Die BERLIN-CHEMIE AG stiftet alljahrlich den Menarini-Preis fur herausragende diabetologische Forschungsprojekte. In diesem Jahr erhalt Dr. rer. nat. Ewa Gurgul-Convey vom Institut fur Klinische Biochemie der Medizinischen Hochschule Hannover die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung. Die Wissenschaftlerin erstellt eine physiologische und pathophysiologische Charakterisierung einer neuen humanen β-Zelllinie. Damit leistet sie einen grundlegenden Beitrag zur Entwicklung praventiver und kurativer Therapiestrategien beim Diabetes mellitus.
Grundlagenforschung auf hohem Niveau
Pankreatische β-Zellen und Insulin sezernierende Gewebekulturzellen haben einen äußerst geringen antioxidativen Abwehrstatus und sind ungewöhnlich empfindlich gegenüber oxidativem Stress. Insbesondere das Expressionsniveau der Enzyme Katalase und Glutathion-Peroxidase, die beide Wasserstoffperoxid inaktivieren können, ist sehr niedrig. Gurgul-Convey hat gemeinsam mit ihrer Arbeitsgruppe am Institut für Klinische Biochemie der Medizinischen Hochschule Hannover bereits wichtige Erkenntnisse auf diesem Gebiet gewonnen.
Erklärung für den Gesamtmechanismus der Zytokintoxizität
„Unsere Gruppe hat gezeigt, dass die Überexpression von antioxidativen Enzymen in Insulin sezernierenden Zellen sowohl gegenüber Zytokinen und Fettsäuren, als auch gegen diabetogene Substanzen schützt“, berichtet Gurgul-Convey. „Kürzlich konnten wir mit Insulin produzierenden Gewebekulturzellen von Mäusen eine Erklärung für den Gesamtmechanismus der Zytokintoxizität liefern. Wir zeigten, dass die Interaktion zwischen Wasserstoffperoxid und Stickstoffmonoxid in Anwesenheit von Eisen zur Entstehung der sehr toxischen Hydroxylradikale in den Mitochondrien führt. Zudem haben wir ein neues Konzept für die Lipotoxizität beim Typ-2-Diabetes entwickelt.“
Ziel: "Forschung näher an die menschliche Situation heranführen"
Nun will Gurgul-Convey mit Hilfe der neuen humanen β-Zelllinie „die Forschung näher an die menschliche Situation heranführen“, denn, so die Preisträgerin weiter: „Es ist in der Diabetesforschung von zentralem wissenschaftlichen Interesse zu klären, inwieweit sich Physiologie und Zelltodmechanismen in humanen und murinen ß-Zellen unterscheiden. Nur auf der Grundlage dieses Wissens ist es möglich, Schutzstrategien zu entwickeln, die sodann Grundlage für neue präventive und kurative Therapiestrategien sein können.“
Physiologische und pathophysiologische Charakterisierung
Zunächst steht für Gurgul-Convey die physiologische und pathophysiologische Charakterisierung der neuen humanen Zelllinie an, zum einen im Vergleich zu etablierten β-Zelllinien der Maus und der Ratte, zum anderen im Vergleich zu primären Inselzellen. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht absehbar, ob und wenn ja, welche gravierenden Differenzen zwischen humanen β-Zellen und β-Zellen von Mäusen und Ratten bestehen. Klar ist jedoch bereits, dass diese humane β-Zellinie sich sehr viel langsamer teilt und daher langsamer wächst“, fasst Gurgul-Convey den aktuellen Wissensstand zusammen.
Gurgul-Convey wird mit ihrem Team in den nächsten Monaten weitere umfangreiche Untersuchungen durchführen. Nach der Genexpressionsanalyse steht die Prüfung zelltoxischer Substanzen auf die Vitalität, Proliferation und Funktion der neuen humanen β-Zelllinie an. Anschließend soll erforscht werden, welche Mechanismen den Wirkungen der β-zelltoxischen Substanzen in humanen β-Zellen zugrunde liegen.
Die geplanten umfangreichen labortechnischen Experimente sollen eine Antwort auf die zentrale Frage geben, ob überhaupt reaktive Sauerstoffspezies (ROS) in humanen ß-Zellen an der Vermittlung der Toxizität von Zytokinen, Fettsäuren und Noxen beteiligt sind, um welche ROS es sich dabei gegebenenfalls handelt und in welchen subzellulären Kompartimenten diese Reaktionen ablaufen. Diese Ergebnisse können langfristig für die Diabetesforschung neue therapeutische Perspektiven eröffnen.
Werdegang von Dr. rer. nat. Ewa Gurgul-Convey
Dr. rer. nat. Ewa Gurgul-Convey, Jahrgang 1976, schloss ihr Biologiestudium an der Jagiellonski Universität Krakau, Polen, im Jahr 2000 mit dem Schwerpunkt Molekularbiologie ab. Ihr Promotionsstudium führte sie parallel in Krakau und Hannover durch. Die praktische Durchführung erfolgte in Hannover unter der Leitung von Prof. Dr. Sigrud Lenzen. Ihre Dissertation mit dem Titel: „The importance of subcellular catalase localization for protection of insulin-producing RINm5F cells against cytokine-mediated toxicity. The relative contribution of ROS and RNS” wurde mit dem Förderpreis der Deutschen Diabetes Gesellschaft für die beste diabetologische Dissertation im Jahr 2006 ausgezeichnet. Am Institut für Klinische Biochemie in Hannover erforscht Gurgul-Convey weiterhin schwerpunktmäßig tierische und menschliche β-Zellen.
Nach einer Pressemeldung der Berlin-Chemie AG
