Da es sich beim Coronavirus SARS-CoV-2 um ein neuartiges Virus handelt, sind wissenschaftliche Erkenntnisse zu Übertragungswegen bislang rar. Von der Tränenflüssigkeit geht laut einer aktuellen Studie aus Singapur eine nur geringe Ansteckungsgefahr aus (1), wie die Stiftung Auge informiert.

Um die von der Tränenflüssigkeit ausgehende Infektionsgefahr zu untersuchen, nahmen die Wissenschaftler aus Singapur bei 17 Patienten, die wegen der durch das Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 in stationärer Behandlung waren, über drei Wochen Tränenproben aus beiden Augen. In keinem Fall konnten sie das Coronavirus nachweisen. „Dieses Ergebnis legt die Vermutung nahe, dass sich der Covid-19-Erreger nicht von den Atemwegen auf die Tränenwege ausbreitet“, sagt Professor Dr. med. Frank G. Holz, Vorsitzender der Stiftung Auge.

Bei Bindehautentzündung Virus in Tränenflüssigkeit nachweisbar - Bisherige Erkenntnisse jedoch mit Vorsicht zu betrachten

Anders verhält es sich möglicherweise, wenn eine infizierte Person zugleich an einer Bindehautentzündung leidet. In diesem Fall fand sich das Virus laut einer chinesischen Studie mit 30 Teilnehmern auch in der Tränenflüssigkeit (2). Nach aktuellem Kenntnisstand zeigen weniger als ein Prozent der Patienten mit Covid-19 Anzeichen einer Bindehautentzündung (3). „Die Forschung zu den Zusammenhängen zwischen einer Corona-Infektion und Symptomen an den Augen steht noch ganz am Anfang. Die bisherigen Erkenntnisse sind daher aufgrund der geringen Teilnehmerzahl mit Vorsicht zu betrachten“, sagt der Direktor der Universitäts-Augenklinik Bonn.

Typische Symptome einer durch Viren ausgelösten Bindehautentzündung sind ein Fremdkörpergefühl in den Augen, Jucken, Brennen oder Rötung. „Wer aktuell mit diesen Beschwerden zu kämpfen hat, sollte aber nicht gleich eine Corona-Infektion befürchten, vor allem wenn andere typische Symptome wie Husten, Fieber oder Abgeschlagenheit fehlen,“ sagt Professor Dr. med. Christian Ohrloff, Mediensprecher der Stiftung Auge. Gerade im Frühjahr seien diese Beschwerden eher auf eine Pollenallergie zurückzuführen, so der ehemalige Direktor der Universitäts-Augenklinik Frankfurt. Aufgrund des milden Winters bereiten viele Pollenarten Allergikern bereits seit Februar Probleme.

Holz weist darauf hin, dass die Augen allgemein ein potenzielles Einfallstor für Krankheitserreger darstellen. „Wenn wir Viren auf der Handoberfläche tragen und uns dann ins Gesicht fassen, können die Erreger über die Bindehaut eindringen“, warnt der Augenarzt. Daher sei es wichtig, die Hände oft und gründlich zu waschen und sich möglichst wenig ins Gesicht zu fassen. Um außerdem die Gefahr einer Tröpfcheninfektionen zu verringern, sei es sinnvoll, Abstand zu anderen Menschen zu halten.

Schutzbrillen nur im medizinischen Bereich nötig, nicht notwendige augenärztliche Behandlungen vermeiden

Schutzbrillen seien dagegen nur bei unvermeidbarem Nahkontakt im medizinischen Bereich nötig, so Holz. Für augenärztliche Behandlungen gilt, nicht notwendige Behandlungen zu vermeiden. „Eine Katarakt-Operation etwa lässt sich ohne zusätzliches Gesundheitsrisiko verschieben, wohingegen Injektionen zur Behandlung der feuchten altersabhängigen Makuladegeneration fortgesetzt werden sollten“, rät Holz. Allgemein sei es wichtig, in Rücksprache mit dem Augenarzt das Infektionsrisiko mit dem Nutzen der Behandlung abzuwägen.


Literatur
(1) Yu Jun IS et al., Assessing Viral Shedding and Infectivity of Tears in Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) Patients, Ophthalmology (2020), doi: https://doi.org/10.1016/j.ophtha.2020.03.026.
(2) Xia J et al., Evaluation of coronavirus in tears and conjunctival secretions of patients with SARS‐CoV‐2 infection. J Med Virol. (2020), 1–6.
(3) Guan W et al., Clinical Characteristics of Coronavirus Disease 2019 in China. NEJM, online February 28, 2020, doi: https://doi.org/10.1056/NEJMoa2002032.

Quelle: Pressemitteilung der Stiftung Auge der DOG Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft

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