Spannende Fachvorträge über Themen wie Ernährung, Stigmatisierung bei Adipositas, den geriatrischen Patienten und Closed Loop bestimmten das Programm des VDBD-Symposiums bei der Herbsttagung der DDG in Wiesbaden.

Beeindruckende 690 Zuhörer und Zuhörerinnen zählte das berufspolitische VDBD-Symposium, das am 9. November 2018 im Rahmen der DDG Herbsttagung in Wiesbaden stattfand. Das spannende Programm der Fachvorträge spannte einen weiten Bogen von Ernährung bei Diabetes über Stigmatisierung bei Adipositas, den geriatrischen Patienten und Closed Loop bis hin zu Neuigkeiten aus der VDBD AKADEMIE und berufspolitischem Empowerment.

Den Vorsitz und die Moderation hatten gemeinsam die VDBD-Vorsitzende Dr. Nicola Haller und stellvertretende VDBD-Vorsitzende Susanne Müller inne.

Adipösen Menschen mit Respekt und Verständnis begegnen

Prof. Dr. habil. Claudia Luck-Sikorski zeigte am Beispiel der USA auf, in welch massivem Umfang Adipositas in den letzten 25 Jahren zugenommen hat. In den Vereinigten Staaten gelten mittlerweile rund 30 Prozent der Bevölkerung als adipös. 90 Prozent der adipösen Menschen sind auch von Diabetes mellitus Typ-2 betroffen. Die Frage nach der Ursache steht im Raum. "Es ist wohl kaum realistisch anzunehmen, dass eine ganze Bevölkerung willensschwach, hemmungslos und bequem geworden ist", so Luck-Sikorski.

Dem Vorwurf der mangelnden Selbstdisziplin und Willensschwäche sind adipöse Menschen jedoch all zu leicht ausgesetzt. Auch Behandler sind davor nicht gefeit, aufgrund von negativen Stereotypen Patienten mit Adipositas zu stigmatisieren, was letztlich zu Diskriminierung, d.h. der systematischen Benachteiligung führen kann. Die Psychologin, die den Studiengang Psychische Gesundheit und Psychotherapie an der SRH Hochschule für Gesundheit Gera leitet, appelliert, adipösen Menschen mit Respekt und Verständnis zu begegnen.

Schließlich spielen die genetische Veranlagung aber auch die Lebensverhältnisse eine nicht zu unterschätzende Rolle in der Entwicklung von Adipositas.

Mit Humor gegen hartnäckige Ernährungsmythen

Auch der Vortrag von Prof. Dr. med. Jörg Bojunga, Leiter der Schwerpunkte Endokrinologie und Diabetologie sowie Ernährungsmedizin der Medizinischen Klinik I an der Goethe-Universität Frankfurt, war gegen den Strich gebürstet. Mit einer gehörigen Prise Humor räumte er mit Ernährungsmythen auf, die sich wider besserer wissenschaftlicher Erkenntnisse hartnäckig halten. Beispielhaft verwies er auf das Hühnerei, das immer noch im Verruf steht, das LDL-Cholesterin zu erhöhen, oder der Apfel pro Tag, der vermeintlich den Arzt fern halten soll.

Längst konzentriert sich die Wissenschaft nicht mehr auf einzelne Nährstoffe, wie z.B. Vitamin E, sondern betont stattdessen den Gesamtzusammenhang, d.h. die Qualität der Nahrung und die gesamte Ernährungsweise. Die Politik hinke der Wissenschaft hinterher und habe diesen Paradigmenwechsel noch nicht nachvollzogen, so Bojunga.

Typ-2-Diabetes: individuell gestaltete Kostformen statt Fertigprodukte

Ebenso kritisch beurteilte der Frankfurter Wissenschaftler die sogenannten Formula-Diäten, die zwar einen raschen Gewichtsverlust binnen weniger Wochen ermöglichen und damit kurzfristig betrachtet effektiver als Ernährungsstrategien mit gemäßigtem Energiedefizit sind. Die Nachhaltigkeit dieses Effekts konnte bislang jedoch nicht bzw. nur anteilig und maximal bis zu einem Zeitraum von 4–5 Jahren wissenschaftlich belegt werden.

Auch nach vorangehender Formular-Reduktionskost sind Maßnahmen zur Gewichtsstabilisierung unumgänglich. Daher empfiehlt Bojunga, der für seine herausragenden Leistungen zur Verbesserung der Patientenernährung ausgezeichnet worden ist, bei Typ-2-Diabetes den Verzicht auf Fertigprodukte, eine individuell gestaltete Kostform, die dem Patienten auch schmecken sollte, und eine Orientierung an der sogenannten mediterranen Ernährungsweise, die sich durch einen Anteil von ca. 35 bis 40 Prozent Kohlenhydraten und einen Proteinanteil von ca. 15 bis 20 Prozent auszeichnet.



Autorin: Dr. Gottlobe Fabisch
Geschäftsführerin VDBD und VDBD AKADEMIE
Telefon 030/847122490

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2019; 31 (1/2) Seite 42-43