Das gibt's doch gar nicht! Doch, und das Diabetes-Forum berichtet darüber. In dieser Rubrik wollen wir über „unglaubliche“ Ereignisse berichten, die in der Betreuung von Patienten mit Diabetes mellitus aufgetreten sind. Wenn Sie auch ein „unglaubliche“ Erlebnis hatten, dann schreiben Sie uns.

Das Ereignis:

Die heute 29-jährige Patientin hat seit 2004 ein Diabetes mellitus Typ 1. Sie ist als Heilerziehungspflegerin im Schichtdienst in Vollzeit berufstätig. Sie erprobt seit Oktober 2018 eine Insulinpumpentherapie (Medtronic MiniMed 640G). Sie nutzt seit Dezember 2018 das iscCGM-System FreeStyle Libre.

Auf den von mir am 18. Januar 2019 erstellten Erprobungsbericht erhielt ich vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Westfalen-Lippe mit Datum vom 12. Februar 2019 folgende Antwort:


„Die vorgelegten Protokolle des Sensors über je vier Wochen sind definitiv zu kurz / nicht ausreichend für eine Beurteilung. Die vorgelegten Auswertungen des FreeStyle-Libre-Sensors sind keine Blutzuckerkurven gemäß Begutachtungskriterien. Die vorgelegten Daten sind insuffizient, zumal das FreeStyle gar kein anerkanntes System ist gemäß GBA-Beschluss. Zur Beurteilung sind BZ Werte und adäquate Tagebuchaufzeichnungen über einen ausreichenden Zeitraum, d.h. drei Monate erforderlich.“

Die Gutachterin kommt zu folgenden Ergebnis:


„Medizinische Voraussetzungen für Leistungsgewährung / zur Verordnung nicht erfüllt.“

Meine Reaktion:

Ich war zunächst einfach nur baff: sollten vier bis sechs blutig gemessene Glukosewerte pro Tag aussagekräftiger sein als eine vollständige Gewebeglukosekurve über 24 Stunden?

Offensichtlich konnte die Gutachterin des MDKs den Informationsgehalt von lückenlos dokumentierten Gewebeglukose-Kurven über einen Zeitraum von vier Wochen nicht nachvollziehen. Die Patientin hat inzwischen Widerspruch gegen das MDK-Gutachten eingelegt.



Autor: Dr. Martin Lederle
Diabetespraxis der MVZ Ahaus GmbH
Wüllener Straße 101
48683 Ahaus

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2019; 31 (4) Seite 52