-Diabetes gilt es, die Mechanismen zu entschlüsseln, die zur Entstehung der Autoimmunerkrankung führen, sowie Marker zu identifizieren, die eine frühe Diagnose ermöglichen, und Therapien zur Prävention und Heilung von Typ-1-Diabetes zu entwickeln. Außerdem arbeitet das DZD daran, die Zerstörung der Betazellen zu stoppen bzw. Betazellen zu ersetzen.

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„Forschung von Weltrang im DZD“: Grußworte, Vorstellung von Studien und Wissenschaftliches Symposium, um den Typ-1- und Typ-2-Diabetes zurückzudrängen.

Bereits erste wichtige Meilensteine erreicht

Genetischer Risikotest für Typ-1-Diabetes

An der Autoimmunerkrankung Typ-1-Diabetes sind verschiedene Gene beteiligt. Bisher sind etwa 50 krankheitsrelevante Genorte bekannt, die alle einen Einfluss auf die Immunantwort zu haben scheinen. Ein Risiko-Modell mit ausgewählten Genen ermöglicht eine bessere Risikovorhersage für Typ-1-Diabetes. Mittels dieses genetischen Tests können Neugeborene mit einem 25-fach erhöhten Risiko für Typ-1-Diabetes im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erkannt werden. Familien mit einem Baby, bei dem ein hohes Erkrankungsrisiko vorliegt, werden zu einer Präventionsstudie eingeladen, welche die Erkrankung durch die Behandlung mit oralem Insulin verhindern soll.

Epigenetik – Lebensstil ist vererbbar

Nicht nur der genetische Code selbst beeinflusst das Diabetesrisiko. Auch der Lebensstil kann Einfluss darauf nehmen, in welchem Ausmaß bestimmte Gene abgelesen und ihre Informationen umgesetzt werden (Epigenetik) – und das sogar über Generationen hinweg. Das DZD konnte zeigen, dass durch Ernährung verursachte Fettleibigkeit und Diabetes sowohl über Eizellen als auch über Spermien epigenetisch sogar an die Nachkommen vererbt werden. Eine epigenetische Modifikation fördert Adipositas und Fettleber-Erkrankungen, die beide mit Typ-2-Diabetes zusammenhängen.

Verschiedene Cluster bei Typ-2-Diabetes identifiziert

Typ-2-Diabetes ist eine Erkrankung, die sich sehr heterogen manifestiert. Es gibt nicht „den“ Typ-2-Diabetes, sondern unterschiedliche Subtypen. Studien aus Skandinavien zeigen, dass es verschiedene Cluster gibt, die unterschiedlich schwer verlaufen. Drei dieser Subtypen gehen mit einem hohen Risiko von Folgeschäden einher, während die übrigen zwei sich durch weniger schwere Krankheitsverläufe auszeichnen. Das DZD konnte diese Befunde an 1.105 Patienten aus der Deutschen Diabetes Studie bestätigen. In neuen Studien arbeitet das DZD nun mit für die einzelnen Untergruppen abgestimmten Therapien, um Folgeerkrankungen zu verhindern oder zumindest zu verzögern.

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Soviel Dynamik: Das Deutsche Zentrum für #Diabetesforschung #DZD feierte sein 10-Jähriges ... und hat in 10 Jahren die #Forschung in Deutschland entscheidend und sehr positiv verändert. Geschäftsführerin Dr. Astrid Glaser und das hochkarätige Sprecherteam wagen sich an die süße Torte!

Unterschiedliche Arten des Prädiabetes

Auswertungen der DZD-Multicenterstudie „Prädiabetes-Lebensstil-Interventions-Studie“ zeigen, dass es bereits beim Prädiabetes unterschiedliche Subgruppen gibt, die u.a. auch unterschiedlich auf Lebensstilinterventionen reagieren. Nicht jeder Prädiabetiker hat das gleiche Risiko, später auch einen Diabetes zu entwickeln. Es gibt vielmehr eine Hochrisikogruppe: Bei Probanden, die an einer Fettleber mit Insulinresistenz oder einer Insulin-Sekretionsstörung leiden, kommt es mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit zu einer manifesten Diabeteserkrankung. Zudem ist das Risiko erhöht, später auch Folgeerkrankungen auszubilden. Untersuchungen deuten darauf hin, dass eine intensive Lebensstilintervention mit viel Bewegung und einer nachhaltig begleitenden Beratung hier helfen kann, den Ausbruch der Stoffwechselerkrankung hinauszuzögern oder gar zu vermeiden.

Poly-Agonisten – ein neuer Therapieansatz

DZD-Forschende arbeiten auch an neuen Therapien zur Behandlung des Diabetes. Sie haben u.a. neue Wirkstoff-Kandidaten - Poly-Agonisten - zur Behandlung von Typ-2-Diabetes und Adipositas entwickelt. Diese Poly-Agonisten imitieren die Wirkung mehrerer Hormone. In klinischen Studien haben sich diese Wirkstoff-Kandidaten als äußerst vielversprechend zur verbesserten Behandlung von Adipositas und Typ-2-Diabetes erwiesen und befinden sich jetzt bereits in klinischen Phase 2- und 3-Studien.

„Künstliche“ Bauchspeicheldrüse

Beim Typ-1-Diabetes sowie im fortgeschrittenen Stadium des Typ-2-Diabetes gehen die Insulin-produzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse zugrunde. Das DZD arbeitet an einer künstlichen Bauchspeicheldrüse, bei der die Betazellen mit einer speziellen Teflonmembran umgeben sind, die Hormone und Nährstoffe ungehindert passieren lässt, jedoch den Kontakt zu den körpereigenen Immunzellen unterbindet. Der große Vorteil des Systems: Auf Medikamente zur Unterdrückung des Immunsystems kann verzichtet werden.

DZD: Zusammenarbeit exzellenter Forschungsinstitute und Universitäten
Das DZD ist eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Der nationale Forschungsverbund wurde 2009 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiiert. Die Finanzierung erfolgt zu 90 Prozent über den Bund und zu 10 Prozent über die fünf Sitzländer. Im DZD arbeiten exzellente Forschungsinstitute und Universitäten im Bereich Stoffwechsel- und
  • Diabetesforschung zusammen. Partner sind
  • das Deutsche Diabetes-Zentrum in Düsseldorf
  • das Deutsche Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke
  • das Helmholtz Zentrum München
  • das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrum München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen
  • das Paul-Langerhans-Institut Dresden des Helmholtz Zentrum München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden.

Zur Komplettierung und Stärkung der wissenschaftlichen Kompetenz integrierte das DZD einzelne Diabetesforschungsgruppen an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, München und Lübeck als assoziierte Partner. Zudem sind weitere Diabetes-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler als Projektpartner im DZD aktiv.

Auch die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses hat einen besonderen Stellenwert im DZD. Mit attraktiven Programmen wie DZD NEXT, der DZD Diabetes Research School und einem internationalen Postdoc-Programm fördert das DZD Nachwuchswissenschaftler. Außerdem suchen die DZD-Wissenschaftler auf zahlreichen Wegen den direkten Kontakt zur Öffentlichkeit und vermitteln in Vorträgen, Einzelgesprächen und Diabetesinformationsdiensten Wissen über Diabetes und seine Folgeerkrankungen.

Quelle: Pressemitteilungen des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD)