Noch nicht sehr viele Menschen mit Diabetes nutzen Closed-Loop-Systeme – aber es werden mehr, und die neue Technologie beschäftigt auch diabetologisch tätige Ärzte und Diabetesberaterinnen und -assistentinnen stark: Im Bereich der Digitalisierung nennen alle drei Berufsgruppen Closed-Loop-Systeme (AID-Systeme) an dritter Stelle der wichtigsten Themenfelder.

Dies zeigt eine 2020 für den Digitalisierungs- und Technologiereport Diabetes 2021 durchgeführte Umfrage unter fast 350 diabetologisch tätigen Ärzten und über 550 Diabetesberaterinnen/-assistentinnen. In derselben Umfrage wurde auch danach gefragt, wie die Teilnehmenden die nächsten fünf Jahre einschätzen: Wie werden sich Closed-Loop-Systeme auf ihre Tätigkeit auswirken?

Hoffnung auf optimale ­Glukosekontrolle

Die Hoffnungen vieler Patienten mit Diabetes sind auf Closed-Loop-(AID)-Systeme gerichtet, die eine automatisierte Insulintherapie und damit eine optimale Glukosekontrolle möglich machen. 2021 werden solche Systeme zunehmend Realität. Sie verwenden eine Insulinpumpe, ein Gerät zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) und einen Algorithmus zur (semi-)automatischen Steuerung der Glukose. Es gibt schon kommerzielle AID-Systeme, manche Patienten konstruieren aber auch selbst ein solches System.

Wie weit verbreitet sind diese Systeme schon? Zum dritten Mal in Folge wurden im Jahr 2020 dia­betologisch tätige Ärzte für den Digitalisierungs- und Technologiereport Diabetes (D.U.T-Report) zur Digi­talisierung und zur Anwendung neuer Technologien in der Diabetologie befragt.

Die zusammenfassende Betrachtung der Umfrageergebnisse der letzten drei Jahre ermöglicht eine Abschätzung, die zeigt, dass sich im Zeitraum von 2018 bis 2020 nach Beobachtung der befragten Ärzte die Anzahl der Menschen mit Diabetes, die moderne Technologien in ihrer Therapie anwenden, mehr als verdoppelt hat, die Nutzung von Closed-Loop-Systemen hat von 2019 bis 2020 ebenfalls stark zugenommen (Hybrid-Closed-Loop: + 167 Prozent, selbst gebautes Closed Loop: + 100 Prozent).

Mehr über die Nutzung neuer Technologien und die Einstellung der Ärzte zu digitalen Anwendungen und neuen Technologien können Sie nachlesen unter: www.diabetologie-online.de/a/2296161

Veränderungen durch Closed-Loop-Systeme: Was sagen Ärzte und Beraterinnen?

„Welche Auswirkungen werden Closed-Loop-Systeme Ihrer Einschätzung nach in den nächsten fünf Jahren auf ihre Tätigkeit haben?“ Diese Frage wurde in der Umfrage für den D.U.T-Report 2021 nicht nur den 337 teilnehmenden diabetologisch tätigen Ärzten gestellt, sondern auch 574 Diabetesberaterinnen und -assistentinnen. Im Diagramm dargestellt wird der Anteil derer, die mit „Stimme eher zu“ oder „Stimme sehr zu“ geantwortet haben.

Fazit: Closed-Loop-(AID)-Systeme werden ab 2021 zunehmend klinische Realität. Relativ übereinstimmend glauben Ärzte und Diabetesberaterinnen/-assistentinnen, dass damit ein erhöhter Betreuungs-, Schulungs- und Zeitaufwand verbunden sein wird.

Dass das Diabetesteam wegen der AID-Systeme überflüssig werden könnte, befürchten weder die Ärzte noch die Diabetesberaterinnen/-assistentinnen. Auch dass die Therapie durch diese Systeme riskanter und der Betreuungsaufwand geringer sein wird, steht für alle drei Berufsgruppen am unteren Ende der Liste dessen, was sie an Auswirkungen der Nutzung von AID-Systemen auf ihre Tätigkeit erwarten.

Welche Bedeutung schreiben die Berufsgruppen AID-Systemen zu?

Gefragt, für wie bedeutsam die Befragten AID-Systeme aktuell und in 5 Jahren einschätzen, sagen über 50 Prozent der Ärzte, dass sie diese System schon heute für bedeutsam halten, dieser Anteil steigt auf über 85 Prozent, wenn es um die Zeit in 5 Jahren geht. Bei den Diabetesberaterinnen/-assistentinnen ist das Ergebnis noch deutlicher: Fast 60 Prozent halten die AID-Systeme jetzt schon für bedeutsam, dieser Anteil steigt auf über 90 Prozent, wenn es um die Einschätzung der Bedeutsamkeit in 5 Jahren geht.

Systeme zur automatisierten Insulin-Dosierung (AID) – wie ist der Stand der Dinge?

Spiegelt sich die Einschätzung der Bedeutsamkeit von AID-Systemen auch in der technischen Entwicklung und Verfügbarkeit solcher Systeme wieder? In ihrem gemeinsamen Beitrag beschreiben Dr. Katharina Braune und Prof. Dr. Lutz Heinemann (Innovationen im Bereich Digitalisierung/Diabetestechnologie) Gegenwart und Zukunft: Derzeit gebe es erste kommerzielle AID-Systeme und daneben eine „Looper“-Community von Menschen mit Diabetes, die sich AID-Systeme selbst erstellen.

„Eine Reihe von weiteren Hybrid- und Full-Closed-Loop- bzw. AID-Systemen ist kürzlich zugelassen worden bzw. in der Entwicklung und wird voraussichtlich in den nächsten Jahren auf den Markt kommen. (…) Wann und ob ,bihormonelle‘ Systeme auf den Markt kommen, ist noch unklar. Bei diesen AID-Systemen wird nicht nur Insulin infundiert, sondern auch Glukagon. Durch Gabe dieses ,Gegenspielers‘ von Insulin kann bei Gabe von zu hohen Insulindosen oder zu niedrigen Glukosewerten eine drohende Hypoglykämie verhindert werden. Es sind nun auch die ersten stabilen und zur subkutanen Applikation durch Pumpen geeigneten Glukagon-Formulierungen verfügbar.“



Autor: Redaktion Diabetes-Forum
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Erschienen in: Diabetes-Forum, 2021; 33 (9) Seite 32-33