Sinkende Vergütung, fehlende Anerkennung: Die neuen Laborregelungen stellen das Praxislabor in Frage, mahnt BVND-Vorsitzender Toralf Schwarz. Ohne schnelle Korrekturen drohe der Rückzug aus der Point-of-Care-Diagnostik – mit Auswirkungen auf die diabetologische Versorgung. .
Um die Vergütung von präanalytischen Leistungen (Transportkosten, Entnahmematerial und elektronische Auftragserteilung) rechtssicher zu gestalten und zur Anpassung des laborärztlichen Honorars an den kalkulatorischen Arztlohn hat der Bewertungsausschuss umfangreichen Änderungen festgelegt, die Anfang des Jahres in Kraft getreten sind. Leistungsinhalte, die bisher aus den Leistungen der In-vitro-Diagnostik querfinanziert wurden, erhalten eigene Leistungsziffern, daher wurde die Bewertung der Leistungen gemindert.
Das ist soweit nachvollziehbar und auch sinnvoll. Völlig unverständlich ist – neben einer willkürlichen, nicht begründbaren unterschiedlichen Abwertung einzelner Leistungen – die Tatsache, dass für Leistungen, die vor Ort in der Praxis erbracht werden, die Kosten für Entnahmematerial und auch für die ärztliche Leistung nicht mehr enthalten sind. Man hat schlicht und einfach vergessen, dass es eine Point-of-Care-Diagnostik gibt, die aus einer modernen (nicht nur diabetologischen) Praxis nicht mehr wegzudenken ist. Leider erfolgte diese Änderung auf Veranlassung der KBV, diese zeigt daher bisher nur wenig Interesse an einer Korrektur.
Somit stellt sich erneut die Frage nach der Wirtschaftlichkeit des Praxislabors. Im Gegensatz zu unseren Nachbarländern (Österreich, Schweiz) werden in der Praxis erbrachte Laborleistungen in der Regel nicht kostendeckend vergütet. Wenn diese dennoch in der Praxis erbracht werden, dann bisher deshalb, weil es in der Gesamtschau (durch Zeitersparnis, bessere Arbeitsorganisation) wirtschaftlich war, auch defizitäre Leistungen zu erbringen. Nach der jetzt erfolgten Absenkung z. b. des HbA1c um 1,33 € stellt sich das anders dar. Wir können nicht dauerhaft die gesetzliche Krankenversicherung mit 5,3 Mio. Euro jährlich subventionieren!
Im Vergleich: Kolleginnen und Kollegen in Österreich erhalten für die gleiche Bestimmung mehr als das 4-fache, die in der Schweiz fast das 8-fache! (Tab. 1) Ein Vergleich mit der Schweiz zeigt auch, dass die Bestimmung von Laborparametern im Präsenzlabor für den Kostenträger günstiger ist, allerdings ist die Differenz geringer. Eine Bestimmung im Großlabor ist etwa um den Faktor 3,5 teurer als in der Praxis, in der Schweiz immer noch gut um das Doppelte. Dazu kommen ein umweltschädlicher Transport und, je nach Parameter, eine zeitabhängige Beeinträchtigung der Analysenergebnisse (Tab. 2).
Es ist verständlich, dass das Labor für das zur Verfügung gestellte Entnahmematerial eine Vergütung erhält (EBM 40089). Warum kann aber diese Ziffer nicht von der Praxis berechnet werden, welche die Bestimmung am Point-of-Care vornimmt? Ist etwa gemeint, dass sämtliches Verbrauchsmaterial zur Labordiagnostik vom Labor zur Verfügung gestellt werden soll, unabhängig davon, wo am Ende die Laboruntersuchung stattfindet?
Die KBV möchte zunächst einmal analysieren, welche Veränderungen sich durch die Reform in der Praxis ergeben. Diese Analyse wird vermutlich das Jahr 2025 umfassen. Wenn in den Praxen weiterhin Laboruntersuchungen unter dem Selbstkostenpreis erfolgen, schaden wir nicht nur uns, sondern auch unseren Patientinnen und Patienten. Es ist fraglich, wie lange Geräte- und Analysenhersteller in Deutschland auf Gewinne verzichten. Ohne eine Änderung wird sich das Praxislabor aus Deutschland verabschieden, dann werden wir auch Privatversicherten keine POC-Testung mehr anbieten können.
Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?
Sofort könnte die allgemeine Abrechenbarkeit der GOP 40089 (0,95 €, Zuschlag zu allen Leistungen aus Kapitel 32.2 und GOP 01812 sowie 01930) ermöglicht werden. Auch die Erweiterung der GOP 32089 als POCT-Zuschlag (nicht nur für trägergebundene Reagenzien) und Abrechenbarkeit als Zuschlag zu Hba1c ist mit wenig Aufwand umsetzbar. Bei dieser Gelegenheit kann dann auch gleich die durch nichts erklärbare Abwertung von 0,80 € auf 0,78 € korrigiert werden.
Perspektivisch muss man sich jedoch von einer solchen Hilfskonstruktion verabschieden und eine korrekte Bewertung der POC-Diagnostik in der Praxis einführen. Eine nachvollziehbar kalkulierte Zuschlagsziffer für die qualitätsgesicherte Erbringung der Laborleitung in der Praxis, anzuwenden wenn das Ergebnis innerhalb von 30 Minuten vorliegt und die Bestimmung mit einer nach RiLi-BÄK qualitätskontrollierten Methode erfolgt.
Und bis dahin – oder aber wenn es keine sinnvolle Lösung des Problems gibt? Dann gibt es nur eine Option: die Bestimmung von HbA1c kann nicht mehr in der Praxis erfolgen. Patientinnen und Patienten müssen dann entweder zeitnah vor ihrem Termin im Labor zur Blutentnahme erscheinen oder einen aktuellen Befund einer vom Hausarzt veranlassten Untersuchung mitbringen. Alternativ, wenn sich der Patient oder die Patientin die zusätzliche Zeit und/oder Kosten sparen möchte, kann die Bestimmung auf Wunsch auch als Selbstzahlerleistung mit sofort verfügbarem Ergebnis erfolgen.
Im Rahmen der geänderten Vergütung von Laborleistungen ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Abrechnung aller erbrachten Leistungen vollständig erfolgt und dass die richtigen Laborziffern ausgewählt werden. Es sollte z. B. immer geprüft werden, ob die alleinige Bestimmung des HbA1c ausreicht, oder ob zusätzlich nicht auch eine Messung der Plasmaglukose sinnvoll ist. Auch bei der Bestimmung der uACR und beim oGTT im Rahmen der Schwangerenbetreuung gibt es Fallstricke zu beachten (Abrechnungsbeispiele).
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Erschienen in: Diabetes-Forum, 2025; 37 (3) Seite 44-45
